Hamburg. Nur ein Bruchteil der 75.000 HSV-Mitglieder hört, wie Beiersdorfer Stellung zum Deal mit Investor Kühne und den neuen Trikots bezieht.

Mit einem absoluten Minusrekord ist am Sonntag die Mitgliederversammlung des HSV gestartet. Nur 153 von 75.000 stimmberechtigten Mitgliedern des e.V. wurden zu Beginn um 11 Uhr im Congress Centrum (CCH) gezählt. Zwei Stunden später wuchs die Zahl auf immerhin 204 Mitglieder an. Gerechnet hatten die Verantwortlichen mit knapp 300 Teilnehmern - womit allerdings auch schon der vorige Tiefpunkt unterboten worden wäre. Dieser wurde bei der vorangegangenen MGV im Januar begründet, als nur 309 Stimmberechtigte im CCH erschienen. Zwei Jahre zuvor waren noch mehr als 9700 Mitglieder ins heutige Volksparkstadion geströmt, als die Ausgliederung der Fußballabteilung beschlossen und schließlich gegen das Mitspracherecht an der neuen HSV Fußball AG votiert wurde.

Beiersdorfer zu Transfers: "Wir entscheiden"

Am Sonntag standen weniger brisante Themen auf der Agenda, wenngleich vor allem der Bericht der Fußball AG durch Dietmar Beiersdorfer erwartet wurde. In diesem Rahmen bezog der Vorstandschef auch Stellung zur Vereinbarung mit Investor Klaus-Michael Kühne - und trat dabei noch einmal auf die Euphoriebremse. "Wer glaubt, dass wir durch Kühne jetzt in Millionen schwimmen und wir einen Topstar nach dem anderen holen, den muss ich enttäuschen", sagte Beiersdorfer, der allerdings versicherte: "Wir entscheiden, welchen Spieler wir verpflichten. Entscheidend ist, dass er in unser Konzept passt."

Ähnlich äußerte sich auch Jens Meier. "Die Entscheidungen werden von der AG getroffen. Wir haben die richtigen Kontrollinstrumente", sagte der Vereinspräsident. Kühne hatte dem HSV unlängst zugesichert, bei der Finanzierung von Transfers unter die Arme greifen zu wollen. Allerdings nur, wenn der Spieler auch den Milliardär selbst überzeugt.

Beiersdorfer berichtete, dass der Bundesligist zwei Jahre zuvor eine unausgewogene Kaderzusammensetzung hatte. Seither erfolge eine Restrukturierung und eine Verjüngung des Kaders, zudem sei das Scouting-System weiterentwickelt worden. Jetzt kümmerten sich zwei Festangestellte und drei Honorarkräfte um die Sichtung und verfügten dabei um eine moderne Analysesoftware. "Wir haben ein paar Stufen erklommen, sind aber längst nicht da, wo wir hin wollen. Wir holen weiter auf“, sagte Beiersdorfer.

Beiersdorfer spricht über rosa Trikots

Auch zum neuen rosafarbenen Trikot wurde Beiersdorfer befragt. "Ja, es gibt eins. Ich glaube, Ihr werdet es alle richtig gut finden", sagte der 52-Jährige über das Ausweich-Hemd für die kommende Saison. Unter der Woche hatte Ausrüster Adidas bestätigt, den HSV erstmals seit der Spielzeit 1976/77 wieder mit pinken Leibchen auszustatten. Das Trikot werde ab dem 1. Juli unter dem Namen "Shock Pink" an die Händler ausgegeben.

Eröffnet worden war die MGV am Sonntag durch Meier, der neben Weitspringerin Nadja Käther auch noch einmal die Beachvolleyballerinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhorst würdigte. "Wir sind schon Europameister. Vielleicht kann die Fußball-Nationalmannschaft das auch", sagte Meier vor dem Hintergrund des EM-Siegs der HSV-Duos und den Erwartungen an die DFB-Elf.

Appell von Unternehmer Rogalla

Der HSV e.V. ist Heimstatt von 6200 Sportlern in 33 Abteilungen. "Wir als Mehrheitsaktionär der Fußball-AG sind zufrieden, dass wir Ruhe im Verein haben“, sagte Meier, früherer Aufsichtsratschef des HSV. "Herr Meier, lassen Sie es nicht weiter zu, dass das Finanzdesaster seinen Lauf nimmt“, forderte Unternehmer Konstantin Rogalla den Präsidenten auf. Die Fußball-AG ist mit Verbindlichkeiten in Höhe von 89 Millionen Euro belastet.

Ungeachtet eines Fehlbetrages von knapp 1,9 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2014/2015 wurde das Präsidium am Sonntag schließlich mit großer Mehrheit entlastet - soweit sich das bei einer solch geringen Teilnehmerzahl sagen lässt.

Geländeverkauf in Norderstedt abgelehnt

Der Antrag, 7000 Quadratmeter des 135.000 Quadratmeter großen HSV-Vereinsgeländes in Norderstedt an die schleswig-holsteinische Stadt zu verkaufen, wurde hingegen abgelehnt. Lediglich 100 von 185 stimmberechtigten Mitgliedern votierten für den Verkauf, 123 hätten es aber sein müssen. Die Stadt wollte das Areal zum Bau einer Zufahrt und von Parkplätzen an dem Freizeitbad Arriba nutzen. Die betroffenen Tennisplätze hätten dann von der Stadt an anderer Stelle errichtet werden müssen. Zudem hätte der HSV e.V. eine Kaufsumme jenseits der Millionenmarke kassiert.

Die Fußball-Profi-Abteilung ist im Sommer 2014 aus dem Universalsportverein ausgegliedert worden und firmiert seither als Aktiengesellschaft mit eigener Führung und eigenen Kontrollorganen. Meier verfügt als Präsident des eingetragenen Vereins über einen Platz im Aufsichtsrat der AG.