Gönner will in Spielertransfers investiertes Geld nur im Erfolgsfall zurück. HSV sichert sich beim neuen Kühne-Deal auch steuerlich ab.

Plötzlich musste alles ganz schnell gehen: Am Donnerstagmorgen um halb zehn ließ der HSV durchblicken, dass Dietmar Beiersdorfer vor dem EM-Start noch etwas zu verkünden hätte. Nur 90 Minuten später saß der Vorstandsvorsitzende zusammen mit Finanzchef Frank Wettstein vor der versammelten Presse im Volksparkstadion. Was dann verkündet wurde, überraschte nicht in der Sache an sich – sehr wohl jedoch in Form und Ausmaß.

Investor Klaus-Michael Kühne, der in den vergangenen sechs Jahren fast 70 Millionen Euro in den Club investiert hat, stellt dem HSV neues Geld zur Verfügung. Das war erwartet worden, doch die Art der Finanzierung ist neu: Sollte der HSV einen Transfer tätigen wollen, den der Club nicht aus eigener Tasche stemmen kann, kommt Kühne ins Spiel. Sofern der Milliardär, der sich unter anderem von Ex-Manager Rainer Calmund und Spielervermittler Volker Struth beraten lässt, den Spieler für gut befindet, öffnet er seine Börse für Ablöse und Gehalt. Das heißt aber auch: Sollte Kühne eine Verpflichtung als nicht sinnvoll erachten, wird er kein Geld freigeben.

Kühne erhält mehr Einfluss als je zuvor

Der Unternehmer hat bei Transfers einer gewissen Größenordnung somit das letzte Wort und wird mehr Einfluss als je zuvor auf die Geschicke des Bundesliga-Dinos haben. In einem Kurzinterview auf der HSV-Homepage dementiert er aber entschieden, dass sein Engagement als Eingriff ins operative Geschäft zu verstehen sei. „Ich betone ausdrücklich, dass sämtliche erwähnten Maßnahmen von der Clubführung ausgehen und umgesetzt werden müssen. Ich mache meine Unterstützung von überzeugenden Strategien und Konzepten sowie der Aussicht auf eine sportlich positive Entwicklung abhängig. Der HSV entscheidet, ob ein Spieler kommt oder nicht. Ich freue mich, wenn der Club im nationalen Wettbewerb hoffentlich schnell weitere Fortschritte macht und eines Tages auch wieder international spielen kann“, erklärt Kühne.

In welchem Umfang die Unterstützung ausfallen wird, bleibt im Unklaren. „Wir werden jetzt nicht mit Transfers um die Ecke kommen, die 25 Millionen Euro Ablöse kosten und fünf Millionen Euro Gehalt verschlingen“, schränkt Beiersdorfer ein. Der Fokus soll weiterhin auf talentierten Profis liegen, die eine Wertsteigerung versprechen – wie beispielsweise Abwehrtalent Timo Baumgartl (20) vom VfB Stuttgart, auf den der HSV laut „Bild“ ein Auge geworfen haben soll. Allerdings seien auch Zugänge geplant, die das Team sofort gezielt verstärken. Jeder Transfer werde eine Einzelfallentscheidung bleiben – nicht nur in dieser Transferphase. „Das Gesamtvolumen und die Laufzeit sind nicht abschließend festgelegt, sondern orientieren sich in erster Linie an den sportlichen Notwendigkeiten über mehrere Jahre“, sagt Wettstein.

Weiterer Anteilserwerb nicht geplant

Eine festgelegte Obergrenze, die Kühne maximal zu investieren bereit ist, gebe es nicht, sagt auch Beiersdorfer. Doch Kühne schränkt ein, dass „die kolportierten 50 Millionen Euro bei Weitem nicht dem entsprechen, was ich bereit bin zum Wohle des HSV einzubringen. Es gibt einen klar definierten Umfang.“ Der 79-Jährige hält zurzeit bereits elf Prozent der Anteile an der HSV Fußball AG sowie die Namensrechte am Stadion. Ein weiterer Anteilserwerb sei nicht geplant.

Interessant wird es im „Rahmenvertrag zur Qualitätssteigerung“, wie der HSV die Vereinbarung mit Kühne offiziell bezeichnet, bei den Modalitäten zur Rückzahlung. Diese müsse nur erfolgen, wenn sich der HSV für den europäischen Wettbewerb qualifiziert. Und dann auch nicht sofort, sondern mit zeitlicher Verzögerung. Dennoch ist dieser Plan nicht risikolos, da die Qualifikation für die Europa League nicht gleichbedeutend mit einer horrenden Einnahmesteigerung ist. Und um dieses Ziel zu erreichen, hat der Club auch keine Eile. „Um die Mannschaft auf das nächste sportliche Level zu heben, werden wir Zeit brauchen, das muss nicht in den nächsten zwei Jahren passieren“, stapelt Beiersdorfer tief. „Die Erwartungshaltung ist nicht, dass wir jetzt direkt auf Platz fünf durchstarten.“

Kühnes Anteile könnten im Wert steigen

Sollte der Startplatz für den europäischen Fußball dauerhaft verfehlt werden, ist das Kapital als „Risikoinvestition“ für Kühne weg, die Forderungen an den Club erloschen. Von der rechtlichen Seite her habe sich der HSV abgesichert, dass die Gelder in diesem Fall nicht als Schenkung gelten würden, die eine hohe steuerliche Belastung nach sich zöge. Ob Kühne dann überhaupt von diesem Modell finanziell profitieren könne? „Das täte er ja schon dadurch, dass seine Anteile mehr wert wären, würde der HSV erfolgreicher spielen“, erklärt Wettstein. Zudem sei eine Verzinsung seines Kapitals bei entsprechendem Erfolg durchaus angedacht.

Insgesamt seien alle im Club „sehr froh und glücklich“, sagte Beiersdorfer abschließend. „Das ist eine großartige Geschichte von Herrn Kühne.“ Wann der HSV seinem Gönner den ersten Transfer vorschlägt, konnte Beiersdorfer nicht sagen. Die Preise am Markt seien zurzeit leider sehr hoch. „Wir werden nur angemessene Ablösesummen und Gehälter zahlen und nicht auf Teufel komm raus Transfers tätigen. Derzeit sind wir noch nicht so weit, dass wir etwas abschließen können, was wir abschließen wollen.“