Hamburg. Darmstadts Mathenia absolvierte seinen Medizincheck, unterschrieb für drei Jahre – kommt er wirklich nur als Nummer zwei zum HSV?
Die Maschine LH008 war pünktlich. Um kurz nach 10 Uhr landete Christian Mathenia am Flughafen Fuhlsbüttel, wurde von HSV-Torwarttrainer Stefan Wächter abgeholt und direkt zum Medizincheck ins Universitäts-Krankenhaus Eppendorf (UKE) gefahren. Etwa drei Stunden dauerten die Untersuchungen – dann war nach Stürmer Bobby Wood der zweite Neuzugang für die kommende Saison unter Dach und Fach. „Christian ist ein junger deutscher Torwart, der seine Klasse in dieser Spielzeit mehrfach unter Beweis gestellt hat und ein großes Entwicklungspotenzial besitzt“, sagte Clubchef Dietmar Beiersdorfer zum Transfer, nachdem der 24-Jährige am Nachmittag im Büro einen Vierjahresvertrag unterzeichnet hatte.
Hat der HSV nun also eine neue Nummer zwei? Oder doch sogar einen Anwärter auf die Nummer eins? Zunächst einmal dürfen sich die Fans über eine neue Nummer 31 freuen. Diese hatte der Keeper („Die Eins auf dem Trikot bedeutet mir nicht so viel“) in Anlehnung an seinen Geburtstag (31. März) jedenfalls in Darmstadt auf dem Rücken. Dass Mathenia im Ranking sogar das Zeug zur Nummer eins hat, daran hat sein größter Förderer keine Zweifel. „Natürlich hat Christian das Zeug dazu, den Adler zu überfliegen. Das wird ein spannender Zweikampf“, sagt Stephan Kuhnert, der Mathenia in Mainz als Torwarttrainer von der U15 bis in die Bundesliga coachte.
„Christian ist ehrgeizig, hat sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt und ist – was nur die wenigsten wissen – auch noch ein richtig guter Fußballer“, sagt Kuhnert, den der gebürtige Mainzer Mathenia einst seinen wichtigsten Karrierebegleiter nannte.
Mathenia setzte sich in Mainz fast gegen Karius durch
Fünf Jahre lang trainierte Kuhnert seinen Schützling beim FSV, ehe er im November 2013 eine folgenschwere Entscheidung treffen musste: Heinz Müller, Mainz’ Nummer eins, war verletzt, Christian Wetklo, Mainz’ Nummer zwei, gesperrt. Kuhnert hatte die Qual der Talente-Wahl zwischen dem 21 Jahre jungen Mathenia und dem 20 Jahre jungen Loris Karius. „Es war eine extrem schwere Entscheidung“, sagt Kuhnert heute. Das Ende vom Lied ist bekannt: Karius durfte spielen, der frühere Mainzer Fan Mathenia hatte von Mainz genug und wechselte im Sommer 2014 ablösefrei nach Darmstadt.
30 Kilometer von seiner Heimat entfernt musste Mathenia direkt nach seinem Wechsel lernen, dass er Mainz zwar verlassen kann, dass Mainz ihn aber nicht so schnell verlassen würde. So dauerte es nicht lange, ehe Darmstadts Torwarttrainer Dimo Wache, natürlich ebenfalls ein Ur-Mainzer, kurz nach dem Transfer von Mathenia auch noch dessen 05-Konkurrenten Christian Wetklo verpflichtete. „Mir war klar, dass Wetti wegen seiner Routine erst mal gesetzt schien“, erinnert sich Mathenia, der sich im Mainzer Duell um die Nummer eins in Darmstadt dann aber doch durchsetzte.
In Hamburg, das wissen auch Mathenia selbst und dessen Freund und Förderer Kuhnert, wird der Konkurrenzkampf ungleich härter. „Beim HSV ist alles eine Nummer größter“, sagt Kuhnert, „aber genau deswegen ist der Christian ja auch zum HSV gegangen.“
Uralt-Ablöserekord gebrochen
Als Nachfolger von Publikumsliebling Drobny ist Mathenia der erste Herausforderer von Platzhirsch René Adler, der gerade vom „Kicker“ zum besten Torhüter der vergangenen Bundesligasaison erklärt worden ist. Mit 2,65 hatte Hamburgs Nummer eins, die in der vergangenen Saison mit der Rückennummer 15 aufgelaufen war, den besten Notendurchschnitt.
Doch Rekorde scheinen für Mathenia dazu da zu sein, um sie zu brechen. Dank der festgeschriebenen Ablöse von 800.000 Euro, die der HSV an Darmstadt 98 überweisen muss, brach der Keeper gerade erst den Darmstädter Uralt-Ablöserekord, der 29 Jahre gehalten hatte. Nach der Saison 1986/87 war es ausgerechnet Mathenias neuer Trainer Bruno Labbadia, der für die damalige Rekordablöse von 700.000 Mark gewechselt war. Labbadias Ziel damals: natürlich, nur der HSV.