Hamburg. Durch den bevorstehenden Klassenerhalt nehmen die Saisonplanungen Schwung auf. Jetzt geht es auch um Peter Knäbel.

Ein Schmunzeln konnte sich Dietmar Beiersdorfer am Dienstagmittag nicht verkneifen, als er auf die Farbe des neuen Auswärtstrikots angesprochen wurde. Ob dem HSV nun eine rosarote Zukunft bevorstehe, wurde der Vorstandsvorsitzende im Bauch des Volksparkstadions gefragt, nachdem das Onlineportal „Foody Headlines“ berichtet hatte, dass die Hamburger 40 Jahre nach den rosa Trikots von Ex-HSV-Präsident Peter Krohn auch in der kommenden Saison in „shock pink“ auflaufen werden. „Rosa Trikots statt roter Zahlen“, witzelte ein anderer, ehe Beiersdorfer dem bunten Treiben Einhalt gebot. „Wir haben eine Strategie, derartige Neuigkeiten zu verbreiten“, sagte der HSV-Chef mit gespielter Ernsthaftigkeit. „Und ich gehöre heute nicht zu dieser Strategie.“

Rosa oder nicht rosa – das ist in diesen Tagen nur bedingt die Frage

. Die Strategie für eine bessere HSV-Zukunft, da wollte dann auch Beiersdorfer nicht widersprechen, schon eher. Denn erstmals seit drei Jahren, als der HSV das letzte Mal nicht zunächst in die Relegation musste, können diese Zukunftsplanungen voraussichtlich bereits vor dem Saisonende vorangetrieben werden. „Natürlich erschwert es die Verhandlungsposition bei neuen Spielern enorm, wenn die Klassenzugehörigkeit nicht feststeht. Insofern ist es gut, wenn man nun so früh wie möglich für Planungssicherheit sorgen kann“, sagte Beiersdorfer, der mit Sportchef Peter Knäbel zeitnah erste Neuverpflichtungen bekannt geben will.

Dass die ganzjährig geöffnete Gerüchteküche nicht erst bis zum rechnerisch feststehenden Klassenerhalt mit Namen von möglichen Neuzugängen wartet, ist kein Geheimnis. In den Kochtopf geschmissen wurden bereits Stuttgarts Martin Harnik, Jeremy Toljan (Hoffenheim), Niclas Füllkrug (Fürth), Manuel Schmiedbach (Hannover), Rubin Okotie (1860) und Munas Dabbur (Grasshopper). Verbrieft sind allerdings nur die bevorstehende Unterschrift von Flüchtling Bakery Jatta, der am 6. Juni mutmaßlich 18 Jahre alt wird und dann einen Profivertrag erhalten darf, und das Interesse an Union Berlins Bobby Wood. Mit dem Zweitligastürmer (17 Saisontore), den die HSV-Verantwortlichen unbedingt nach Hamburg lotsen wollen, hat sich Manager Knäbel bereits getroffen. Der 23 Jahre alte US-Amerikaner ist eine Art Blaupause für das Anforderungsprofil der diesjährigen Wunschkandidaten: jung, talentiert, mit einer vielversprechenden Perspektive – und trotz der bekannten Finanzsorgen auch für den HSV noch bezahlbar.

Rund 22 Millionen Euro haben die Hamburger in der laufenden Saison für Neuzugänge ausgegeben, im Vorjahr sollen es sogar mehr als 35 Millionen Euro gewesen sein. Möglich waren diese Investitionen allerdings nur, weil der Club gleichzeitig in den vergangenen beiden Jahren auch Gesamteinnahmen von rund 36 Millionen Euro hatten. Mit einer im Ansatz vergleichbaren Summe ist in diesem Jahr allerdings unter keinen Umständen zu rechnen. Denn obwohl den Club auch in diesem Sommer wieder eine ganze Reihe von Profis verlassen werden, kalkulieren die Verantwortlichen nicht mit Millionenablösen auf dem Transfermarkt.

So gehen die Clubchefs lediglich von einzusparenden Millionengehältern von Ivo Ilicevic, Ivica Olic, Artjoms Rudnevs und voraussichtlich auch von Gojko Kacar und Jaroslav Drobny aus. Eine Entscheidung über die Zukunft von Top-Verdiener Emir Spahic ist noch nicht getroffen, doch so oder so dürften Knäbels Möglichkeiten begrenzt wie lange nicht mehr sein. Wie das Abendblatt erfuhr, muss der Manager an diesem Mittwoch gemeinsam mit dem Vorstand das Budget für die kommende Transferperiode verabschieden – und der diesjährige Investitionsspielraum soll durch Finanzvorstand Frank Wettstein noch einmal deutlich nach unten korrigiert werden.

Und spätestens an dieser Stelle beginnt die Geschichte spannend zu werden. Denn während es üblich ist, dass die Zukunft von Fußballern, deren Verträge ein Jahr später auslaufen, im Sommer zuvor geklärt werden, gilt Ähnliches auch für Sportchefs. Und der Vertrag von Manager Knäbel läuft bekanntermaßen zum 30. Juni 2017 aus.

„Es ist immer das Ziel, dass man größtmögliche Kontinuität im Führungspersonal hat“, sagte am Dienstag Beiersdorfer, der auf die Nachfrage, ob er diese Kontinuität auch für den kommenden Sommer versprechen könnte, mehr oder weniger ernsthaft antwortete: „Ich verspreche gar nichts.“

Ganz im Ernst wird die Transferperiode auch hinter den Kulissen innerhalb des Clubs mit größtmöglicher Spannung erwartet. So gilt der Sommer nicht nur richtungsweisend für die mittelfristige Zukunft der kommenden Saison, sondern auch für die langfristige Zukunft mit oder ohne Knäbel. Und ein „mit“ soll es nur dann geben, wenn dem 49 Jahre alten Sportchef, der sich gestern Abend die 1:2-Pleite des HSV im U-19-Derby gegen St. Pauli anschaute, das Kunststück gelingt, auch ohne vorzeigbare Mittel ein sehr vorzeigbares Team zusammenzustellen. Eine vierte Zittersaison in Folge soll unter allen Umständen verhindert werden.

Über die eigene Zukunft sprechen wollte Sportchef Knäbel nicht. Genauso wenig übrigens wie Clubchef Beiersdorfer, dessen Vertrag – anders als in der Vergangenheit immer wieder falsch berichtet – noch ein Jahr länger als der von Knäbel läuft. Genau wie Wettstein und Marketingvorstand Joachim Hilke ist der Clubchef noch bis zum Sommer 2018 an den HSV gebunden. Genügend Zeit also, um doch noch für eine goldene Clubzukunft – oder besser: für rosarote Aussichten – zu sorgen.