Hannover. Torhüter Adler zürnte, Torschütze Cléber sprach von einer “Kopfwäsche“: Dem 3:0-Sieg in Hannover ging ein Hamburger Gewitter voraus.
René Adlers Miene und Worte passten überhaupt nicht zur allgemeinen Jubelstimmung. Die HSV-Fans feierten den 3:0 (0:0)-Sieg im Nord-Derby bei Hannover 96 so euphorisch, als wäre der Klassenerhalt bereits geschafft. Doch der Keeper der Hamburger mahnte, warnte und berichtete, dass es in der Kabine des Fußball-Bundesligisten zur Halbzeit „ordentlich geknallt“ habe.
„Es ist Erleichterung da“, sagte Adler und schob doch gleich hinterher: „Ich warne davor, das Spiel schön zu reden. Das 3:0 sieht klarer aus, als es war.“ Bei einem anderen Gegner als dem hoffnungslos abgeschlagenen Schlusslicht hätte es wohl ein böses Ende genommen.
"Wir haben uns ein paar Töne gesagt"
„Wir haben es eigentlich nicht verdient, mit 0:0 in die Pause zu gehen“, sagte der Torwart, der mehrfach retten musste, weil seine Vorderleute den Letzten der Liga lange Zeit locker aufspielen ließen. „Wir haben uns irgendwie in die Halbzeit gerettet.“
Und dann ging es in der Kabine wohl hoch her. „Wir haben uns ein paar Töne gesagt“, berichtete der ehemalige National-Torhüter. Von einer „kleinen Kopfwäsche“ sprach Abwehrmann Cléber, der mit seinem Tor in der 61. Minute - ausgerechnet per Kopfball - für die Wende sorgte. Hannover brach danach auseinander. Die weiteren Treffer der Hamburger durch Ivo Ilicevic (73.) und Müller (75.) fielen praktisch ohne Gegenwehr der Gastgeber.
HSV siegt in Hannover
HSV-Defizite wurden deutlich
Im Nord-Derby wurde dennoch deutlich, warum die Hamburger von den 13 Spielen zuvor nur zwei gewonnen hatten. Darüber konnte der letztlich hohe Sieg nicht hinwegtäuschen. „Wir dürfen uns nicht in die Tasche lügen“, forderte Adler.
Während der kleine HSV unaufhaltsam der 2. Liga entgegen trudelt muss der große HSV in diesem Jahr wohl nicht mehr zittern. Der dienstälteste Club der Fußball-Bundesliga schob sich durch den „big point“, wie Nicolai Müller den Sieg nannte, auf den zehnten Platz vor. Der Vorsprung auf die Abstiegsränge beträgt bereits sieben Punkte.
Fans bereiten Labbadia Gänsehaut
„Ich kriege wirklich Gänsehaut, so schön war das“, kommentierte Trainer Bruno Labbadia die Jubelgesänge der mitgereisten Anhänger, die in der Schlussphase für Heimspiel-Atmosphäre sorgten. Beim Kommentar zu den ersten 45 Minuten war der Coach jedoch weniger klar als sein Kapitän, der ein „grottenschlechtes Spiel“ konstatierte.
„In der ersten Halbzeit haben wir ein paar Sachen nicht so gut gemacht“, lautete der beschönigende Satz des HSV-Trainers. Seine Worte bei der Halbzeit-Ansprache in der Kabine waren offensichtlich klarer. Auch der erleichterte Trainer warnte: „Wir sind noch nicht gerettet.“ Am nächsten Sonnabend im Heimspiel gegen Aufsteiger Darmstadt (15.30 Uhr, im Liveticker auf abendblatt.de) reicht eine Leistung wie gegen Hannover wohl kaum zu einem Sieg.
Statistik
Hannover: Zieler - Hiroki Sakai, Milosevic, Schulz, Sorg - Gülselam (71. Bech) - Fossum, Prib - Kiyotake - Szalai, Hugo Almeida. - Trainer: Schaaf
Hamburg: Adler - Diekmeier, Cleber, Spahic, Gotoku Sakai - Ekdal, Holtby (46. Gideon Jung) - Nicolai Müller (86. Lasogga), Hunt (69. Gregoritsch), Ilicevic - Schipplock. - Trainer: Labbadia
Schiedsrichter: Robert Hartmann (Wangen)
Tore: 0:1 Cléber (61.), 0:2 Ilicevic (73.), 0:3 Nicolai Müller (75.)
Zuschauer: 49.000 (ausverkauft)
Beste Spieler: Zieler, Kiyotake - Adler, Schipplock
Gelbe Karten: Szalai - Ilicevic (3)
Torschüsse: 16:9
Ecken: 5:4
Ballbesitz: 54:46 %