Kiel/Hamburg. Beim glücklichen 2:1-Testspielsieg bei Drittligist Holstein Kiel stürmten Sven Schipplock und Pierre-Michel Lasogga nebeneinander.

Nach dem Auslaufen am verregneten Karfreitag konnten die HSV-Profis ihre Sachen packen. Zwei Tage Pause, Familie und Freunde, zwei Tage regenerieren. „Und dann bereiten wir uns intensiv auf Hannover vor“, sagte Trainer Bruno Labbadia, „und hoffen, dass unsere Nationalspieler gesund von den Länderspielen zurückkommen.“

Eier wird der HSV-Coach über die Feiertage nicht mehr suchen, seine Kinder sind groß – aber nach zwei sieglosen Bundesligapartien ohne Tor aus dem Spiel heraus muss er Lösungsansätze für das so wichtige Derby in einer Woche beim Tabellenletzten finden. Der schmeichelhafte 2:1-Testspielsieg bei Holstein Kiel vor 8986 Zuschauern wird ihm dabei nicht wirklich helfen. Es war eine Sowohl-als-auch-Leistung einer verstärkten B-Mannschaft.

Sven Schipplock hätte noch häufiger als Torschütze glänzen können

Nur drei Spieler (Ostrzolek, Holtby, Ilicevic) aus der Partie gegen Hoffenheim (1:3) standen am Gründonnerstag in der Startformation gegen die „Störche“, die Chance also für die Bankspieler, sich zu zeigen. Allen voran die Angreifer. Pierre-Michel Lasogga schiebt schon länger Frust, nachdem ihm zuletzt Artjoms Rudnevs vorgezogen wurde. Mutter, Beraterin und Mentorin Kerstin hatte vergangene Woche im sozialen Netz den Einsatz ihres Sohnes gefordert: „Auf dass (sic) sie in Hamburg aufwachen.“ Gegen den Drittligazehnten durfte Lasogga sich 90 Minuten beweisen, als Doppelspitze an der Seite des zuletzt noch seltener berücksichtigten Doppeltorschützen Sven Schipplock. „Es tat gut, nach langer Zeit mal wieder zu spielen“, sagte der 27-Jährige, „die beiden Tore waren Balsam auf die geschundene Seele.“ In der fünften und neunten Minute hatte er getroffen. Beim Führungstor wurde er zauberhaft von Lasogga eingesetzt, beim zweiten Treffer profitierte er von einem Kieler Abwehrfehler, blieb allein vor Torwart Robin Zentner aber cool. „Als Stürmer ärgert man sich aber auch über die vergebenen Chancen“, räumte er ein. Und meinte weniger seinen Lattentreffer aus spitzem Winkel in der 25. Minute, sondern die „Hundertprozentige“ unmittelbar vor der Pause, als er den Ball nur noch ins leere Tor schieben musste, ihn aber über die Querlatte hob. So blieb auch Schipp­locks Vorstellung ein Sowohl-als auch.

HSV siegt schmeichelhaft mit zwei Stürmern

Pierre-Michel Lasogga spielte wie aufgedreht und zeigte Labbadia, dass er noch da ist
Pierre-Michel Lasogga spielte wie aufgedreht und zeigte Labbadia, dass er noch da ist © WITTERS | TimGroothuis
Dennis Diekmeier verletzte sich an der Wade und ist fraglich für den Abstiegsshowdown gegen Hannover
Dennis Diekmeier verletzte sich an der Wade und ist fraglich für den Abstiegsshowdown gegen Hannover © WITTERS | TimGroothuis
Sven Schipplock schnürte einen Doppelpack beim Tetspielsieg in Kiel
Sven Schipplock schnürte einen Doppelpack beim Tetspielsieg in Kiel © WITTERS | TimGroothuis
Ivo Ilicevic gewinnt ein Luftduell, ansonsten war von dem Kroaten eher wenig zu sehen
Ivo Ilicevic gewinnt ein Luftduell, ansonsten war von dem Kroaten eher wenig zu sehen © WITTERS | TimGroothuis
Bruno Labbadia stellte auf zwei Spitzen um und konnte dem neuen System durchaus Positives abgewinnen
Bruno Labbadia stellte auf zwei Spitzen um und konnte dem neuen System durchaus Positives abgewinnen © WITTERS | TimGroothuis
Vor dem Spiel gab es eine Schweigeminute in Gedenken an die Opfer der Terroranschläge von Brüssel
Vor dem Spiel gab es eine Schweigeminute in Gedenken an die Opfer der Terroranschläge von Brüssel © WITTERS | TimGroothuis
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„Viel gearbeitet und viel gesprochen“ hätten sie mit dem ehemaligen Hoffenheimer, sagte Labbadia, „er hat im Training geackert, jetzt hat er sich belohnt.“ Und ist wieder etwas enger an den Kader gerückt. „Ein Rein und Raus, das kenne ich ja schon von früher“, sagte Schipplock in Erinnerung an seine Stationen in Stuttgart und Hoffenheim, „so extrem wie in Hamburg habe ich es aber noch nie erlebt.“

13-mal immerhin stand der 2,5 Millionen Euro teure Stürmer in der Bundesliga-Hinrunde auf dem Platz, erzielte aber nicht ein Tor. Als in der Winterpause Josip Drmic für die Offensive geholt wurde, schien der Zug für ihn erst einmal abgefahren, fünfmal saß er seitdem nicht mal mehr auf der Bank. Jetzt jedoch ist der Schweizer dauerverletzt, und Schipplock wird wieder gebraucht. „Man kann bei uns ja nicht sagen, dass alle Stürmer komplett gesetzt sind“, umschreibt Labbadia die angesichts der Torarmut latente Ungewissheit im Angriff elegant.

Ist das Modell Doppelspitze also eine Alternative für das nächste Bundesligaspiel in Hannover? „Wir wissen, dass Pierre und Sven nicht nur auf dem Platz gut harmonieren, sondern sich auch privat gut verstehen“, meint der Trainer, um sogleich einzuschränken: „Es hängt aber auch davon ab, wer die Stürmer hinter den Spitzen füttert.“

Das soll Aaron Hunt sein, eigentlich. Doch der Regisseur hat neben den Rückenschmerzen auch ein andauerndes muskuläres Problem in der Wade, das auch in der vergangenen Woche wieder ein Kürzertreten im Training nötig machte. „Wir checken ihn gerade komplett durch, um die Ursachen zu finden“, sagte Labbadia.

Natürlich wurde Hunt in Kiel geschont, und so war die Ideenlosigkeit im HSV-Angriff auch gegen den Drittligisten frappierend. Lange Bälle von Gojko Kacar oder Torhüter Jaroslav Drobny brachten meist die größte Gefahr. In der zweiten Hälfte nicht einmal mehr das, auch Schipplock und Lasogga wurden unsichtbar. Kiel übernahm die Initiative, zeigte größeres Engagement, kam nach einem Standard (Labbadia: „Das war zu einfach!“) zum Anschlusstreffer durch Saliou Sané (54.) und traf noch zweimal das Aluminium. Die eingewechselten HSV-Talente Ahmet Arslan, Kerim Carolus und Young-Jae Seo konnten sich nicht anbieten. „Es war ein sehr, sehr guter, intensiver Test, guter Abschluss einer intensiven Woche“, sagte Labbadia, „am Ende hat uns etwas die Kraft gefehlt.“ Es bleibt eben vieles Sowohl-als-auch beim HSV.

Hamburger SV: Drobny (bis 45.), Hirzel (ab 46.) – Diekmeier (bis 68./Arslan ab 68.), Haut (bis 45./Seo ab 46.), Kacar, Ostrzolek – Jung, Holtby – Bahoui (bis 75./Carolus ab 75.), Ilicevic (bis 45./N. Müller ab 46.) – Lasogga, Schipplock.