Hamburg/Frankfurt. Das 21 Jahre alte Talent Gideon Jung gilt nicht erst nach dem starken Spiel in Frankfurt als die Entdeckung der Saison.

Es dauerte eine ganze Weile, ehe auch Gideon Jung am späten Freitagabend den Weg durch die weitläufigen Katakomben in der Frankfurter Commerzbank Arena bis zur Gästekabine fand. Als letzter HSV-Profi musste der 21 Jahre alte Fußballer hier noch ein Interview geben, dort noch ein paar Fragen beantworten. Ob ihn eigentlich gar nichts aus der Ruhe bringen könnte?, wollte ein Reporter von dem jungen Mann mit dem passenden Nachnamen wissen. „Doch, schon“, sagte Jung in einer Seelenruhe, die Zweifel an seinen Worten aufkommen ließen. „Aber ich versuche das etwas runterzuspielen. Es bringt ja nichts, wenn man in Hektik verfällt.“

Dass der gebürtige Düsseldorfer vor allem auf dem Platz nicht den Hang hat, in Hektik zu verfallen, davon konnte man sich am Freitagabend im Spiel gegen Frankfurt überzeugen. „Ich bin sehr von diesem Jungen beeindruckt“, lobte Winterneuzugang Josip Drmic im Anschluss. „Gideon strahlt große Ruhe aus und verfügt über eine sehr gute Technik, die nicht jeder Spieler hat.“

Eine sehr gute Technik, die – wenn man ehrlich ist – auch kaum jemand diesem 1,89 Meter großen Spiddel mit den wahrscheinlich dünnsten Beinen der Bundesliga zugetraut hätte. „Gideon hat sich das alles sehr hart erarbeitet“, sagte Lewis Holtby über seinen Nebenmann, der lange Zeit im Schatten der namhaften Konkurrenz im defensiven Mittelfeld war. „Keiner hatte Gideon auf dem Zettel gehabt.“

Einen wirklichen Vorwurf kann man den Bundesliga-Talentspähern allerdings nicht machen, dass sich der gebürtige Düsseldorfer bis zur A-Jugend bei den Sportfreunden Baumberg versteckte und ihn erst HSV-Chef Dietmar Beiersdorfer höchstpersönlich entdeckte, als ihm der schlaksige Fußballer ein Jahr später beim Zappen im TV während eines Regionalligaspiels auffiel. Jung selbst hatte nie von einer großen Karriere als Fußballer zu träumen gewagt. „Eigentlich wollte ich immer Polizist werden“, sagte er unlängst.

Die besten Bilder vom HSV-Remis in Frankfurt:

HSV verschenkt drei Punkte gegen Frankfurt

Hamburgs Josip Drmic (2.v.l.) und die Frankfurter Marco Fabian (v.l.), Makoto Hasebe und Alexander Meier kämpfen um den Ball
Hamburgs Josip Drmic (2.v.l.) und die Frankfurter Marco Fabian (v.l.), Makoto Hasebe und Alexander Meier kämpfen um den Ball © dpa | Arne Dedert
Marco Fabian liegt nach einem Foul am Boden
Marco Fabian liegt nach einem Foul am Boden © Bongarts/Getty Images | Simon Hofmann
Alexander Meier gelang in der ersten Halbzeit nichts. Hier im Duell mit Emir Spahic
Alexander Meier gelang in der ersten Halbzeit nichts. Hier im Duell mit Emir Spahic © Bongarts/Getty Images | Simon Hofmann
Der HSV hatte in der ersten Halbzeit die besseren Möglichkeiten. Unter anderem von Gotoku Sakai
Der HSV hatte in der ersten Halbzeit die besseren Möglichkeiten. Unter anderem von Gotoku Sakai © Bongarts/Getty Images | Simon Hofmann
Alexander Meier und Johan Djourou im Duell
Alexander Meier und Johan Djourou im Duell © Bongarts/Getty Images | Simon Hofmann
Frankfurts Stefan Aigner (r) und Hamburgs Matthias Ostrzolek
Frankfurts Stefan Aigner (r) und Hamburgs Matthias Ostrzolek © dpa | Arne Dedert
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Für Ordnung sorgt der Senkrechtstarter der Saison nun trotzdem. „Gideon hat ein sehr gutes Spiel gegen Frankfurt abgeliefert“, lobte auch Cheftrainer Bruno Labbadia. „Er hat sehr viele Balleroberungen gehabt.“ Dies freute Labbadia umso mehr, da Jung fast die komplette Vorbereitung ausgefallen war. „Gideon hat kein Vorbereitungsspiel gemacht. Er war hintendran. Aber über das Training hat er sich wieder reingearbeitet“, so Labbadia.

Ähnliches hat der Defensivallrounder, der vor der Saison noch als vierter Innenverteidiger eingeplant war, nun auch bei der U-21-Nationalmannschaft vor. Für den deutschen Nachwuchs steht im Sommer mit dem olympischen Fußballturnier noch der Saisonhöhepunkt bevor. Und obwohl Jung nichts davon gehört hat, ob er im vorläufigen 35-Mann-Kader dabei ist, darf er sich kleine Hoffnungen machen. Am 18. Mai wird der endgültige Kader bekannt gegeben – und eines ist schon vorher sicher: Aus der Ruhe wird die Nominierung Jung sicher nicht bringen.