Stuttgart/Hamburg. Nicht nur aufgrund der Expertenmeinung schrillen beim HSV jetzt die Alarmglocken. Der Abstand auf die Abstiegsränge schmilzt.
Nach dem Rückfall in längst vergessen geglaubte schlechte HSV-Zeiten und angesichts des erneut ein Stück näher gerückten Relegationsplatzes sprach Lewis Holtby Klartext. „Das war kollektives Versagen“, stellte der ehemalige Nationalspieler nach der 1:2 (0:0)-Pleite seines Hamburger SV in der Fußball-Bundesliga beim VfB Stuttgart selbstkritisch fest. Nach nur einem Punkt aus den jüngsten fünf Spielen ist der drittletzte Rang, mit dem die recht gut in die Saison gestarteten Hanseaten in dieser Spielzeit eigentlich nichts zu tun haben wollten, nur noch drei Zähler entfernt. Vor den Heimspielen gegen den 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach ist der Druck auf den HSV damit wieder groß.
HSV verliert 1:2 beim VfB Stuttgart
„Jetzt müssen wir aus diesen beiden Spielen eigentlich sechs Punkte holen. Aber mit einer Leistung wie heute holen wir nichts“, betonte Holtby. Dessen Team hatte der frühere Nationalspieler und heutige Sky-TV-Experte Lothar Matthäus bescheinigt, „ein vogelwilder Haufen“ zu sein.
Nach den Eindrücken im Schwabenland nicht mal zu Unrecht: Allein der starke Torhüter René Adler, der eine höhere Niederlage verhinderte, und der eingewechselte Torschütze Artjoms Rudnevs fielen beim HSV positiv auf. Der Rest enttäuschte und ließ den vorher gemachten forschen Ankündigungen auf dem Platz keine Taten folgen.
"Eine abgezockte Mannschaft gewinnt hier"
Trainer Bruno Labbadia beschönigte nach dem schwachen Auftritt seiner Mannschaft nichts. „Wir haben Stuttgart zu oft eingeladen. „Man muss klar sagen, der Sieg des VfB ist nicht unverdient“, räumte der Coach zerknirscht ein. Der 49-Jährige, der den Club im April vorigen Jahres in nahezu auswegloser Lage übernahm und in der Relegation gegen den Karlsruher SC (1:1/2:1) doch noch knapp vor dem ersten Abstieg aus der 1. Liga bewahrte, war „extrem enttäuscht, dass wir den Punkt nicht mitgenommen haben. Und eine abgezockte Mannschaft gewinnt hier.“ War der HSV aber nicht. Erst fälschte Aaron Hunt (66.) einen Didavi-Kopfball ins eigene Tor ab. Und nach Rudnevs Flugkopfballtor (75.) traf der eingewechselte Winter-Zugang Artem Krawets (88.) zu dem vom Zeitpunkt her glücklichen, aber verdienten 2:1 für den VfB.
Seit dem Nordderby geht nichts mehr
Nun muss Labbadia zusehen, dass er mit seinem Team möglichst schnell die Kurve kriegt. Der letzte HSV-Sieg (3:1 bei Werder Bremen) datiert vom 28. November 2015. Und zuhause ist der HSV in dieser Spielzeit bisher alles andere als eine Macht: Nur acht der 22 Zähler wurden daheim eingefahren. „Wir sind uns unserer Situation sehr bewusst. Wir müssen weiter an uns arbeiten, damit wir grobe Schnitzer wie diese und letzte Woche vermeiden und den eigenen Ballbesitz besser nutzen. Wir wissen, was zu tun ist, werden die Ruhe bewahren und auch in der Rückrunde Punkte sammeln.“
Nach fünf Partien ohne Niederlage konnte Labbadias Amtskollege Jürgen Kramny den Verlust seiner schicken Jeans leicht verschmerzen. „Die muss ich wohl wegschmeißen“, sagte der VfB-Trainer. Das „mindestens 100 Euro teure“ Stück war extrem in Mitleidenschaft gezogen worden, als Kramny nach dem späten Siegtreffer beim wilden Jubel auf dem nach Dauerregen seifigen Rasen ausrutschte. Spielmacher Didavi prallte mit dem Coach zusammen und zerstörte dabei die Jeans. Es war das einzig Negative, den die Schwaben an diesem Samstagabend zu beklagen hatten.
Die Statistik
Stuttgart: 22 Tyton - 15 Großkreutz, 3 Schwaab, 6 Niedermeier, 2 Insua - 26 Serey Die - 8 Rupp, 20 Gentner, 10 Didavi (ab 88. Maxim), 18 Kostic (ab 90. Sunjic) - 19 Timo Werner (ab 78. Kravets). - Trainer: Kramny
Hamburg: 15 Adler - 2 Diekmeier, 5 Djourou, 3 Cleber, 22 Ostrzolek - 40 Kacar (ab 73. Rudnevs), 8 Holtby - 27 Nicolai Müller (ab 61. Gregoritsch), 14 Hunt, 7 Ilicevic - 10 Lasogga (ab 88. Jung). - Trainer: Labbadia
Schiedsrichter: Günter Perl (Pullach)
Zuschauer: 45.000
Tore: 1:0 Hunt (66/ET.), 1:1 Rudnevs (75.), 2:1 Kravets (88.)