Hamburg. Aufsteiger hat es in rasantem Tempo von der Bayern- in die Bundesliga geschafft – nicht nur wegen Sponsor Audi. Jetzt kommt der HSV.

Thorsten Fink witterte bereits die Sensation. Mit 1:0 führte seine Mannschaft überraschend zur Halbzeit gegen den großen Favoriten. Doch dann drehten Ivica Olic mit einem Doppelpack sowie Paolo Guerrero die Partie. August 2008, erste DFB-Pokalrunde. Es war das bislang einzige Aufeinandertreffen zwischen dem FC Ingolstadt und dem HSV. Die Bayern waren gerade zum ersten Mal in ihrer noch jungen Vereinsgeschichte in die Zweite Liga aufgestiegen, die Mannschaft spielte noch im Tuja-Stadion.

Sieben Jahre später kommt es nun auch in der Bundesliga erstmals zum Duell zwischen dem FCI und dem HSV. Wenn Ivica Olic an diesem Dienstag (20 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) wieder Ingolstädter Rasen betritt, wird aber vieles anders sein. Der Verein spielt seit fünf Jahren im Audi Sportpark, Fink ist schon lange nicht mehr Trainer und in der Tabelle steht Ingolstadt vor dem HSV. Der Neuling hat am Wochenende mit dem dritten Auswärtssieg in Folge Bundesligageschichte geschrieben, feierte durch das 1:0 in Bremen zudem den besten Saisonstart eines Aufsteigers seit 24 Jahren. Es ist eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte. 2004 durch die Ausgliederung der Fußballabteilungen des MTV und des ESV Ingolstadt entstanden, schaffte der Club innerhalb von zehn Jahren den Sprung von der Bayern- in die Bundesliga.

Natürlich muss man zunächst erwähnen, dass dieser steile Aufstieg ohne den zahlungskräftigen Hauptsponsor Audi nicht möglich gewesen wäre. Die quattro GmbH, ein Tochterunternehmen des Autobauers, besitzt 20 Prozent Anteile an der 2007 ausgegliederten Lizenzspielerabteilung. Als Werksclub wie der VfL Wolfsburg oder Bayer Leverkusen will sich der FC Ingolstadt aber nicht definieren. Vielmehr ist der Aufschwung das Werk der beiden sportlichen Verantwortlichen: Thomas Linke und Ralph Hasenhüttl.

Vom letzten Platz der Zweiten Liga ging es rasant bergauf

Linke, 45, ist seit vier Jahren Sportdirektor des FCI. Der Vizeweltmeister von 2002 hat in Ingolstadt die sportlichen Grundlagen gelegt und vor zwei Jahren mit der Verpflichtung von Trainer Hasenhüttl, 48, den idealen Partner gefunden. Vom letzten Platz der Zweiten Liga ging es rasant bergauf. „Wir leben nicht von Individualisten, sondern von unserem überragenden Trainer und einer funktionierenden Gruppe, in der sich unsere jungen Spieler super entwickeln“, sagt Linke im Abendblatt-Gespräch. Vergleiche mit sponsoren- oder investorengetriebenen Clubs wie RB Leipzig hört man in Ingolstadt daher ungern. „Wir sind kein Verein, der überteuerte Gehälter zahlt oder Superstars kauft. Dieser Weg ist auch den Fußballfans in Deutschland nicht entgangen“, sagt Linke, der bislang nicht mehr als 750.000 Euro für einen Neuzugang ausgegeben hat.

„Wir leben nicht von Individualisten, sondern von einer funktionierenden Gruppe und einem überragenden Trainer“: Sportdirektor Thomas Linke
„Wir leben nicht von Individualisten, sondern von einer funktionierenden Gruppe und einem überragenden Trainer“: Sportdirektor Thomas Linke © picture alliance / dpa | Revierfoto

Linke verfolgt einen langfristigen Plan. Gelernt hat er vor einigen Jahren bei RB Salzburg an der Seite von Dietmar Beiersdorfer. „Didi hat mir sehr geholfen. Er hat Visionen und treibt diese mit jeglicher Ruhe und Gewissenhaftigkeit voran“, sagt Linke über den heutigen HSV-Vorstandschef. Mit der selben Ruhe will Linke den FC Ingolstadt nun in der Bundesliga etablieren. HSV-Trainer Bruno Labbadia, der es mit Linke in seiner aktiven Zeit häufig als Gegenspieler zu tun hatte, verfolgt dessen Weg mit Respekt. „Er arbeitet als Sportchef so besonnen, wie er es als Verteidiger war“, sagt Labbadia. „Mit Ralph Hasenhüttl passt es richtig gut zusammen.“ Linke wiederum lobt Labbadia. „Er war immer ein sehr leidenschaftlicher Stürmer. Auch als Trainer geht er emotional voran. Beim HSV hat er eine Aufbruchstimmung erzeugt.“

Und so erwarten die Schanzer an diesem Abend ein sehr emotionales Spiel. „Zurücklehnen ist nicht“, sagte Hasenhüttl am Montag. Er will der Erfolgsgeschichte gegen den HSV nun auch den ersten Heimsieg hinzufügen. Mit einer offensiven Spielweise, die dem Spitznamen der Einwohner widerspricht. Im 16. Jahrhundert errichteten die Ingolstädter Schutzwalle, hinter denen sie sich vor Angreifern verschanzen konnten. Heute bilden die Schanzer nicht nur die jüngste Großstadt Deutschlands, sondern auch den jüngsten Bundesligaclub.

Der Audi Sportpark wird gegen den HSV mit 15.000 Zuschauern ausverkauft sein. In dieser Kategorie ist Ingolstadt zwar noch Bundesliga-Schlusslicht. Doch zum einen denkt man an der Donau in kleinen Schritten, zum anderen sind es dreimal so viele Fans wie noch vor sieben Jahren. Aber daran wird sich an diesem Abend vermutlich nur noch Ivica Olic erinnern.