Hamburg. HSV-Neuzugang Michael Gregoritsch spricht im Abendblatt-Interview über Umzugsstress, Neider und Welpenschutz beim Dino.

Bruno Labbadia muss es ja wissen: „Die Tore bei seinen Länderspielen werden ihm gut getan haben“, beantwortete der frühere Torjäger die Frage nach Michael Gregoritschs Formhoch. Dreimal traf der Neu-Hamburger für Österreichs U21 gegen Aserbaidschan (2:0) und Russland (4:3). Direkt nach seiner Rückkehr traf er sich mit dem Abendblatt.

Hamburger Abendblatt : Herr Gregoritsch, an diesem Donnerstag fliegen Sie mit dem HSV schon wieder weiter in Richtung Gladbach. Haben Sie Ihre Koffer überhaupt ausgepackt?

Michael Gregoritsch: Ich hatte leider noch nicht mal Zeit, mir meine neue Wohnung mal richtig anzuschauen. Während ich auf Länderspielreise war, hat meine Freundin die neue Wohnung ganz alleine eingerichtet. Ich bin dann am Vormittag direkt vom Flughafen kurz nach Hause, habe den Koffer reingeschmissen und musste danach auch schon wieder los zum HSV.

Im Ein- und Auspacken müssten Sie mittlerweile ein echter Experte sein...

Gregoritsch : Stimmt. Ich bin schön herumgekommen in den letzten Jahren: Kapfenberg, Hoffenheim, St. Pauli, Bochum und jetzt der HSV. Umso wichtiger war mir, dass ich endlich mal zur Ruhe komme. Beim HSV habe ich einen Vierjahresvertrag unterschrieben. Und es ist echt ein gutes Gefühl, weil ich weiß, dass ich nächstes Jahr nicht wieder die Umzugskartons hervorholen muss. Mittlerweile habe ich ja schon einen Bachelor für IKEA-Billy-Regale.

Wird einem als Fußballprofi nicht der ganze Umzugsstress und die Wohnungssuche abgenommen?

Gregoritsch : Überhaupt nicht. Das Einrichten hat zwar meine Freundin übernommen, aber die Wohnung habe ich ganz normal im Internet bei immobilienscout24.de gefunden.

War der Makler HSV-Fan?

Gregoritsch : Es war eine Maklerin. Und weil ich sehr charmant sein kann, haben wir jetzt die Wohnung, die wir gesucht haben. Wir wollten in die Nähe der Uni ziehen, weil meine Freundin für mich aus Bochum mit nach Hamburg gekommen ist und hier ihr International-Management-Studium fortsetzt.

Ihre internationale Karriere hat gleich bei der ersten Station in Hoffenheim einen herben Dämpfer erhalten. Hatten Sie keine Angst, dass auch der Schritt zum HSV zu groß sein könnte?

Gregoritsch : Überhaupt nicht, die Ausgangssituation war ja eine komplett andere. Damals bin ich als 18-Jähriger nach Hoffenheim gewechselt, hatte das vorangegangene Jahr in Österreich kaum trainiert, weil ich mich auf meinen Schulabschluss konzentriert habe. Ich habe dann schnell gemerkt, dass ich in Hoffenheim völlig überfordert war. Ich kam gar nicht mit dem Tempo mit, das war alles ein bisschen viel für mich. Aber dann konnte ich mich bei St. Pauli an den deutschen Fußball langsam gewöhnen, habe dann ein richtig gutes Jahr in Bochum gehabt und will mich jetzt natürlich auch beim HSV durchsetzen. Natürlich habe ich in Hamburg andere Ziele, als ich sie vor drei Jahren in Hoffenheim hatte.

Trotzdem sind Sie noch immer erst 21 Jahre alt. Genießen Sie Welpenschutz?

Gregoritsch : Natürlich fehlt mir die Erfahrung, die zum Beispiel ein Aaron Hunt hat. Aber als junger Spieler will man gar keinen Welpenschutz. Man will für voll genommen werden. Und gleichzeitig ist mir wichtig, dass der Trainer einem hilft. Das gilt aber auch für einen 26 Jahre alten Spieler.

Der Trainer war direkt nach Ihrem ersten Heimspiel gefragt, als Sie einen schwarzen Tag gegen Stuttgart hatten...

Gregoritsch : Das ist genau das, was ich meine. Natürlich habe ich schlecht gespielt, und trotzdem hat der Trainer mir das Vertrauen auch wieder im nächsten Spiel geschenkt. Die Gewissheit, auch mal einen Fehler machen zu dürfen, ist beruhigend.

Wie verarbeiten Sie so ein Negativerlebnis wie das VfB-Spiel?

Gregoritsch : Wir haben ja gewonnen, aber ich war trotzdem von mir selbst enttäuscht. Dann dauert es auch nicht lange, bis das Telefon klingelt. Mein Vater ist ja Österreichs U-21-Nationaltrainer – und natürlich versucht er jedes Spiel von mir im Fernsehen zu sehen. Er ist kritisch, aber auch konstruktiv.

In der Länderspielpause haben Sie unter Ihrem Vater eine ganze Woche mit Österreichs U21 trainiert. Haben Sie mit ihm über Ihre ersten Eindrücke aus Hamburg gesprochen?

Gregoritsch : Eigentlich nicht. Ich telefoniere fast jeden Tag mit ihm, da brauchte ich ihm jetzt gar nicht so viel über den HSV zu erzählen. Er weiß meistens schon, was ich fühle, bevor ich was sage. Aber so sind Eltern ja nun mal.

Haben Sie es schon mal als Nachteil empfunden, einen ehemaligen Fußballprofi und Trainer zum Vater zu haben?

Gregoritsch : Eigentlich ist das eine Luxussituation, aber trotzdem war es in Österreich nicht immer einfach für mich. Ich habe viel Neid zu spüren bekommen, weil es immer hieß: der spielt ja nur, weil sein Papa der Trainer ist.

War das auch ein Grund, als 18-Jähriger nach Deutschland zu gehen?

Gregoritsch : Auf jeden Fall. Die Neider waren mir zwar ein bisschen egal, aber irgendwie will man sich ja mal abseilen vom Elternhaus. Wäre ich beispielsweise zu Austria Wien gewechselt und hätte ein schlechtes Spiel gemacht, dann hätten die ersten gleich wieder davon angefangen, dass ich ja nur im Kader bin, weil mein Vater U-21-Trainer ist. Darauf hatte ich keinen Bock.

In Österreich wurden Sie als das Supertalent abgestempelt, das als 15-Jähriger sein erstes Profitor geschossen hat...

Gregoritsch : Genau. Und nicht, dass man mich da falsch versteht: Das war natürlich auch ein unvergesslicher Moment. Aber es sollen eben noch andere Momente dazukommen.

Wie haben damals Ihre Schulkameraden am nächsten Tag reagiert?

Gregoritsch : Ich war ja im Sportinternat. Klar haben wir mein Tor abends in der WG rauf und runter besprochen. Dass dieser Treffer wirklich besonders war, habe ich aber erst am nächsten Tag verstanden, als mir sogar mein Deutschlehrer gratulierte. Der war sonst immer sehr zurückhaltend mit Lob.

Schauen Sie sich Ihr Tor, das Sie damals zum jüngsten Torschützen Europas machte, noch ab und an bei Youtube an?

Gregoritsch : Nee. Als ich meine Freundin kennengelernt habe, hat sie gefragt, seit wann ich denn so Fußball spielen würde. Da habe ich ihr das Tor mal im Internet gezeigt. Aber wenn ich ehrlich bin, dann muss ich zugeben: Eigentlich war es nicht mal ein schönes Tor.