Der HSV lebte lange Zeit über seinen Verhältnissen und zahlte hohe Ablösen für seine Spieler. Viele davon wurden keine Leistungsträger.

Hamburg. Kurz vor Schluss der Sommertransferperiode hatte der HSV doch noch einmal zugeschlagen. Aaron Hunt kam für rund drei Millionen Euro aus Wolfsburg. Ähnliche Summen bezahlten die Hanseaten unter anderem auch für Michael Gregoritsch oder Sven Schipplock. Vergleichsweise kleine Ablösen, wenn man in die Vergangenheit schaut. Zehn Millionen hier, sieben Millionen da. Die Liste der teuren Transfers des HSV ist lang. Ob Eljero Elia, Pierre-Michel Lasogga, Marcel Jansen oder Marcus Berg: Hohe Ablösen waren lange Zeit kein Problem für die Hamburger.

Selbst in Zeiten finanzieller Schwierigkeiten investierte der Club kräftig, in der Hoffnung den nächsten großen Star verpflichtet zu haben. Doch nicht immer ging diese Rechnung auf. Während Spieler wie Mladen Petric oder Heiko Westermann in der Regel in der Anfangsformation standen, haben sich andere Spieler nicht durchsetzen können und wurden so zu einem herben Verlustgeschäft.

Berg war das teuerste Verlustgeschäft

Allen voran Marcus Berg. Mit großen Vorschusslorbeeren kam der damals 23-Jährige nach Hamburg. Im Gepäck der Goldenen Schuh, den er als bester Torschütze der U21-Europameisterschaft mit sieben Treffern in vier Spielen gewann. Zudem erzielte er zuvor 32 Tore in 56 Spielen für den FC Groningen in den Niederlanden. Obwohl der damals scheidende Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer von ihm abgeraten haben soll, verpflichtete der damalige Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann den Schweden. Es sollte das teuerste Missverständnis bis dato werden.

Zehn Millionen Ablöse kostete Berg, jedoch schoss er für den HSV wettbewerbsübergreifend lediglich 13 Tore in 70 Partien, hinzu kamen vier Vorlagen. Nach einer Saison war er für eine Million Euro nach Eindhoven ausgeliehen worden. Erst 2013 fand sich dann ein Abnehmer für Berg. Er wechselte trotz laufenden Vertrags ablösefrei zum griechischen Erstligisten Panathinaikos Athen, wo er richtig aufblühte. Für den Hauptstadtclub erzielte der Mittelstürmer bislang 47 Tore in 77 Spielen.

Van der Vaarts teure Rückkehr

Der Rekordtransfer des Bundesligadinos ist jedoch Rafael van der Vaart. Für 13 Millionen, unterstützt durch Gönner Klaus-Michael Kühne, kam der „verlorene Sohn“ und einstige Publikumsliebling von Tottenham Hotspur wieder zurück zu seinem HSV. Die Freude in der Stadt war riesig, doch konnte der Niederländer kaum mehr an alte Glanzzeiten anknüpfen. Obwohl er anderthalb Jahre mit 30 Torbeteiligungen noch vergleichsweise stark aufspielte, konnte der Ex-Kapitän nach einigen Verletzungen fortan seine Leistungen weder bestätigen noch seinen Club vor dem Absturz bewahren. So wurde er für viele Fans zu einem der Aushängeschilder der Misere.

Folglich wollte der HSV seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängern und Van der Vaart wechselte ablösefrei zum spanischen Erstligaaufsteiger Betis Sevilla.

Lauth konnte Erwartungen nicht erfüllen

2004 wurde Benjamin Lauth mit großen Vorschusslorbeeren als hochkarätiger Neuzugang für 4,1 Millionen Euro von 1860 München verpflichtet. 10 Treffer in 47 Spielen gelangen dem Stürmer. Nach zwischenzeitlichen Ausleihen an Stuttgart und Hannover wechselte er 2007 für 800.000 Euro zum kleinen HSV. Seit Juli dieses Jahres ist Lauth, der zuletzt in Ungarn bei Ferencvaros Budapest bei seinem ehemaligen HSV-Coach Thomas Doll aktiv war, vereinslos.

Ein anderer Stürmer, Mohamed Zidan, wurde nach einer furiosen Rückrunde in Mainz mit zwölf Toren in 15 Spielen im Sommer 2007 für 6,5 Millionen Euro - und damit nicht gerade billig - verpflichtet. Nach 4 Toren in 34 Spielen wechselte er 2008 nach Dortmund zu seinem Ziehvater Jürgen Klopp. 2,8 Millionen Euro wurden im Tausch für Mladen Petric verrechnet. Nach einer Saison ohne Einsatz in den Vereinigten Arabischen Emiraten bei Baniyas SC ist der 33-Jährige seit zwei Jahren vereinslos.

Sorín und Alex Silva kommen für viel Geld

Auch in der Verteidigung griff der HSV gerne mal daneben. Als Kapitän der argentinischen Nationalmannschaft kam Juan Pablo Sorín 2006 nach Hamburg. Drei Millionen Euro Ablöse plus viel Handgeld zahlten die Hamburger und machten Sorín mit geschätzten 3,7 Millionen Euro jährlich zum Topverdiener. Durch Patellasehnenprobleme verpasste er jedoch mehr Spiele, als dass er auf dem Platz stand, und so wechselte er 2008 ein Jahr vor Vertragsende mit einer Millionenabfindung im Gepäck zu Cruzeiro nach Brasilien, wo er nach einer Saison aufgrund von Verletzungen seine Karriere beendete.

2008 holte der HSV zudem den brasilianischen Innenverteidiger Alex Silva und bezahlte 6,5 Millionen Euro für 50 Prozent der Transferrechte. Nach einer Leihe wechselte er drei Jahre später wieder ablösefrei nach Brasilien zurück, wo er bis zuletzt aktiv war. Seit April dieses Jahres ist der 30-Jährige vereinslos.

Ein Jahr nach Alex Silva kam David Rozehnal in die Hansestadt. Neben Berg soll Beiersdorfer auch vom Tschechen abgeraten haben. Hoffmann holte den Innenverteidiger trotzdem und ließ sich den Unsicherheitsfaktor in der Abwehr sechs Millionen Euro kosten. Zwei Jahre später ging er für 500.000€ nach Lille. Heute spielt der 35-Jährige für KV Oostende in Belgien.

Ledesma konnte nicht überzeugen

Weiter zurück liegt die Verpflichtung des Argentiniers Cristian Raúl Ledesma. 2002 kam der damals 24-jährige Mittelfeldspieler als Transfercoup für vier Millionen Euro Ablöse. Nach einer Saison wurde er stets verliehen, bis er 2005 wieder ablösefrei zu seinem Heimatverein Argentinos wechselte, wo er nach einigen Zwischenstationen heute noch mit 36 Jahren aktiv ist.

Neuerdings bezahlte der HSV sogar seine Spieler, damit sie den Verein wechseln. Eigengewächs Maxi Beister, Lasse Sobiech und zuletzt Petr Jiracek erhielten allesamt eine sechsstellige Abfindung, um zumindest deren Gehälter noch einzusparen. Insgesamt gab der HSV circa 58,5 Millionen Euro an Ablösen und Abfindungen für die teuren Missverständnisse aus, von denen nur die wenigsten eine Ablöse beim Wiederverkauf in die Vereinskasse spülten. Somit liegt der Verlust bei 54,65 Millionen Euro.

De Jong bringt Rekordsumme ein

Doch bei all den Verlusten bewies der HSV bei anderen Spielern auch ein glückliches Händchen, was den Wiederverkauf angeht. Beiersdorfer, in seiner ersten Amtszeit als Sportdirektor von der Boulevardpresse als „Dukaten-Didi“ getauft, schaffte es, Leistungsträger und Ladenhüter für viel Geld wieder zu verkaufen. Thiago Neves kam als neuer Spielmacher für rund 7,5 Millionen Euro. Die Anpassungsprobleme waren jedoch zu groß. Somit wurde der Brasilianer zwei Spielzeiten später für sieben Millionen Euro in die Wüste zu Al-Hilal Riad geschickt.

Auch bei Sturmflop Boubacar Sanogo, für den der HSV 3,8 Millionen Euro an Kaiserslautern überwies, schaffte es Beiersdorfer, ihn für gutes Geld wieder zu verkaufen. So wurde der Stürmer für 4,5 Millionen Euro an Werder Bremen transferiert.

Zu den Top-Verkäufen gehören jedoch andere Spieler. Mittelfeldspieler Hakan Calhanoglu wechselte wie Stürmer Heung-Min Son, für den der HSV zehn Millionen Euro einnahm, nach Leverkusen. 14,5 Millionen Euro bekam der HSV als Entschädigung. Rafael Van der Vaart brachte dem Bundesligadino bei seinem Wechsel zu Real Madrid 15 Millionen Euro ein. Diese Summe wird nur von seinem Landsmann Nigel de Jong getoppt. Im Januar 2009 wechselte der Niederländer, der ein halbes Jahr später für eine festgeschriebene Ablöse von zwei Millionen Euro hätte gehen können, für satte 18 Millionen Euro zu Manchester City nach England.