München . Der HSV wehrt sich in München lange mit allen Mitteln. Eine hohe Niederlage kann er am Ende aber dennoch nicht vermeiden.

Die ersten Schritte von Bruno Labbadia führten zu Arturo Vidal. Der Trainer des HSV nahm den Münchner Neuzugang nach dem Abpfiff in den Arm. Was Labbadia zu dem Chilenen, den er einst in Leverkusen trainierte, gesagt hat, ist nicht überliefert. Vermutlich wird er ihm aber schlicht Respekt gezollt haben für eine am Ende eindrucksvolle Vorstellung. „Wir wollten die Bayern ärgern, aber das war nicht möglich. Irgendwann wurde der Druck einfach zu groß“, sagte HSV-Torhüter René Adler.

Vor dem ersten Spiel der 53. Bundesligasaison wurden vor allem Wahrscheinlichkeiten hin und her gerechnet. Den einen Wettanbietern war ein Sensationssieg des HSV die Rekordquote von 35:1 wert, andere Wettanbieter lockten mit der Quote von 100:1 bei einem zweistelligen Sieg des Rekordmeisters gegen den Rekord-Relegationsmeister.

Kommentar: HSV war überfordert, hat sich aber nicht blamiert

Besonders pfiffig: Wer darauf wettete, dass Bad Boy Arturo Vidal bei seinem Bundesliga-Comebackspiel direkt vom Platz fliegt, hätte sich immerhin über die verlockende Quote von 25:1 freuen können. Einig waren sich alle Zocker und Nicht-Zocker nur in einem: nach 90 Minuten in der Allianz Arena könne es – so oder so – nur einen heroischen Sieger und einen deppernden Verlierer geben. Ein stinknormaler 5:0-Auftaktsieg der Bayern galt nach dieser Post-Pokal- und Prä-Saison-Woche als das erwartbare Ergebnis.

Ein Spektakel wurde den 75.000 Zuschauern in der natürlich ausverkauften Allianz Arena lediglich bei der Saisoneröffnungsfeier mit Adel Tawil und viel Brimborium vor dem Anpfiff geboten. In den folgenden 90 Minuten gelang der im Vergleich zur Pokalblamage auf fünf Positionen veränderte HSV-Elf zwar nicht die erhoffte Sensation, sie ging aber zunächst auch nicht wie landauf, landab erwartet unter. Dabei hatte Trainer Bruno Labbadia durchaus Mut bewiesen, mit Gideon Jung, 20, und Michael Gregoritsch, 21, zwei blutjunge Bundesligadebütanten gegen die mutmaßlich beste Mannschaft der Welt aufzubieten, die ebenfalls mit zwei Münchner Debütanten konterte: 35-Millionen-Mann Douglas Costa und 37-Millionen-Mann Vidal.

Doch die 7000 mitgereisten Hamburger konnten kaum ihren Augen trauen, denn die erste Chance der neuen Spielzeit hatte tatsächlich der HSV. Lewis Holtbys Schüsschen nach 228 Sekunden war allerdings leichte Beute für Nationaltorhüter Manuel Neuer, der darüber hinaus für den Rest der ersten Halbzeit keinen einzigen Ball mehr halten musste.

Erwartungsgemäß ganz anders erging es dagegen Neuers früheren Nationalmannschaftskonkurrenten René Adler, der mit zunehmender Spieldauer mehr und mehr unter Beschuss geriet. Erst ein Kopfball von Arjen Robben (knapp vorbei), dann ein Kopfball von Robert Lewandowski (knapp drüber) und schließlich ein Kopfball von Medhi Benatia (drin). 1:0 nach 26 Minuten, weil der zuvor und danach so laufstarke Neu-Stürmer Sven Schipplock nicht aufpasste, Johan Djourou und Matthias Ostrzolek zu spät kamen und auch Adler das Unvermeidbare nicht mehr vermeiden konnte. „Der HSV hat den Freistoß nicht gut verteidigt, er war aber auch sehr gut getreten“, fachsimpelte Michael Ballack in der Halbzeitpause bei Sky, vergaß dabei allerdings zu erwähnen, dass der Ball unmittelbar vor dem Freistoß im Seitenaus war.

Einzelkritik: Spahic sieht rot, Ostrzolek überfordert

Nach 45 einseitigen Minuten lautete das Chancenverhältnis 7:1 für Bayern, das tatsächliche Halbzeitergebnis allerdings lediglich 1:0. Sportchef Peter Knäbel, der wie immer das Spiel von der Bank aus verfolgte, dürfte zumindest teilweise zufrieden gewesen sein, dass nach der Pokalpleite und der Posse um seinen abhanden gekommenen Rucksack die nächste schlagzeilenträchtige Klatsche zunächst ausblieb. Glück hatten Knäbel und der HSV allerdings direkt nach Wiederanpfiff, als der bereits vorbelastete Emir Spahic Bayerns Robert Lewandowski überhart von den Beinen holte und nicht vom Platz musste.

Für die gerechte Strafe sorgte Lewandowski dann wenige Sekunden später selbst. Ostrzoleks missratene Kopfballabwehr verwertete der Pole gnadenlos zum 2:0. Nach 52 Minuten war die Partie gelaufen und der Widerstand des HSV endgültig gebrochen. Die zunehmenden Lücken in der Hintermannschaft der Hamburger nutzten die immer stärker werdenden Bayern nun eiskalt aus. Zunächst köpfte Thomas Müller eine wunderbare Außenrist-Flanke von Costa aus kurzer Distanz ein (69.). Vier Minuten später war es erneut der Weltmeister, der nach einem feinen Zuspiel von Lewandowski durch die Schnittstelle der HSV-Abwehr Adler umkurvte und mühelos einschob. Schließlich setzte der überragende Costa nach einem Aussetzer von Ostrzolek mit einem platzierten Schuss aus 17 Metern den Schlusspunkt.