Gute Voraussetzungen: Ballast ist über Bord geworfen, die Fans setzen auf die Neuzugänge, und es gibt einen Trainer, der sich zerreißt.

Das fängt ja schlecht an! Der HSV ist bereits vor dem ersten Pflichtspiel der neuen Saison abgesunken. Die neue Mannschaft ist nur noch 54,5 Millionen Euro wert, so wenig wie noch nie. Jedenfalls seit es einen solchen Spielkram gibt – der Wert eines gesamten Kaders. Einige Fans freuen sich über solche Erhebungen, andere gehen rigoros dagegen an und sagen einfach nur: „Blödsinn!“

Letzteres trifft es wohl eher. Weil der HSV ja einst einen Niedrigwert von 73,6 Millionen Euro hatte – aber seine Spieler, auf die er künftig verzichten wollte, am Ende einer Saison verschenken musste. Es waren keine anderen Vereine bereit, zum Beispiel für einen Stürmer wie Marcus Berg zwölfeinhalb Millionen Euro zu zahlen, wie es der HSV einst getan hatte, um den Schweden aus Groningen loszueisen. Berg war mit Sicherheit mal bedeutender Bestandteil einer gewissen HSV-Kadersumme, wurde am Ende aber verschenkt – an Panathinaikos Athen. Schon damals wusste der HSV eben, dass den Griechen geholfen werden musste ... Und Marcus Berg ist ja auch beileibe kein Einzelfall.

In diesem Sommer erhielt der immerhin beste Zweikämpfer der abgelaufenen Bundesliga-Saison, Lasse Sobiech, einen stattlichen Zuschuss, damit er zum FC St. Pauli wechselt. Auch Maximilian Beister, für den der HSV „keinen Markt in Deutschland“ erkannt haben wollte, wurde eine kleine Abfindung in sechsstelliger Summe bereitgestellt, um Hamburg zu verlassen. Tags darauf hatte Beister dann schon bei Mainz 05 unterschrieben.

Allein wegen dieser drei Beispiele, die noch beliebig erweitert werden könnten, lohnt es sich nicht, über diesen Niedrigstand von 54,5 Millionen zu diskutieren. Am Ende dieser Saison könnte diese Summe ja noch einmal gesunken sein, und dann müssten wohl erneut einige Spieler verschenkt werden. Sie könnte allerdings auch steigen – das wäre dann die etwas andere Variante. Eine, die der HSV schon lange nicht mehr gehabt, die es aber sehr wohl schon gegeben hat. Dabei sei nur der Name Khalid Boulahrouz genannt. „Boula wer?“ So hieß es im Sommer 2004, als der damalige HSV-Sportchef Dietmar Beiersdorfer den relativ unbekannten Niederländer nach Hamburg gelotst hatte. Später wurde Boulahrouz dann immerhin zum FC Chelsea verkauft – mit riesigem Gewinn.

Dieter Matz hält große Stücke auf Schipplock

Könnte das nicht in diesem Jahr einmal wieder passieren? Es gibt in diesen Tagen und Wochen leider viel zu viele Stimmen, die davon sprechen, dass sich der nur noch höchst durchschnittliche HSV lediglich mit Durchschnitt „verstärkt“ habe. Das mag auf den ersten Blick ja auch nicht von der Hand zu weisen sein, aber: Könnte nicht ein Albin Ekdal, von dem ganz sicher viele Hamburger nur so viel wissen, dass er ein Schwede ist, hier beim HSV mal so richtig explodieren? Leistungsmäßig! Ausgeschlossen ist das bislang doch nicht. Oder ein Michael Gregoritsch. Der hatte zwar schon einige Anläufe unternommen, um in die Bundesliga zu kommen – aber vielleicht platzt gerade jetzt bei ihm der Knoten. Nichts ist unmöglich. Und große Hoffnungen setze ich auf Sven Schipplock. Der ist zwar schon in vielen Clubs gewesen, aber hier in Hamburg hat er im Sturm kaum Konkurrenz, und zudem ruhen die Hoffnungen vieler Fans auf seinen Schultern. Das könnte ihn doch so beflügeln, dass er hier, gerade beim HSV, zum Überflieger wird. Das ist doch zum jetzigen Zeitpunkt nicht auszuschließen.

Und genau deswegen habe ich auch immer noch die Hoffnung, dass die Spielzeit 2015/16 eine bessere für den HSV wird. Die Voraussetzungen sind gewiss nicht schlechter als in den vergangenen Jahren, in denen es stetig bergab gegangen ist. Jetzt ist die neue Riege dran, es ist Ballast über Bord geworfen worden, und es gibt mit Bruno Labbadia einen Trainer, der sich zerreißt. Beste Voraussetzungen, um den Marktwert des HSV im Sommer 2016 wieder drastisch steigen zu lassen.

Morgen ist übrigens Saisoneröffnung im Volkspark, im Spiel gegen Hellas Verona. Anstoß um 17 Uhr. Da wird ein jeder sehen, wohin der Hase in dieser Saison wohl laufen könnte.

Die HSV-Kolumne Matz ab gibt es täglich im Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab