Laax/Graubünden. Im Veränderungsprozess des HSV ist für den Schweizer Valon Behrami kein Platz mehr – doch ein Abnehmer fehlt noch.
Was ist denn nun mit dem? Bleibt der? Der hat doch gar keine Lust mehr auf den HSV, oder? Kommt der überhaupt? Es ist ein erstaunlich gleichklingender Fragenkatalog, den ein Hamburger nach einer Kontaktaufnahme mit einem Schweizer in Graubünden dieser Tage zu hören bekommt. Die Fragen richten sich nach einem Mann, der mit verschiedenen Aussagen in Schweizer Medien in den vergangenen Wochen für eben diese Frageliste gesorgt hatte. Sein Name: Valon Behrami. Sein Beruf: Fußballprofi beim HSV.
Er wisse noch nicht, ob er im Trainingslager dabei sei. Er fühle sich nicht mehr wohl in Hamburg. Der HSV sei eine negative Erfahrung für ihn. Sätze in dieser und ähnlicher Ausprägung waren zuletzt immer wieder aus der eidgenössischen Presse zu vernehmen. Verständlich, dass die Schweizer Besucher im Trainingsquartier des HSV sich darum sorgten, ob sie ihren Nationalspieler hier in Graubünden auch wirklich begrüßen werden können. Peter Knäbel, Sportdirektor der Hamburger, stellte dazu am Montag unmissverständlich klar: „Valon kommt am Dienstag.“
Ob Behrami nach seiner Ankunft aber auch dauerhaft bleibt, darüber herrscht derzeit Unklarheit. Fakt ist: Der HSV hätte nichts dagegen, wenn sich ein anderer Verein findet, der den 30 Jahre alten Mittelfeldspieler aus seinem bis 2017 laufenden Vertrag herauskauft. Im Gegenteil. Der HSV würde Behrami nur zu gerne loswerden. Das Problem: Im Moment ist dieser Verein noch nicht in Sicht. Stand Montagabend ist bei Sportdirektor Knäbel noch keine Anfrage für Behrami eingegangen. Eine Vertragsauflösung, so wie es der HSV zuvor mit Lasse Sobiech und Maximilian Beister gemacht hat, käme nicht infrage.
HSV im Trainingslager: Arbeit, Freundschaft, Spaß
Und so freunden sich die sportlichen Verantwortlichen der Hamburger zunehmend mit dem Gedanken an, zumindest vorerst mit Behrami zusammenzuarbeiten. „Wenn Valon hier ist, werden wir ihm die Möglichkeit geben, sich einen Platz in der Mannschaft zu erarbeiten“, sagt Bruno Labbadia dazu.
Behrami gefährdet den Hausfrieden
Für den Trainer ist die Rückkehr von Behrami, der nach den Länderspielen mit der Schweiz ein paar Tage länger Urlaub machen durfte, eine verzwickte Situation. Einerseits muss Labbadia dem Spieler ermöglichen, seiner Arbeit nachzugehen. Andererseits gefährdet ein Behrami, der seine fußballerische Zukunft nicht mehr langfristig in Hamburg sieht, den Hausfrieden.
Peter Knäbel sieht die Sache eher gelassen. Er kenne Behrami schon seit Jahren und wisse daher, dass der Schweizer letztlich einfach nur Fußball spielen will. Zumal Behrami in Graubünden an diesem Dienstag auf einen neuen Mitspieler treffen wird, der seine Arbeit auf dem Fußballplatz ähnlich interpretiert wie er.
Emir Spahic, nach Batuhan Altintas und Gotoku Sakai dritter Neuzugang, erreichte nach seinem aufsehenerregenden Wechsel zum HSV am Montagabend das Teamquartier in der Gemeinde Laax. Behrami und Spahic – an skandalträchtigem Spielermaterial haben die Hamburger mit diesen beiden Profis eine Spitzenposition in der Bundesliga eingenommen. Vielleicht sorgt Spahic sogar dafür, dass sich Behrami in der Mannschaft ein wenig heimischer fühlt.
Behrami leistete sich einige Fehltritte
Dem Krieger, wie er in der Schweiz genannt wird, fehle es in Hamburg an Gleichgesinnten, hatte der gerne über der Grenze des Erlaubten spielende Behrami in der abgelaufenen Saison gesagt. Mit Spahic bekommt er einen Mann an seine Seite, der in dieser Kategorie, rein sportlich gesehen, treffend einzuordnen ist. „Behrami und Spahic sind zwei Spieler, die eine Mannschaft hierarchisch führen“, sagte Sportdirektor Knäbel dem Abendblatt am Montag. Doch genau in dieser Hierarchie liegt der Haken.
In seinem ersten Jahr beim HSV übertrieb es Behrami mit seiner Definition eines Führungsspielers. Insbesondere die jungen Spieler taten sich schwer mit den Allüren des „Aggressive Leaders“, als der er von Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer aus Neapel nach Hamburg geholt wurde. Negativer Höhepunkt war die handgreifliche Auseinandersetzung mit seinem Landsmann Johan Djourou in der HSV-Kabine in der Halbzeit des Heimspiels gegen den VfL Wolfsburg, die Behrami hinterher mit den Worten beschrieb, er sei einfach so umgefallen.
Spahic ist wohl gesetzt, Behrami nicht
Für Trainer Labbadia und Sportdirektor Knäbel wird der Umgang mit Behrami in den kommenden Tagen eine große Herausforderung. Man befinde sich in einem Veränderungsprozess, wiederholte Knäbel am Montag. „Wir sind in unserer Aufbauarbeit beim Kies angelangt. Nun gilt es aus dem Kies Beton zu machen.“
Ein Betonpfeiler des HSV soll in der kommenden Saison Emir Spahic sein. Für Behrami gilt dieses Bauprinzip nicht. Zumindest die Schweizer Zuschauer werden in den kommenden Tagen auf ihre Kosten kommen, wenn Behrami gemeinsam mit Johan Djourou, der bereits am Montagabend anreiste, vor ihrer Haustür trainiert.
Ihren Fragenkatalog könnte man wie folgt beantworten: Ja, Behrami kommt. Nein, Lust auf den HSV hat er nicht mehr. Und ja, er bleibt.
Vorerst.