Der verwandelte Strafstoß durch Kapitän Rafael van der Vaart war gleichzeitig der erste Hamburger Treffer nach 398 Minuten. In Paderborn pfiff der Bremer Schiedsrichter Gagelmann durchaus großzügig für den HSV.

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Paderborn. Fußball ist schon eine kuriose Sportart. So soll es mal ein Benefizspiel zwischen den Cotwold All Stars und Cambray FC gegeben haben, das 35 Stunden dauerte. Es gab auch mal einen Ukrainer namens Nikolai Kutsenko, der den Ball 24:30 Stunden mit Kopf und Fuß jonglierte. Und in Paderborn gab es am Mittwochabend eine Partie, die im Prinzip nach 8,5 Sekunden entschieden war.

Denn genau so lange dauerte es, ehe Hamburgs Marcell Jansen direkt nach seinem ersten Sprint von Paderborns Patrick Ziegler im Strafraum gefoult wurde. Nicht mal eine Minute später krönte Rafael van der Vaart den 8,5-Sekunden-Raketenstart mit dem fälligen Strafstoß, und es folgte, was in dieser Saison so selten vorkommt: ein Tor für den HSV.

Tatsächlich war es der schnellste Elfmeterpfiff der Bundesligageschichte – immerhin 17 Sekunden dauerte es vor zwei Jahren, als Hoffenheims Abraham den damaligen Bremer Hunt zu Fall brachte. Mehr als dieser nur noch sehr schwer zu knackende Rekord dürfte die mitgereisten 1750 Hamburger aber gefreut haben, dass der HSV auch 90 Minuten nach dem Blitzstrafstoß noch als Sieger vom Platz ging und mit dem 3:0-Sieg auch die Abstiegsränge verließ.

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Vier Tage nach dem desolaten Rückrundenauftakt gegen den 1. FC Köln (0:2) hatte sich Trainer Joe Zinnbauer bereits vor dem Raketenstart einige Änderungen überlegt. Der Coach modifizierte System (4-2-3-1 statt 4-1-4-1), Positionen (Heiko Westermann hinten rechts, Marcell Jansen vorne links, Petr Jiracek und Rafael van der Vaart im defensiven Mittelfeld) und Personal (Zoltan Stieber und Ronny Marcos für Mohamed Gouaida und Ashton Götz). Nur ein Platz auf der Bank blieb zunächst für Neuzugang Marcelo Díaz übrig, der sich bei minus vier Grad erst akklimatisieren sollte.

Auf der besagten Bank hielt es Zinnbauer im ersten Durchgang allerdings nur selten. Denn trotz des frühen Tors des Tages machte es Aufsteiger Paderborn dem Fast-Absteiger Hamburg nie einfach. Stoppelkamp (10.), Koc (19.), erneut Stoppelkamp (20.) und Bakalorz (33.) scheiterten entweder an Torhüter Jaroslav Drobny oder an den eigenen Nerven.

Dem HSV gelang wenig Durchdachtes, was angesichts der zuvor nur neun erzielten Saisontreffer nicht überraschend war. Auch Hoffnungsträger Ivica Olic, der fleißig wie eh und je den Platz umpflügte, fehlte offensichtlich der designierte Sturmpartner Pierre-Michel Lasogga, der wegen einer Oberschenkelzerrung noch mindestens zwei Spiele fehlen wird.

Gagelmann pfiff sehr großzügig für den HSV


So spielte auch im zweiten Durchgang die Musik überwiegend im Hamburger Strafraum. Zunächst. Dass allerdings aus HSV-Sicht nicht die Moll-Töne dominierten, lag vor allem daran, dass Paderborns Kachunga zwar mustergültig Keeper Drobny überlupfte, dabei allerdings an der Latte scheiterte (54.). Und dass der Peter Gagelmann sehr großzügig für den HSV pfiff. Denn bei Drobnys Rettungsversuch in dieser Szene hätte der Schiedsrichter auf den Elfmeterpunkt zeigen können. Als wenig später aber Ronny Marcos Elias Kachunga festhielt, hätte Gagelmann auf Strafstoß entscheiden müssen (62.).

Mitten in die Paderborner Drangperiode sorgte jedoch der starke Marcell Jansen für die Entscheidung. Nach einer (ebenfalls umstrittenen) Ecke traf er aus dem Gewühl heraus zum 2:0 (72.). Die Moral der Paderborner war gebrochen. „Ohne Hoyzer habt ihr keine Chance“, sangen die HSV-Anhänger höhnisch, anspielend auf das 2:4 im DFB-Pokal in Paderborn 2004, als die Hamburger von Robert Hoyzer verpfiffen wurden. Und es kam noch besser: In der ersten Minute der Nachspielzeit erhöhte Zoltan Stieber nach schöner Vorlage von Jansen und Rudnevs auf 3:0.

So endete die 1749. Partie des Bundesliga-Dinos mit dem zweiten Auswärtssieg überaus erfreulich. „Wir standen defensiv gut, haben geduldig auf die Fehler des Gegners gewartet“, sagte Zinnbauer. Während sich Paderborn nach dem 19. Erstligaspiel seiner Clubgeschichte – davon die letzten neun sieglos – ernsthafte Sorgen um den Klassenerhalt machen muss, hat das nach dem Köln-Spiel stark kritisierte Team die erhoffte Reaktion gezeigt. Sollten die HSV-Profis ein wenig Selbstvertrauen mitnehmen, könnte Sonnabend gegen Hannover der nächste Schritt aus der Krise gelingen.

Statistik

Paderborn: 1 Lukas Kruse – 7 Wemmer, 2 Hünemeier, 5 Ziegler, 21 Brückner – 4 Rupp, 6 Bakalorz – 30 Koc, 11 Stoppelkamp – 29 Lakic, 15 Kachunga. – Trainer: Breitenreiter

HSV: 1 Drobny – 4 Westermann, 5 Djourou, 32 Rajkovic, 31 Marcos – 23 van der Vaart, 19 Jiracek – 27 Nicolai Müller, 17 Stieber, 7 Jansen – 8 Olic. – Trainer: Zinnbauer

Schiedsrichter: Peter Gagelmann (Bremen)

Tore: 0:1 van der Vaart (2., Foulelfmeter), 0:2 Jansen (72.), 0:3 Stieber (90.+1)

Zuschauer: 15.000 (ausverkauft)

Gelbe Karten: Ziegler (3) – Stieber, Jiracek (3)