Mäzen zahlt jährlich vier Millionen Euro für die Namensrechte. Dass der HSV künftig wieder im Volksparkstadion aufläuft, findet Kapitän Rafael van der Vaart „eine geile Sache“. Doch es gibt auch Kritik.
Hamburg. Die Inszenierung war tatsächlich glänzend. Eine Einladung spät am Vorabend um 23.15 Uhr für 9.30 Uhr. Ohne irgendeinen Hinweis, worum es denn geht. Eine Fahrt im HSV-Mannschaftsbus durch den Volkspark. Ein kurzer Weg zum Pavillon im Schulgarten, schon sah man die HSV-Fahne und das Schild „Volksparkstadion“. Dort warteten vor einer extra aus dem Museum herbeigebrachten Sitzreihe des alten Stadions Dietmar Beiersdorfer, Joachim Hilke, Frank Wettstein – fast der gesamte Vorstand der HSV Fußball AG also. Und Karl Gernandt, der Aufsichtsratsvorsitzende. Dann riss der graue Himmel auf, Wolken formierten die HSV-Raute, Fanfaren ertönten und Beiersdorfer sprach: „Heute ist ein sehr großer Tag für den HSV.“
Gut, das mit dem Himmel, den Wolken und den Fanfaren war nicht so. Hätte aber bestens gepasst. Die Emotionalisierung war klar, gewollt und passte zu der Botschaft: Das vereinseigene Stadion wird vom 1. Juli an wieder „Volksparkstadion“ heißen.
Investor Klaus-Michael Kühne macht es möglich. Jährlich vier Millionen Euro überweist er bis 2019 für die Namensrechte am Stadion. Gleichzeitig übernimmt der milliardenschwere Speditionskaufmann mit HSV-Herz und steuergünstigem Wohnsitz in der Schweiz einen 7,5 Prozent-Anteil an der HSV AG und verzichtet dafür auf die Rückzahlung von 18,75 Millionen Euro seines Darlehens an die AG. Die verbleibenden 6,25 Millionen Euro muss der HSV bis 2019 mit einer Verzinsung von 4,5 Prozent an Kühne zurückzahlen.
Dieser Deal hatte sich nicht wirklich angedeutet, nachdem Kühne in der Vorweihnachtszeit auf sein Optionsrecht auf Umwandlung seines Darlehens verzichtet hatte. Mehrmals hatte er öffentlich seine Unzufriedenheit mit der sportlichen Entwicklung im Club kundgetan. „Die Mannschaft ist nicht richtig aufeinander eingespielt", monierte der 77-Jährige im Dezember in der „Zeit“ und stellte außerdem fest: „Der Investor hat überhaupt keine Rechte.“ Trotzdem riss der Kontakt nie ab. „Wir waren immer in guten Gesprächen", erklärte nun Dietmar Beiersdorfer, „Dinge sind manchmal anders, als sie in der Öffentlichkeit ankommen.“
Der neue Anteilseigner hatte nicht den Weg in den Volkspark gefunden, ließ aber ausrichten: „Ich freue mich, dass wir unsere konstruktiven Gespräche über meinen Einstieg erfolgreich abschließen konnten. Ich hoffe, dass ich den Aufbruch des HSV mit meinem Beitrag unterstützen kann.“
Aus heutiger Sicht erscheint sein vorgeblicher Rückzug in der Vorweihnachtszeit also wie geschickter Verhandlungspoker. Im Herbst sickerte nach einer Bewertung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG ein Wert für den HSV von 330 Millionen Euro durch. Nach dem jetzigen Deal wird der HSV nur noch mit 250 Millionen taxiert – Kühne bekommt mehr Anteil für´s Geld. „Diese kolportierten 330 Millionen waren nie richtig“, sagte Gernandt nun wenig überraschend.
Zinslast entfällt
Dennoch bedeutet der Einstieg eines ersten Investors für den hoch verschuldeten HSV eine große Erleichterung. „Wir setzen so unseren Weg der wirtschaftlichen Konsolidierung fort und haben ein ganz wichtiges Etappenziel erreicht“, verkündete Aufsichtsratschef Gernandt. Durch die Umwandlung des Darlehens steigt die Eigenkapitalquote, Kühnes Geld muss größtenteils nicht mehr zurückgezahlt werden, die entsprechende Zinslast entfällt. „Das ist für uns unheimlich wichtig, das ist auch gut für weitere Gespräche mit Banken“, sagte Beiersdorfer. Denn die Lage ist natürlich weiterhin angespannt. Knapp 100 Millionen soll die Schuldenlast betragen, auf der Mitgliederversammlung des e. V. am Sonntag erhoffen sich die Mitglieder einen genauen Einblick in das Zahlenwerk.
Der Vorstandschef erhofft sich von dem Deal auch eine Signalwirkung für Verhandlungen mit anderen Geschäftspartnern: „Es ist ein Stück weit auch ein Türöffner, dass sich ein bekannter Geschäftsmann für den HSV engagiert.“ Weitere Gespräche „mit dem einen oder anderen Partner-Unternehmen“ laufen laut Beiersdorfer bereits. Beim Neujahrsempfang des HSV in der Hanse-Lounge am Donnerstag gab es entsprechenden Applaus.
Mit dem frischen Geld sind wohl auch die Chancen auf eine Verpflichtung von Wunschstürmer Josip Drmic aus Leverkusen gestiegen, für den Bayer mindestens sechs Millionen Euro Ablöse fordert. „Jeder weiß, an welchem Spieler wir interessiert sind. Wir können ihn uns leisten, jetzt muss man sehen, ob man mit dem anderen Verein einig wird", erklärte Gernandt: „Der Vertrag mit Herrn Kühne ist auch ein Signal an die Branche, dass wir bei Transfers sehr wohl handlungsfähig sind.“ Beiersdorfer gibt sich dagegen etwas defensiver: „Das Geld geht nicht in die Mannschaft, sondern ins Eigenkapital.“
Van der Vaart: „Geile Sache!“
Bis spät in die Nacht zogen sich die finalen Gespräche am Mittwoch hin. So musste auch ein Auflösungsvertrag mit Imtech ausgehandelt werden. Der finanziell angeschlagene Konzern darf nun aus dem 2010 bis 2016 abgeschlossenen Vertrag über 25 Millionen Euro aussteigen. Die 2001 in Hamburg mit AOL begonnene Geschichte der Firmen-Stadionnamen endet also in Hamburg auch wieder. „Es war mir eine Herzensangelegenheit dass die Fußball-Heimat des HSV wieder ihren ursprünglichen Namen trägt“, so Kühne.
Und so war dann auch viel von „Tradition, Erfolgen und Emotionen“ die Rede, als es um den neuen, alten Stadionnamen ging. Beiersdorfer betonte: „Mit dem Namen Volksparkstadion sind unvergessliche Momente verbunden.“ Kapitän Rafael van der Vaart erklärte in Dubai: „Das ist eine geile Sache, davon haben doch alle in Hamburg geträumt“, und Uwe Seeler meinte: „Das ist ein schönes Zeichen und besonders von nostalgischem Wert.“
Aber ganz so einfach funktioniert es mit den gekauften Emotionen wohl doch nicht. „Der Stadionname ist natürlich super, aber ein Beigeschmack bleibt“, sagt Timo Horn, der Chef der Fanorganisation Supporters-Club: „Ich frage mich, ob Herr Kühne damit seinen Ruf aufpolieren möchte.“