Neun Tore sind eine katastrophale Bilanz, Platz 14 ein Mega-Erfolg, wenn man an Schicksale wie das von Borussia Dortmund denkt. Beim HSV denkt man jetzt radikal neu.

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Hamburg. Für den HSV gilt in diesen Tagen vor Weihnachten und nach dem katastrophalsten Jahr der Bundesliga-Geschichte: Es könnte schlimmer kommen, siehe Borussia Dortmund. Platz 14 ist mit den wenigsten Toren aller Bundesligavereine (9, in Worten: neun) das Maximale, was die Mannschaft von Joe Zinnbauer und Kapitän Rafael van der Vaart herausholen konnte in der Hinrunde. Und so konnten sich die Hamburger nach dem 0:0 bei Schalke 04 in einem intensiven Spiel über das Lob von Schalkes Trainer Roberto Di Matteo freuen: „Hamburg war sehr gut organisiert und hat uns nicht ins Spiel kommen lassen. Wir haben alles versucht das Spiel zu gewinnen, aber vielleicht ist es ein gerechtes Resultat.“

Doch von Selbsttäuschung ist beim HSV keine Spur: In sechs Worten offenbarte Nicolai Müller den gesamten Frust des einst so stolzen Clubs: „Das ist natürlich eigentlich eine Katastrophe.“ Da wird der Fußball-Bundesligist nach dem Fast-Abstieg für nahezu 30 Millionen Euro runderneuert, schafft den Umschwung trotz umfangreicher Personalrochaden im Trainer- und Funktionärsbereich nicht, dümpelt weiter der 2. Liga entgegen – und erzielt in 17 Hinrundenspielen gerade einmal neun Trefferchen.

Der ehemalige Mainzer Müller konnte es nach dem zu dieser peinlichen Bilanz passenden 0:0 vor 61.973 Zuschauern bei Schalke 04 kaum fassen, dass ein Team mit derart wenig 17 Punkte holen kann und auf einem Nicht-Abstiegsplatz steht. Das war auch nach dem 17. Spieltag der Vorsaison so, allerdings mit anderen Zahlen.

Damals, als der später von Josef Zinnbauer abgelöste Mirko Slomka noch das sportliche Sagen hatte, waren es bei 16 Zählern 33:38 Tore, also im Vergleich zur aktuellen Situation eine sehr akzeptable Offensiv- und eine schlimme Defensiv-Präsentation des Teams.

Und heute? Fordert Slomka-Erbe Zinnbauer nicht zwangsweise neue Spieler („Das ist nicht meine Baustelle“), hat aber einen unerfüllbaren Weihnachtswunsch: „Ich hätte gern mehr Punkte und mehr Tore.“ Die aktuellen neun wurden in der Erstliga-Historie nur von Eintracht Frankfurt (1988/1989) und Tasmania 1900 Berlin (1965/1966) mit jeweils acht unterboten. Und die zwei Hinrunden-Auswärtstreffer der Hanseaten kann bislang nur Borussia Mönchengladbach mit null (!) in der Saison 1996/1997 negativ toppen.

Die Hamburger wissen, dass sich im Nach-WM-Jahr vieles wandeln muss. Tottenham-Leihgabe Lewis Holtby hielt nach der Rückkehr an seine ehemalige Schalker Wirkungsstätte zwar fest, dass es ja immerhin „keine desaströse Hinserie“ war – aber man ist kleinlaut geworden beim HSV. Holtbys Ausflug in den Optimismus klang so: „Wir sind nicht abgeschlagen Letzter. Immerhin haben wir einen Punkt mehr als im letzten Jahr. Wir sollten positiv denken. “

Das will auch Schalke, das sich unter Jens Kellers Nachfolger Roberto Di Matteo trotz der Heim-Punktverluste beim 1:2 gegen Köln und nun beim torlosen Remis gegen Hamburg deutlich stabilisiert hat. „Wir haben uns taktisch weiterentwickelt, wir sind gefestigt als Mannschaft und haben ein besseres Auftreten“, registrierte Weltmeister Benedikt Höwedes.

Dass sich die Königsblauen nach dem peinlichen Erstrunden-Pokal-Aus beim Drittligisten Dresden berappelten, dass sie trotz vieler Ausfälle im Achtelfinale der Champions League stehen und in der Liga eine gute Rolle spielen, macht zufrieden: „Wir stehen mit Leverkusen und Gladbach auf Augenhöhe“, meinte Kapitän Höwedes. Und Manager Horst Heldt ergänzte anerkennend: „Wir sind oben mit dabei.“

Statistik:

Schalke: Fährmann – Neustädter, Felipe Santana, Höwedes – Höger, Barnetta (65. Leroy Sane) – Uchida, Aogo, Fuchs (46. Ayhan) – Huntelaar, Choupo-Moting. – Trainer: Di Matteo

Hamburg: Drobny – Götz, Djourou, Cleber, Ostrzolek – Behrami – Nicolai Müller, Holtby, Jiracek, Gouaida – Rudnevs. – Trainer: Zinnbauer

Schiedsrichter: Markus Schmidt (Stuttgart)

Tore: Fehlanzeige

Zuschauer: 61.973 (ausverkauft)

Beste Spieler: Fährmann, Höwedes – Drobny, Jiracek

Gelbe Karten: Höger (6) – Behrami (5), Cleber (3)

Erweiterte Statistik (Quelle: deltatre):

Torschüsse: 16:15

Ecken: 6:4

Ballbesitz: 53:47 %