Der frühere HSV-Boss springt dem damaligen Sportchef Kreuzer in der Causa Calhanoglu zur Seite. 20-jähriger Deutsch-Türke sorgt auch mit Schilderung der „Pistolen“-Affäre um Töre für Aufsehen.

Hamburg. Die Dauerfehde zwischen Hakan Calhanoglu und seinem ehemaligen Ziehvater Oliver Kreuzer hat ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. In einem spektakulären Auftritt vor einem Millionenpublikum erzählte der türkische Fußball-Nationalspieler seine schon mehrfach verbreitete Version des Theaters um den Wechsel vom Hamburger SV zu Bayer Leverkusen – und bezichtigte den ehemaligen HSV-Sportchef offen des Wortbruchs. „Es gab eine mündliche Vereinbarung, dass ich für eine bestimmte Ablösesumme den Verein verlassen kann“, erklärte Calhanoglu am Sonnabendabend im ZDF-Sportstudio. Kreuzer habe „sein Versprechen nicht gehalten“ und ihn „im Stich gelassen“, betonte er.

Allerdings steht in dieser Sache Aussage gegen Aussage: Kreuzer, der am Sonntag zunächst nicht zu erreichen war, hat eine solche Zusage stets bestritten. Das bestätigte auch der damalige HSV-Vorstandschef Carl Edgar Jarchow. „Der Vorstand musste seinerzeit ja auch die neuen Verträge absegnen. Es gab bei Calhanoglu keinerlei Klauseln. Und auch Herr Kreuzer hat immer erklärt, dass es keine Nebenabsprachen gibt“, sagte Jarchow am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa auf Anfrage.

Hintergrund: Calhanoglu hatte seinen Vertrag im Februar beim damals stark abstiegsgefährdeten HSV bis 2018 verlängert. Der Kontrakt galt auch für die 2. Liga. „Ich will ein Zeichen setzen und in den kommenden Jahren zu einem festen Bestandteil der Mannschaft werden“, ließ der 20-Jährige damals wissen. „Ich wollte Herrn Kreuzer stark machen, dann ist er mir in den Rücken gefallen“, äußerte er nun über den Ex-HSV-Sportchef, der zuvor in gemeinsamen Zeiten beim Karlsruher SC als einer seiner Förderer galt. Wenige Monate nach der umjubelten Unterschrift beim HSV wollte Calhanoglu unbedingt weg – und wechselte nach längerem Hin und Her für 14,5 Millionen Euro Ablöse zu Bayer.

+++ Video: Calhanoglu im ZDF-Sportstudio +++

Der Umstand, dass er mit einem ärztlichen Attest wegen psychischer Instabilität den Transfer forcierte, sorgte dafür, dass er bei den HSV-Fans in Ungnade fiel. Auch im Verein machte er sich dadurch keine Freunde. „In Hamburg konnte ich kaum mehr rausgehen, mein Auto wurde kaputt geschlagen, es gab Beschimpfungen und Drohungen im Internet“, schilderte der Offensivspieler. Was den Norddeutschen auch missfiel: Kaum bei Bayer angekommen, meldete sich Calhanoglu noch vor Ablauf des Attestes fit: „Der Wechsel war wie eine Befreiung für mich.“

Töre-Freund drohte Calhanoglu mit Erschießen

Einmal in Fahrt, äußerte er sich erstmals öffentlich zum Vorfall mit Gökhan Töre beim Nationalteam. Nach einem Spiel im Jahr 2013 sei der Ex-Hamburger Töre ins Hotelzimmer von Ömer Toprak gekommen. Ein Begleiter Töres habe seinen Bayer-Teamkollegen Toprak und ihn mit einer Waffe bedroht. „Ich lag in einer Ecke, er ist zu mir gekommen und hat zu mir gesagt: Beweg dich nicht, sonst erschieß’ ich dich“, sagte Calhanoglu. „Ich war sehr nervös und konnte mich kaum bewegen.“

+++ So reagiert das Netz über Calhanoglus Auftritt +++

Bei dem Streit sei es um einen Freund Topraks und Töres Ex-Freundin gegangen. „Wir waren zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort“, betonte der 20 Jährige. Er habe zunächst öffentlich zu den Vorkommnissen geschwiegen, weil er Töre nicht habe schaden wollen. Bei den jüngsten Länderspielen hatte der türkische Auswahlcoach Fatih Terim den 22-jährigen Töre erstmals seit knapp einem Jahr wieder nominiert. Seine Absage habe damit aber nichts zu tun gehabt, betonte Calhanoglu.

In der Bundesliga-Partie gegen den SC Paderborn habe er eine Wadenverletzung erlitten. Nun hoffe er, mit Terim ins Gespräch zu kommen. Zu möglichen Einsätzen im Test gegen Brasilien und in der EM-Qualifikation gegen Kasachstan im November sagte er: „Ich wünsche es mir natürlich, was es am Ende ergibt, muss ich abwarten.“