Der ehemalige HSV-Spieler und jetzige Leverkusener packte im ZDF derart offen aus, wie man es von Fußballprofis kaum mehr gewohnt ist. Nicht nur die Netzgemeinde wundert sich über die Storys des 20-Jährigen.

Hamburg/Mainz. Fußballprofi Hakan Calhanoglu hat knapp 100 Tage nach seinem turbulenten Wechsel vom Hamburger SV zu Bayer Leverkusen Oliver Kreuzer erneut scharf attackiert und dem ehemaligen HSV-Sportchef Wortbruch vorgeworfen. Kreuzer sei ihm in den Rücken gefallen, sagte Calhanoglu in der Nacht zu Sonntag im Aktuellen Sportstudio des ZDF. Sein Treuebekenntnis zum HSV habe er vor allem gegeben, um dem unter Beschuss geratenen Kreuzer ein Erfolgserlebnis zu verschaffen. Hinter den Kulissen sei aber ausgemacht gewesen, dass er bei einem guten Angebot gehen könnte. Davon habe Kreuzer später nichts mehr wissen wollen.

„Es gab eine mündliche Vereinbarung, dass ich für eine bestimmte Ablösesumme den Verein verlassen kann“, sagte der türkische Nationalspieler. Kreuzer habe „sein Versprechen nicht gehalten“ und ihn „im Stich gelassen“, berichtete Calhanoglu weiter. Kreuzer hat allerdings stets bestritten, dem Profi eine solche Zusage gegeben zu habe. Auch der damalige HSV-Vorstandsvorsitzende Carl Edgar Jarchow unterstrich in der Sendung die Version des Vereins.

Calhanoglu schildert „Pistolen“-Sezenario

Im Sportstudio schilderte der 20 Jahre alte Calhanoglu außerdem erstmals ausführlich seine Version der „Pistolen“-Affäre bei der türkischen Nationalmannschaft im Oktober 2013. Bei dem Streit in einem Hotelzimmer nach dem Länderspiel gegen die Niederlande sei es um eine Frau gegangen, sagte der 20-Jährige. Der Ex-Hamburger Gökhan Töre sei mit einem bewaffneten Mann in das Zimmer gestürmt, um einen ebenfalls anwesenden Freund von Mitspieler Ömer Toprak zu attackieren.

„Ich weiß nicht, ob Töre was genommen hat, auf jeden Fall war er stinksauer. Ich hatte Panik“, sagte Calhanoglu im Sportstudio: „Er ist direkt zu dem Jungen hin, dann kam noch einer rein. Der Mann hat die Waffe aus seinem Anzug genommen, ist erst auf Ömer los und hat gesagt: 'Leg dich hin, sonst erschieß ich dich. Auch zu mir hat er gesagt: 'Beweg dich dich nicht, sonst erschieß ich dich.' Ich konnte mich kaum bewegen und lag in einer Ecke.“

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Er habe den Vorfall zunächst für sich behalten, um Töres Karriere nicht zu schaden, so Calhanoglu. „Irgendwann habe ich das meinen Eltern erzählt, meine Mutter hat jeden Tag geweint. Dann kam das Interview mit meinem Vater, das war nicht abgesprochen“, sagte Calhanoglu. Hüseyin Calhanoglu, der Vater des Bayer-Profis, hatte in der Tageszeitung Hürriyet den Vorfall öffentlich gemacht.

Calhanoglu hofft nun auf ein Gespräch unter vier Augen mit Fatih Terim. Der türkische Nationaltrainer hatte zuletzt sowohl Calhanoglu als auch Töre für die EM-Qualifikationsspiele der Türkei nominiert, Calhanoglu musste jedoch angeblich verletzt absagen.

Spott und Kritik bei Twitter

Unter Fußballfans sorgt der bemerkenswert offene Auftritt Calhanoglus bei Sportstudio-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein (KMH) bereits für großes Aufsehen. In Foren und vor allem via Twitter lassen sich etliche Nutzer über den 20-Jährigen aus.

„Hakan Calhanoglu redet sich hier gerade live um Kopf und Kragen. Herzlichen Glückwunsch“, befand User „FloReis“. Ungläubig verfolgte offenbar auch „BabyIrish84“ den Auftritt des Fußballers: „Ich hab mir das Calhanoglu-Spektakel jetzt auch mal angeschaut. Mein Kopf hämmert immer noch gegen die Wand. Alter Schwede...“

Kritisiert wird aber auch Calhanoglus Verein Bayer Leverkusen, der seinem Profi für das Interview offenbar sein Ok gegeben hatte. „Gucke Calhanoglu im Sportstudio nach. KMH fragt schon naiv“, twitterte “DavidBNaujeck“, “aber redet sonst niemand mit Calhanoglu, nimmt den an die Hand? Berater, Verein?“ „Torhamster04“ schrieb dazu: „Man kann KMH da keinen Vorwurf machen, die Fragen hätte wohl jeder gestellt. Bayer hätte Calhanoglu da nie hinschicken dürfen. In dieselbe Kerbe schlug User „LinneMatt“: „War auf ALLES vorbereitet - u. sitze sprachlos vorm TV. Wie kann bayer04fussball den Typen so ins offene Messer jagen..???“

Auch auf die vermeintlich historische Dimension des Sportstudio-Auftritts verwiesen zahlreiche Internet-Nutzer. „Was für ein Auftritt zu später Stunde von calhanoglu im sportstudio. Unfassbar.“, kommentierte „MartinVolkmar“ via Twitter. Und „Flo_Reis“ stellte bereits die pathetische Frage in den Raum: „Wo warst du damals, als Hakan Calhanoglu im ZDFsportstudio zu Gast war?"