Mirko Slomka bekommt offenbar eine Schonfrist von zwei Spielen. Ob der HSV-Trainer bei den kommenden schweren Aufgaben gegen Bayern und Gladbach die Wende bringen kann, ist mehr als fraglich.
Hamburg. Am Tag nach dem Absturz auf den letzten Tabellenplatz der Bundesliga lief sich Mirko Slomka mit einer Handvoll HSV-Profis den Frust von der Seele. Nach dem Fehlstart mit nur einem Punkt und ohne Tor steht HSV-Coach heftig in der Kritik. Am Montag führte er beim Auslaufen das Feld der fünf Stammspieler an und arbeitete anschließend mit den Reservisten.
Den wartenden Fans und Journalisten wurde beschieden, dass sich beim kriselnden Traditionsclub am Tag nach der 0:2-Pleite bei Hannover 96 niemand zum Trainerthema äußern wird. Eine Krisensitzung zur Entscheidung pro oder kontra Slomka war kolportiert, aber nicht bestätigt worden.
Fest steht aber auch so: Slomka muss schnell die Kurve kriegen, sonst läuft für den letztjährigen HSV-Retter in der Hansestadt die Zeit ab. Der trotz Investitionen von rund 26 Millionen Euro erneute sportliche Absturz hat die Krise verschärft, die Zuversicht beim Trainer aber nicht. Auf die Frage, ob er gegen Bayern München am Sonnabend noch im Amt sei, antwortete Slomka: „Davon gehe ich ganz sicher aus.“
Beiersdorfer hält sich bedeckt
So ganz sicher kann sich der gelernte Mathematiklehrer aber nicht sein. Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer hüllte sich nach der verdienten Niederlage der radikal veränderten HSV-Mannschaft im Nordduell zunächst in Schweigen. „Ich sage nichts“, lautete sein vielsagender Kommentar am Sonntagabend. Slomka bestätigte nach dem Abpfiff eine Unterredung mit Beiersdorfer: „Wir hatten ein sehr gutes Gespräch über die Analyse des Spiels.“
Möglicherweise rettet die spezielle Spieltags-Konstellation Slomka vorerst den Job. Einem neuen Trainer gleich zum Auftakt die Bayern vorzusetzen, halten viele in Hamburg für keine gute Idee. Nach dem Heimspiel gegen den Meister muss der auswärtsschwache HSV in Mönchengladbach antreten. Bis dahin soll Slomka nun offenbar noch eine Schonfrist erhalten. „Wir brauchen Zeit und etwas Geduld. Ich weiß um die nächsten Gegner, aber auch gegen solche Mannschaften kann man punkten“, erklärte Slomka trotzig. Für eine Schonfrist spricht auch eine Aussage von Aufsichtsratschef Karl Gernandt. „Wir werden nicht in Panik verfallen, werden nicht handeln – das kann ich zu 120 Prozent garantieren“, sagte er am Sonntag Sky Sport News HD.
Tuchel als Nachfolger gehandelt
Als Nachfolgekandidat, wann auch immer, wird hartnäckig Thomas Tuchel gehandel. Der Ex-Mainzer wird aber auch immer wieder gern mit Schalke 04 in Verbindung gebracht. Ein Feuerwehrmann wie einst der alte Haudegen Huub Stevens hingegen ist ebensowenig ein Thema wie der noch unerfahrene Joe Zinnbauer, der mit der U23 in der Regionalliga Nord bislang alle acht Punktspiele gewonnen hat.
Eine Bestandsaufnahme der nackten Fakten in einer Krisensitzung könnte eher zu einem Trainerwechsel bei einem Club führen, der bereits in der vorigen Saison drei Trainer beschäftigte. Erst in der Relegation konnte der HSV den erstmaligen Abstieg aus der Bundesliga verhindern. Als einziges Team ist er in der neuen Saison nach drei Spieltagen noch ohne Tor. So eine Start-Flaute gab es für die Hanseaten in 51 Spielzeiten noch nie. Slomkas Auswärtsbilanz fällt mit 16 Pleiten und einem Unentschieden in den vergangenen 18 Monaten desaströs aus. Zuletzt holte er im April 2013 drei Punkte in der Fremde – damals noch in Diensten von Hannover 96.
Hannover mit perfekter Taktik
An alter Wirkungsstätte hatte der HSV-Coach seine Startelf auf sieben Positionen verändert. Beiersdorfer und einige Mitglieder des Aufsichtsrates forderten zuvor unverhohlen personelle Umstellungen von Slomka. So ersetzte der Tscheche Jaroslav Drobny im Tor den ehemaligen Nationaltorwart René Adler, und in der Offensive feierten die Nationalspieler Lewis Holtby und Nicolai Müller ihre Saisonpremieren.
Sieben auf einem Streich waren aber des Guten zu viel. Ehe sich die Hamburger zu einer halbwegs homogenen Einheit formiert hatten, lagen sie nach Toren von Leon Andreasen (13. Minute) und Artur Sobiech (24.) klar zurück. „Wir wussten, dass der HSV mit vielen neuen Spielern kommt. Deswegen wollten wir von der ersten Sekunde an Druck machen. Das haben wir konsequent umgesetzt“, analysierte 96-Trainer Tayfun Korkut. „Das war clever“, gab Kollege Slomka zu.