Der Schweizer Valon Behrami kommt vom SSC Neapel für 3,5 Millionen Euro Ablöse und soll das HSV-Spiel lenken. Im Laufe seiner Karriere hat sich der 29-Jährige vom Heißsporn zum Strategen gewandelt.

Stegersbach/Hamburg. Das Cover zeigt einen Löwen mit bösen Augen und fletschenden Zähnen. „Animal Ambition – An Untamed Desire to Win“ (animalischer Ehrgeiz – ein ungezähmter Wille zum Sieg), heißt das im Juni erschiene Werk von 50 Cent. Valon Behrami scheinen Musik und Text gut zu gefallen, er postete das Album des Gangsta-Rappers am Mittwoch auf seinem Twitter-Account, einen Tag, bevor sein Wechsel vom SSC Neapel nach Hamburg als perfekt gemeldet werden konnte.

Bereits am Donnerstagvormittag schwebte der 29-Jährige in der Hansestadt ein, um sich im UKE dem obligatorischen Medizincheck zu unterziehen. Der Schweizer Nationalspieler (52 Einsätze) wird beim HSV einen Vertrag bis 2017 unterzeichnen. Bereits am Freitag soll Behrami zusammen mit Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer und dem neuen Direktor Sport Bernhard Peters, der am 1. August seinen Dienst antritt, im Trainingslager in Stegersbach eintreffen.

Am Montag, wenn die Hamburger auf Akhisar Belediyespor treffen, dürfte der gebürtige Kosovo-Albaner sein HSV-Debüt feiern. Direkt nach dem 2:0 bei Sturm Graz hatte Trainer Mirko Slomka angekündigt, dass man gegen den türkischen Erstligaclub ein bisschen mehr sehen würde, was seine gewünschte Startformation zum Pflichtspielstart im DFB-Pokal bei Energie Cottbus (18. August) betrifft. Rückblickend eine weise Aussage.

Dass Behrami beim HSV unterschrieb, kann durchaus als eine kleine Sensation bezeichnet werden. Sein Marktwert laut Transfermarkt.de beträgt zwölf Millionen Euro, und neben Inter Mailand soll auch Atlético Madrid Interesse bekundet haben. So ist es wohl ausschließlich der langjährigen Verbindung Beiersdorfers zu dem Spieler zu verdanken, dass sich dieser für die Rothosen entschied, und zwar für eine im Vergleich eher geringe Gebühr. In den Verhandlungen konnte Beiersdorfer die Ablöse für den WM-Teilnehmer (vier Einsätze in Brasilien) auf 3,5 Millionen Euro drücken.

Sein Landsmann Johan Djourou ist fest davon überzeugt, dass Behrami dem HSV weiterhelfen kann: „Er ist hat viel Erfahrung, ist sehr passsicher – und ist immer heiß, sehr aggressiv in den Zweikämpfen. Einen wie ihn, der immer einhundert Prozent gibt, auch im Training, brauchen wir.“

Als Heißsporn, der häufig am Rande eines Platzverweises stand, galt er lange Zeit. Auch als „David Beckham der Schweiz“ wurde er aufgrund seines Aussehens inklusive extravaganter Frisur und üppiger Tätowierung mal tituliert. Doch Behrami sagt selbst über sich, dass er nicht mehr der Feuerkopf von früher ist, auch dank Ottmar Hitzfeld, der bis zur WM die Schweizer Nationalmannschaft betreute. „Er ist ein spezieller Trainer, der mich verändert hat“, sagte der Behrami kürzlich.

Hitzfeld habe seinem Spiel die nötige Portion Disziplin und Berechenbarkeit verpasst, schrieb die Neue Züricher Zeitung vor der WM-Endrunde in Brasilien, ohne ihm aber die Leidenschaft zu nehmen. Genau das verspricht sich der HSV von ihm in Zukunft. Im zentralen defensiven Mittelfeld soll er als Chefstratege das Spiel einleiten, direkt vor seinem guten Freund Djourou und hinter Rafael van der Vaart, sofern der Niederländer nicht noch verkauft wird.

Mit seinen 29 Jahren liegt Behrami, der als ausgesprochener Familienmensch gilt und eine Tochter hat, schon ein bewegtes Leben hinter sich. Im Alter von fünf Jahren musste er mit seinen Eltern im Bürgerkrieg des früheren Jugoslawien seinen Geburtsort Titova Mitrovica (heute Kosovska Mitrovica) im Kosovo verlassen und in der Schweiz Asyl suchen. Mehrmals drohte im italienischsprachigen Südtessin die Ausweisung, erst acht Jahre später wurde die endgültige Aufenthaltserlaubnis erteilt.

Nachdem der 1,84 Meter große und 71 Kilo schwere Behrami als Kind zunächst als Crossläufer einige regionale Leichtathletik-Titel gewinnen konnte, kam im Alter von 13 Jahren die Lust auf Fußball. Von da an ging es rasant. Über seinen Heimatclub FC Stabio ging es über Chiasso zum FC Lugano, wo er 2002 seine Pflichtspielpremiere feierte.

Nach seinem Wechsel zum CFC Genua (2003-04) und später Hellas Verona (2004-05) verpflichtete ihn Lazio Rom für eine Ablöse in Höhe von sechs Millionen Euro. Nach drei Jahren für West Ham United (2008-11) zog es ihn zurück nach Italien zum AC Florenz (2011-12). Seit 2012 spielte er für Neapel (acht Millionen Euro Ablöse) und gewann mit dem Club in der abgelaufenen Saison den Pokal.

Schon in den vergangenen Monaten, verriet Djourou am Donnerstag, sei aber bei Behrami der Wunsch gereift, einmal in der Bundesliga zu spielen. „Wir hatten häufig Kontakt, für ihn war der HSV immer ein großer Verein“, sagte der Verteidiger, „und er hat mir auch von den guten Kontakten zu Didi erzählt und gesagt: Wenn möglich, möchte ich zum HSV kommen.“

Mit Behrami verstärkt sich natürlich der Konkurrenzdruck in der Zentrale massiv. Ob Milan Badelj, der nach der Rückkehr von der WM seine Zukunft offen gelassen hatte, noch verkauft wird, ist ebenso ungewiss wie der Verbleib von Per Skjelbred (zuletzt an Hertha BSC Berlin ausgeliehen) und Tolgay Arslan, deren Verträge ebenfalls bis Juni 2015 laufen. Konkrete Angebote liegen dem HSV allerdings derzeit nicht vor.