Der Stürmer spricht nach seinem Transfer nach Hamburg erstmals über seine Verletzungen, die Zeit der Ungewissheit und seine Entscheidung für den HSV.
Foshan. Als Pierre-Michel Lasogga am Sonntagnachmittag Ortszeit (sechs Stunden Zeitverschiebung) in den Aufzug des Hilton-Foshan-Hotels stieg, sah er aus, als käme er direkt aus einem 60-minütigen Saunagang. Der alte und neue Torjäger des HSV hatte bei 35 Grad im Schatten und 50 Prozent Luftfeuchtigkeit eine (schweißtreibende) Trainingseinheit absolviert.
„Nach dem Duschen dauert das Nachschwitzen nicht wie sonst fünf oder zehn Minuten sondern gefühlt eine Stunde“, berichtete der 22-Jährige. Weit weniger anstrengend war es da, in der gut klimatisierten Lobby des vor vier Monaten eingeweihten 600-Betten-Hotels über seine Entscheidung für den HSV zu sprechen. Sein Vertrag läuft bis 2019, inklusive einer Ausstiegsklausel für eine Ablösesumme, die jenseits der 20-Millionen-Euro-Marke liegen soll.
Hamburger Abendblatt: Herr Lasogga, wie haben Sie die vergangenen Wochen mit Ihrer ungewissen Zukunft erlebt?
Pierre-Michel Lasogga: Es liegt eine extrem schwierige und anstrengende Zeit hinter mir. Es war immer ein Hin und Her, das von Medien im Grunde mit dem Tag der Ausleihe begann und nach dem letzten Relegationsspiel gegen Fürth seine Fortsetzung nahm. Deshalb bin ich wirklich froh, dass das nun ein Ende hat. Jetzt darf ich richtig loslegen.
Sie beschrieben direkt nach der Einigung Ihr Jawort für den HSV als „Bauchentscheidung“. Wie meinten Sie das?
Lasogga: Damit meine ich vor allem den Wohlfühlfaktor. Ich kam erstens mit der Mannschaft super klar, habe mir die Anerkennung erarbeitet. Außerdem habe ich gespürt, dass mich die Leute in Hamburg unbedingt haben wollten. Betonen möchte ich allerdings, dass ich mich auch in Berlin sehr wohl gefühlt habe und immer die Unterstützung der Leute und der Fans genossen habe. Ich habe nicht gesagt: Boah, dort kann ich gar nicht leben, schließlich ist das eigentlich mein Zuhause. Aber ich will einfach meinen Teil dazu beitragen, etwas Neues beim HSV aufzubauen.
Heißt konkret was?
Lasogga: Dort, wo sich der Club in der vergangenen Saison befand, gehört er einfach nicht hin, sondern in andere Regionen. Dorthin wollen wir uns Schritt für Schritt bewegen. Dass dies nicht innerhalb von zwei Wochen oder zwei Monaten gelingen kann, muss jedem klar sein. Man muss realistisch bleiben.
Wäre es ein Wunsch von Ihnen, dass die Menschen, die Sie zum HSV gelotst haben, noch länger beim Verein bleiben?
Lasogga: Die Leute, die zuletzt enorm in der Kritik standen, haben großen Anteil daran, dass ich hier unterschrieben habe. Damit meine ich den Vorsitzenden Carl Jarchow und Oliver Kreuzer. Auch Mirko Slomka hat sich häufig gemeldet. Die Leute haben mir unermüdlich den HSV in meinen Kopf eingeredet. Natürlich wäre es gut, wenn jeder noch mal eine Chance erhält.
Sie haben den HSV in stürmischen Zeiten erlebt. Haben Sie die Hoffnung, dass es ruhiger wird, der Sport im Vordergrund steht und Sie sich auf das konzentrieren können, was eigentlich wichtig ist?
Lasogga: Selbstverständlich ist es ein Wunschgedanke, dass es ruhiger wird. Man darf aber nicht vergessen, dass wir Spieler des HSV sind und in Hamburg leben. Wann wird es da mal ruhig?, muss man mal offen und ehrlich fragen.
Sie wollen den HSV nach vorn bringen. Was haben Sie sich denn persönlich vorgenommen für die kommenden Jahre?
Lasogga: Mich weiterzuentwickeln, konstant gute Leistung zu zeigen, mich stetig zu verbessern. Ein Grund, warum ich mich für den HSV entschieden habe, war auch, dass ich eine Mannschaft habe, die darauf zugeschnitten ist, einen Stürmer gut in Szene zu setzen.
Hoffen Sie, dass jetzt noch Verstärkungen kommen?
Lasogga: Absolut. Ich denke, der eine oder andere Spieler tut uns sicherlich noch gut. Ich glaube, daran wird gearbeitet. Abwarten.
Sie waren ganz nah dran an der WM-Teilnahme, haben sich dann verletzt. Wollen Sie perspektivisch wieder reinschnuppern bei der Nationalelf?
Lasogga: Mein Ziel kann doch nicht sein, nur reinzuschnuppern. Ich glaube auch, dass ich nah dran war. Jetzt will ich so gut spielen, dass ich nicht nur nah dran bin, sondern dabei.
Sie haben wieder volles Vertrauen in Ihren Körper?
Lasogga: Ja, absolut. Man hat sich halt geopfert in der vergangenen Saison, was oft auch mit größtem Risiko verbunden war. Wenn ich ehrlich bin, war es ab und zu auch zu groß. Jetzt, nach der langen Sommerpause, ist alles gut. Ist abgehakt, das Thema.
Abgehakt ist zunächst das Thema England. Newcastle United war sehr an Ihnen interessiert.
Lasogga: Mein Traum bleibt es auch, nach England zu gehen. Irgendwann.