Der HSV hat sein erstes von zwei Testspielen auf der Trainingslagerreise nach China deutlich mit 2:6 verloren. Die Hamburger hatten dem asiatischen Champions-League-Sieger nichts entgegenzusetzen.

Hamburg/Guangzhou. Der HSV hat im ersten von zwei Härtetests auf seiner Chinareise eine empfindliche Niederlage hinnehmen müssen. Beim asiatischen Champions-League-Sieger von 2013 Guangzhou Evergrande unterlag das Team von Trainer Mirko Slomka mit 2:6 (1:2). Tore für die Gäste erzielten Rafael van der Vaart (Handelfmeter) und Artjoms Rudnevs. Für die von Star-Trainer Marcello Lippi trainierten Gastgeber waren Rene dos Santos, Elkeson (2), der italienischer Nationalspieler Alessandro Diamanti und Gao Lin (2) erfolgreich.

Der HSV bestreitet in China das zweite Trainingslager in der Vorbereitung auf die neue Saison und trifft am Mittwoch auf Evergrandes Lokalrivalen R&F. Am kommenden Freitag kehren die Rothosen nach Hamburg zurück.

Bei großer Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit hatte der HSV Mühe, dem dreifachen chinesischen Meister Paroli zu bieten. Der für 8,5 Millionen Euro von Herta BSC verpflichtete Pierre-Michel Lasogga kam nicht zum Einsatz. Der 22 Jahre alte Torjäger hat nach dem Transfer am vergangenen Freitag erst einmal mit der Mannschaft trainiert.

Im zweiten Test am Mittwoch (19.30 Uhr) gegen den chinesischen Super-Liga-Dritten RF Guangzhou soll der in der vergangenen Saison lediglich ausgeliehene Stürmer spielen. Im Tor der Hamburger stand der 18-jährige Alexander Brunst-Zöllner. Stammkeeper René Adler absolviert derzeit Aufbautraining, Ersatzmann Jaroslav Drobny ist verletzt. Die Hamburger liefen mit eigens für die einwöchige China-Reise angefertigten Trikots auf. Die Namen der Profis waren in chinesischen Schriftzeichen aufgedruckt.

Der HSV lag bereits 2:0 (10. und 16. Minute) zurück ehe Kapitän Rafael van der Vaart in der 27. Minute per Handelfmeter für die Rothosen zumindest den Anschlusstreffer erzielte. In der zweiten Halbzeit fiel vor allem die Hamburger Abwehr immer wieder durch große Lücken auf. So wurde die Abwehrreihe mit einem simplen Doppelpass überwunden und Elkeson traf erneut, dieses Mal per Fallrückzieher. Nur fünf Minuten später traf dann Rückkehrer Artjoms Rudnevs per Kopf nach einer Ecke von Zoltan Stieber. Doch die Hoffnung, dass nun der HSV noch einmal aufholen könnte, machte Diamanti mit einem satten Fernschuss zum 2:4 zunichte. Es folgten in der 80. und 90. Minute noch zwei Tore durch Gao Lin zum 2:6 Endstand.

Neben den eklatanten Abwehrlücken, gab es aber auch positives zu sehen. Denn Kerem Demirbay überzeugte bei seinen Offensivaktionen. „Ich habe lange gewartet, habe Rückschläge hingenommen – jetzt bin ich da. Und ich suche meine Chance, um sie auch zu nutzen“, hatte Demirbay unmittelbar vor dem China-Trip gesagt. Auch Torschütze Artjom Rudnevs und Ivo Illicevic sorgten für Schwung. Ebenfalls mit guten Ansätzen: Derflinger und Jung. Mit beiden werde ich versuchen, nach der Rückkehr aus Asien zu sprechen und sie Euch hier vorzustellen.

Sportchef Oliver Kreuzer sagte dem Abendblatt zum wiedergenesenen Hakan Calhanoglu: „Da sieht man mal, wie schnell ein Genesungsprozess bei so einem Wechsel voranschreiten kann. Wir brauchen nicht lange um den heißen Brei herumreden: Das sagt doch alles.“ Calhanoglu soll am Montag mit dem Training in Leverkusen beginnen, obwohl er sich zum Trainingsstart der Hamburger am 18. Juni wegen mentaler Probleme für vier Wochen bis zum 15. Juli hatte krankschreiben lassen. Dass er jetzt früher zurückkehrt, sei laut Kreuzer „nicht gut für das Image des Jungen, aber auch nicht für das der Ärztin. Auf jeden Fall ist das kein gutes Vorbild, was Wechselabsichten betrifft. Wenn das ein anderer Spieler nachahmt, muss der jeweilige Verein entscheiden, was er macht. Wir waren davon ausgegangen, dass er wirklich gesundheitliche Probleme hat. Dass er so schnell gesund wird, hat einen faden Beigeschmack.“

Kreuzer glaubt auch, dass vor allem der Vater des Spielers ein kräftiges Wörtchen mitgesprochen hat: „Das ist nicht der Junge, auch nicht der Berater – das ist Papa-Mentalität. Ich habe einige Dinge gehört, die kamen nicht von dem Jungen, nicht vom Berater, die sind vom Papa.“

Dennoch sieht Oliver Kreuzer den Verkauf des Talents als richtig: „Ich war lange der Meinung, es knallhart durchzuziehen, vielleicht ein Exempel zu statuieren. Aber was bringt das am Ende für den Verein? Das wäre womöglich Kapitalvernichtung gewesen. Vielleicht lässt er sich noch länger krankschreiben, oder macht Dienst nach Vorschrift. Und am Ende verkaufen wir ihn vielleicht am 26. August für nur noch vier Millionen Euro. So haben wir auch hier Ruhe.“

Stimmen nach dem Spiel:

Abendblatt: Herr Slomka, wie fällt Ihr Fazit aus nach dem 2:6?

Mirko Slomka: „Es war eine echte Herausforderung. Wir haben bei schweren Bedingungen gegen eine der besten Mannschaften Asiens gespielt, die sehr ballsicher waren zudem schnell und gradlinig zum Tor gespielt haben. Sie haben uns vor Probleme gestellt, gerade defensiv, dort haben wir nicht besonders gut ausgesehen. Wenn man sechs Gegentore kassiert, muss man schon kritisch hinschauen.“

Dagegen hatte Ihre Defensive umso mehr Probleme.

Slomka: „Natürlich gab es Konzentrationsfehler, viele Abspielfehler vor den Toren von Evergrande, das müssen wir besser machen. Aber wir haben auch was probiert, eine andere Systematik mit dem 4-3-3 und neuen Regeln. Wir wollen schließlich flexibel sein, das ist sehr wichtig.“

Für die „Optik“ wären zwei, drei Tore schöner gewesen

Slomka: „Ja, ein 2:4 wäre okay gewesen, das wäre vom Spielverlauf gerecht gewesen. Wir hatten auch noch ein, zwei gute Chancen. Wir sind gut gelaufen, die Mannschaft war schon fleißig. Das gehört auch zurVorbereitung, an die Grenze zu gehen und zu sehen: Was schafft der Körper auch bei dieser extremen Hitze?“

Wie sieht der Plan für Montag aus?

Slomka: „Am Vormittag steht eine regenerative Einheit an, damit wir um 18 Uhr eine gute Qualitätseinheit absolvieren können.“

Für Oliver Kreuzer waren vor allem die einzelnen Fehler das Problem: „Das Ergebnis ist zwei, drei Tore zu hoch, man verliert nicht gerne 2:6. Wir hatten viele Leichtsinnsfehler im Spiel und Unkonzentriertheiten. Die ersten vier Tore haben wir mit dem Silbertablett aufgelegt.

Auch Tolgay Arslan analysierte das Spiel: „Das Wetter war unglaublich. Die Temperaturen waren extrem. Wir hatten schon gemerkt, dass wir den Flug hinter uns hatten, hatten Konzentrationsschwierigkeiten. Aber die ersten vier Dinger haben wir uns fast selbst eingeschenkt, zweimal individuelle Fehler, zweimal haben wir nicht nach vorne verteidigt. Der Gegner hat es klasse gemacht und vorne auch gute Individualisten, die den Unterschied gemacht haben.

Die waren einen Tick besser, aber nicht das, was das Ergebnis widerspiegelt. Wir hatten Probleme, weil die Chinesen frischer waren, agiler, haben ein hohes Pressing gespielt, damit sind wir nicht klargekommen.“