Laut einem Zeitungsbericht haben die Macher von HSVPlus schon vor der Verpflichtung Slomkas im Februar Gespräche mit Tuchel geführt. Der Ex-Trainer vom FSV Mainz 05 soll ein Faible für Hamburg haben.
Hamburg. Dietmar Beiersdorfer will beim HSV alles auf den Prüfstand stellen und macht sogar vor dem Trainerposten nicht halt. Zwar hält sich der 50-Jährige vor seinem offiziellen Amtsantritt als Vorstandsvorsitzender mit öffentlichen Aussagen zurück, dafür stellte der designierte Aufsichtsratsvorsitzende Karl Gernandt Trainer Mirko Slomka zumindest in Frage.
Nun kommt sogar heraus: Es gab schon Gespräche mit Wunschkandidat Thomas Tuchel, wie die Hamburger Morgenpost erfahren haben will. Bereits vor der Verpflichtung von Slomka im Februar sollen sich die Macher von HSVPlus mit dem Ex-Mainz-Trainer getroffen haben. Tuchel sei ein langjähriger Vertrag in Aussicht gestellt worden, um auf lange Sicht die Mannschaft zu entwickeln.
Der 40-Jährige hatte im Sommer trotz eines Vertrags bis 2015 überraschend sein Traineramt in Mainz niedergelegt. Wie die Hamburger Morgenpost weiter berichtet, soll Tuchel ein Faible für Hamburg haben und sich ein Engagement in der Hansestadt durchaus vorstellen können. Für ihn käme in Deutschland wohl nur der HSV oder VfB Stuttgart in Frage. Bei einer Verpflichtung Tuchels wäre allerdings eine Ablöse fällig.
Gernandt hatte im „kicker“ verdeutlicht, dass es Veränderungen geben muss. „Es gibt kein Brachial-Event, aber es muss Veränderungen geben. Wir machen kein Harakiri, aber die Dinge eben anders als in der Vergangenheit. Didi Beiersdorfer ist nicht zurückgekommen, um da weiterzumachen, wo andere aufgehört haben.“
Beiersdorfer plant Gespräch mit Slomka
So wird Beiersdorfer auch Coach Slomka überprüfen. „Bislang hat er sich noch nicht mit Herrn Slomka zusammengesetzt, aber sie werden sich jetzt austauschen. Wir werden uns anhören, was dabei herauskommt. Klar ist: Wenn es keine gemeinsamen Ziele gibt, müssen wir den Mut haben, Entscheidungen zu treffen“, sagte der Vertraute von Mäzen Klaus-Michael Kühne dem Fußball-Magazin.
Klar ist aber auch, dass nächsten Mittwoch Trainingsstart in Hamburg ist und Beiersdorfer keine neue Baustelle gebrauchen kann. Viel wichtiger ist der Kader, der dringend mit Qualität aufgestockt werden muss. So kann es auch gut sein, dass Sportdirektor Oliver Kreuzer weiter wirken darf. Ohnehin war der Draht zwischen Beiersdorfer und Kreuzer in den vergangenen Wochen eng.
Dass Kreuzer im Fall des zu Bayer Leverkusen abwanderungswilligen Hakan Calhanoglu durchaus Rückendeckung hat, verdeutlichte er nun: „Unsere Haltung ist kein Poker. Didi und ich sind uns einig, dass wir hier eine gute Mannschaft haben wollen – mit Hakan.“
Lasogga soll gehalten werden
Auch die Hoffnungen, Leihstürmer Pierre-Michel Lasogga doch noch dauerhaft von Hertha BSC loseisen zu können, sind wieder gewachsen. „Ich sehe nach wie vor eine gute Chance, dass Lasogga bleibt“, sagte Karl Gernandt. Er hat als der Intimus von Kühne natürlich ein exaktes Wissen über die künftigen finanziellen Möglichkeiten der Profiabteilung. 20 bis 25 Millionen Euro hat Kühne als Einlage/Finanzspritze signalisiert, ein Teil davon ist dafür vorgesehen, den Mittelstürmer in Hamburg zu halten. „Wir haben ihm signalisiert, dass wir ihn unbedingt halten möchten“, erklärte Gernandt auch. Dass diese Signale finanzieller Natur sind, versteht sich.
An Kapitän Rafael van der Vaart (3,5 Millionen Euro Gehalt) sollen nach Informationen der „Hamburger Morgenpost“ die Queens Park Rangers Interesse haben. Trainer Harry Redknapp arbeitete mit dem Holländer schon bei den Tottenham Hotspurs zusammen.
Auch bei Flügelflitzer Marcell Jansen ist die Zukunft völlig offen. Sollte der HSV im Buhlen um den Augsburger Linksverteidiger Matthias Ostrzolek am Ende die Nase vorne haben, könnte ein Verkauf des 28-Jährigen (Vertrag bis 2015, Ausstiegsklausel: fünf Millionen Euro) wichtiges Geld in die klammen Vereinskassen spülen. Immerhin plagen den Klub rund 100 Millionen Euro Verbindlichkeiten.
Bisher ist der klamme HSV ganz auf die Millionen von Gönner Kühne angewiesen. Beiersdorfer ist es zwar gewohnt, mit mächtigen Mäzenen umzugehen. Doch wie bei Redbull, als Besitzer Dietrich Mateschitz ihn als Sportdirektor zuletzt immer kritischer sah, kann die zu große Abhängigkeit von einem Mann gefährlich werden. Schon im Sommer brachte Kühne beim HSV große Unruhe hinein, als er unbedingt Felix Magath inthronisieren wollte. Will der HSV unabhängig von einzelnen Personen bleiben, muss die neue Fußball AG dringend weitere Geldgeber ins Boot holen.
Zurzeit weiß keiner so recht, wie das HSV-Gesicht der kommenden Saison aussehen wird. Und endgültige Entscheidungen wird es wohl erst Anfang Juli geben. Dann soll die HSV-Fußball-AG ins Handelsregister aufgenommen worden sein - und die Zukunft des neuen HSV mit Beiersdorfer offiziell beginnen.
Beiersdorfer hatte hat am Mittwoch einen Vertrag als Klubboss unterzeichnet. "Das ist für mich ein ganz besonderer und emotionaler Tag. Ich bin stolz und glücklich, die Neuaufstellung des HSV mitgestalten zu können", sagte der 50-Jährige, nachdem er seine Unterschrift geleistet hatte. Es soll sich dabei um einen Kontrakt bis 2017 handeln, der Verein sprach lediglich von einem "langjährigen Vertrag." In zähen Gesprächen mit seinem bisherigen Arbeitgeber Zenit St. Petersburg hatte Beiersdorfer in den vergangenen Tagen in der russischen Metropole seine vorzeitige Freigabe ausgehandelt.