HSVPlus-Initiator Otto Rieckhoff äußert sich im Abendblatt über Investoren, sein Schattenkabinett, die Lizenz und die Förderung des Nachwuchsbereichs.
Hamburg. Wenn man Otto Rieckhoff dieser Tage anruft, dann meldet sich der frühere Aufsichtsratschef des HSV schon mal gerne mit „Hallo, Rieckhoff, HSVPlus“. Auch während des Interviews im Café Gloria im Schanzenviertel klingelt Rieckhoffs Telefon permanent. „Es gibt noch viel zu tun“, sagt der Initiator von HSVPlus – und legt sein Mobiltelefon nur kurz zur Seite.
Hamburger Abendblatt: Herr Rieckhoff, darf man Sie mit gutem Gewissen nach der Mitgliederversammlung am 25. Mai einen HSVPlus-Rentner nennen?
Otto Rieckhoff: Einen Rentner sollten Sie mich guten Gewissens nicht nennen, aber wenn die Frage darauf abzielen sollte, ob ich nach dem 25. Mai für ein Amt zur Verfügung stehe, dann kann ich Sie beruhigen: Ich stehe dann nicht mehr zur Verfügung.
Am Mittwoch soll das Schattenkabinett für den neuen Aufsichtsrat der AG bekannt gegeben werden. Darf man sich neben Thomas von Heesen und Kühnes Vertrauten Karl Gernandt auf Überraschungen mit Knalleffekt gefasst machen?
Rieckhoff: Sie werden von mir keine Namen hören. Nur so viel: Wir haben eine wunderbare Mischung aus Fußball-, Wirtschafts- und Medienkompetenz.
Trotzdem müssen Sie uns eine Nachfrage gestatten: Hat es nicht ein Geschmäckle, wenn Kühnes Vertrauter Gernandt im Aufsichtrat die angestrebten Verhandlungen mit Kühne über seinen Einstieg als Investor kontrollieren soll?
Rieckhoff: Ich werde den Namen nicht kommentieren, aber wir haben ja immer gesagt, dass mögliche strategische Partner ein Vertretungsrecht im Aufsichtsrat haben müssten. Und eines noch zu Herrn Gernandt: Er hat ein unglaubliches Netzwerk in der deutschen Wirtschaft. Er könnte, wenn er denn tatsächlich Teil des Aufsichtsrats werden sollte, die Türen zu weiteren Partnern aufstoßen.
Werden Sie am 25. Mai weitere Investoren nennen können?
Rieckhoff: Nein, und das haben wir auch niemals in Aussicht gestellt. Wir haben lediglich betont, dass wir die Möglichkeit für strategische Partner schaffen wollen. Das ist im Übrigen auch Sache der neuen Führung. Lediglich Herr Kühne hat bislang öffentlich erklärt, dass er den HSV finanziell unterstützen würde, wenn HSVPlus eine entsprechende Mehrheit bekommt. Unser und sein Wunsch bleibt es aber, dass sich neben ihm noch drei oder vier andere strategische Partner finden lassen. Die sportliche Situation hat unsere Gesprächsgrundlage allerdings nicht gerade verbessert. Mögliche Partner sind im Abstiegskampf vorsichtig geworden.
Vermarkter Sportfive wird immer wieder als potenzieller Investor genannt.
Rieckhoff: Das kann ich mir eher weniger vorstellen. Eine Finanzspritze von Sportfive wäre doch auch nichts anderes als ein Darlehen, das wir wieder zurückzahlen müssten.
Besteht denn die Möglichkeit, dass zumindest Kühne schon in der kommenden Saison finanziell helfen könnte?
Rieckhoff: Ich habe das Gefühl, dass er das machen wird. Kühne würde schon in diesem Sommer helfen, sofern die Ausgliederung am 25. Mai tatsächlich beschlossen wird. Ob er dann schon als strategischer Partner Anteile kauft oder dem HSV finanziell in anderer Form unter die Arme greift, muss man mal abwarten. Aus meinen zahlreichen Gesprächen mit Herrn Kühne weiß ich nur eines: Er hat ein großes HSV-Herz. Und wenn es hart auf hart kommt, dann kann man sich auf ihn verlassen.
Viel mehr hart auf hart kann es doch gar nicht mehr kommen. Auch DFL-Präsident Reinhard Rauball sagt, dass der HSV die Lizenz keinesfalls sicher hat.
Rieckhoff: Das hat er offenbar so gar nicht gesagt. Ich habe aber verstanden, dass er uns zu einer Ausgliederung rät. Eines ist sicher: Sollte HSVPlus nicht die benötigte Mehrheit bekommen, dann sehe ich tatsächlich schwarz.
Nach unseren Informationen muss der HSV mit der Auflage rechnen, in der kommenden Saison mindestens zehn Millionen durch Verkäufe einzunehmen.
Rieckhoff: Das habe ich auch gehört. Umso mehr brauchen wir Ideen, um zu verhindern, dass wieder Leistungsträger verkauft werden müssen. Das kann nicht der Weg des HSV sein.
Trotzdem kritisieren die Gegner von HSVPlus um Jürgen Hunke weiter massiv, dass Mitglieder nach einer Ausgliederung kaum Mitspracherecht hätten...
Rieckhoff: ...und das stimmt ganz einfach nicht. Das ist nicht mehr und nicht weniger als böswillige Propaganda. Ohnehin versuchen die HSVPlus-Gegner doch nur, mit 25,1 Prozent die Ausgliederung zu verhindern. Derartiges finde ich, das muss ich so deutlich sagen, nur noch peinlich und destruktiv. Und nur mal am Rande erwähnt: Frau Merkel wurde doch auch nicht direkt gewählt.
Von der Nummer eins Deutschlands zur Nummer eins des HSV: Wann sagt man Carl Jarchow, dass es im künftigen AG-Vorstand keinen Platz mehr für ihn gibt?
Rieckhoff: Diese Frage kann und werde ich genauso wenig kommentieren wie die Fragen nach dem Aufsichtsrat.
Dann kommen wir noch mal auf den Verein zu sprechen: Der e. V. soll künftig durch die Mitgliederbeiträge finanziert werden. Das scheint uns schon deshalb kurios, weil doch die meisten passiven Mitglieder die Profifußballer und eben nicht die Tischtennisabteilung unterstützen wollen. Aber viel wichtiger: Sehen Sie nicht die Gefahr, dass der e. V. massive finanzielle Probleme bekommen könnte, wenn es einen spürbaren Mitgliederrückgang geben würde?
Rieckhoff: Auch jetzt wird der gemeinnützige Bereich durch Mitgliederbeiträge finanziert. Warum sollen die Mitgliederzahlen nicht stabil bleiben?
Dann erlauben Sie uns die Nachfrage: Warum gibt es seitens der AG keine temporäre Bestandsgarantie für den Verein?
Rieckhoff: Weil das nicht notwendig ist. Schon immer wurden die Amateurabteilungen durch unsere Mitgliederbeiträge bezahlt – und daran ändert sich auch nichts. Ich glaube im Übrigen auch nicht, dass viele Leute austreten. Die Planbarkeit des e. V. wird durch HSVPlus massiv erhöht.
Bleiben wir beim e. V.: Wie wollen Sie sicherstellen, dass künftig genügend Geld für die Jugendtrainer der U15-, U14- und U13-Mannschaft zur Verfügung stehen, die ja laut Ausgliederungsprospekt nicht der AG unterstellt sind?
Rieckhoff: Wir müssen den Nachwuchsbereich überarbeiten und ganz neu aufstellen. Leider wurde unsere Nachwuchsabteilung seit Jahren sehr stiefmütterlich behandelt. Das kann so nicht weitergehen. Auch Dortmund musste nach seiner Fast-Insolvenz völlig auf den Nachwuchs setzen. Eine ähnliche Situation haben wir jetzt beim HSV.
Gibt es neben dem Aufsichtsrats-Schattenkabinett auch schon einen designierten neuen Nachwuchschef?
Rieckhoff: Mit Sicherheit wird man sich auch in diesem Bereich Gedanken machen. Im Nachwuchs war ja in den vergangenen Jahren keine erfolgreiche Arbeit zu erkennen.
Muss man die Fans darauf vorbereiten, dass es selbst mit HSVPlus ein langer Weg zurück in die Spitze wird?
Rieckhoff: Wir haben immer gesagt, dass es drei Jahre oder noch länger dauern kann. Wichtig ist nur, dass es langsam, aber sicher nach oben geht. Ohne HSVPlus gibt es aber nur eine Richtung: steil nach unten.