Bereits nach dem Sieg gegen Leverkusen musste Hyypiä gehen. Bei einem weiteren HSV-Sieg könnte es in Hannover zur nächsten Trainerentlassung kommen. Dort kocht die Stimmung derzeit über.

Hannover/Hamburg. Das Niedersachsenderby vergeigt, das Nordderby als ganz persönliches Endspiel: Ausgerechnet Vorgänger Mirko Slomka könnte als Coach des HSV die noch kurze Karriere von Tayfun Korkut als Bundesligatrainer von Hannover 96 rasch beenden. Eine weitere Schlappe gegen den HSV nach der 0:3 (0:2)-Niederlage am Sonntag beim Tabellenletzten Eintracht Braunschweig wäre für den 40-Jährigen wohl schon eine Pleite zuviel.

Zu nahe stehen die „Roten“ am Bundesliga-Abgrund, zu aufgeheizt ist die Stimmung rund um die WM-Arena am Maschsee. Mehr als 1000 96-Fans hatten ihre Mannschaft dort am Sonntag mit Flaschenwürfen, Böllern und wüsten Beschimpfungen empfangen. Am Montag wurde aus Sicherheitsgründen bereits im Stadion statt auf dem Übungsgelände trainiert.

Doch eine Chance, das Ruder herumzureißen soll Korkut am Sonnabend (15.30 Uhr im Liveticker bei abendblatt.de) noch bekommen. „Wir müssen alle zusammenhalten, wir brauchen jetzt eine Wagenburg-Mentalität“, sagte 96-Sportdirektor Dirk Dufner fast beschwörend, ehe er sich mit Korkut und Präsident Martin Kind zu einem nachmittäglichen Krisengipfel zurückzog.

Obwohl Korkut bei den aufgebrachten Anhängern trotz Megafons am Sonntag kaum Gehör fand, gab sich der Coach optimistisch: „Wir haben mit den Fans kommuniziert, das war wichtig. Jetzt sind wir in der Bringschuld, haben aber die Chance, uns gegen den HSV zu befreien.“ Bei einer Niederlage allerdings müssten die Niedersachsen den Nordrivalen in der Tabelle bereits an sich vorbeiziehen lassen.

Aber auch ein Sieg gegen die ebenfalls abstiegsbedrohten Hamburger wäre laut Korkut nur der erste Schritt auf einem langen Weg. „Drei Punkte aus diesem Spiel allein werden nicht alles wieder geradebiegen. Wir haben unseren Teil zu dieser schwierigen Situation beigetragen, jetzt sind wir voll gefordert“, äußerte der Fußballlehrer.

Während die Gäste die Angst vor der Zweitklassigkeit auf dem Spielfeld geradezu lähmte, fühlen sich die Braunschweiger im Kampf um den Klassenerhalt als bissiger Herausforderer wie wohl selten in dieser Saison. „Wir werden bis zum letzten Atemzug kämpfen und das Optimum herausholen“, sagte Abwehrchef Ermin Bicakcic, der trotz geschienten Mittelhandbruchs aus 82 Prozent seiner Zweikämpfe als Siegers hervorging und damit kraftvoll ein Zeichen setzte.

Der Bosnier räumte hinten auf, vorne nutzten Domi Kumbela (14.), Havard Nielsen (21.) und Jan Hochscheidt (89.) ihre Torchancen konsequent zum höchsten Saisonsieg. Für Eintracht-Trainer Torsten Lieberknecht war das Ergebnis nicht einmal eine Überraschung: „Alle anderen Mannschaften da unten haben viel mehr Existenzangst. Und Ängste können ja bekanntlich lähmen.“

Wie gelähmt waren zumindest direkt nach der einseitigen Begegnung die mitgereisten 96-Fans. Was den Vorteil hatte, dass zumindest rund um das mit 22.867 Zuschauern ausverkaufte Eintracht-Stadion die befürchteten Ausschreitungen ausblieben. „Wir hatten die Lage stets unter Kontrolle“ sagte ein Polizeisprecher. Der Aufwand war allerdings immens: 3300 Beamte sicherten die 120. Auflage des ältesten deutschen Fußball-Derbys.