Der angeschlagene Stürmer will trotz Problemen am Oberschenkel am Sonnabend gegen Hertha BSC auflaufen. Auf seinen Stammverein wird Lasogga keine Rücksicht nehmen, sondern für Bert van Marwijk alles geben.

Hamburg. HSV-Stürmer Pierre-Michel Lasogga will trotz Oberschenkelproblemen unbedingt gegen seinen Stammverein Hertha BSC am Sonnabend (18.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) auflaufen und seinem Trainer Bert van Marwijk im Abstiegskampf Luft verschaffen. „Er hat mir geholfen und immer auch mich gesetzt. Es ist gerade nicht leicht für ihn“, sagte Lasogga der Bild-Zeitung: „Jetzt will ich ihm helfen, da unten schnell raus zu kommen.“

Lasogga, der noch bis Saisonende von den Berlinern an den HSV ausgeliehen ist, will keine Rücksicht auf seine Ex-Kollegen nehmen. „Der HSV steht auf Platz 17 und braucht die Punkte viel dringender. Dieses Spiel ist enorm wichtig“, sagte Lasogga, mit neun Toren Hamburgs gefährlichster Stürmer in dieser Saison: „Auch um Ruhe rein zu bekommen. Die drei Punkte müssen in Hamburg bleiben.“

Der HSV hat die letzten fünf Spiele verloren und war nach dem Debakel bei 1899 Hoffenheim (0:3) vergangene Woche auf den vorletzten Tabellenplatz abgestürzt. Trotzdem hatte Vorstands-Chef Carl Jarchow van Marwijk auch im Falle einer weiteren Niederlage gegen Hertha eine Jobgarantie ausgesprochen. Sechs Pleiten in Serie hat es für den HSV in der Bundesliga noch nie gegeben.

Van Marwijks Kampf an allen Fronten

Van Marwijk ist seit knapp 32 Jahren Trainer, aber so viel wie derzeit hatte er noch nie um die Ohren. Der kriselnde HSV sei seine „schwierigste Aufgabe“, gestand er in diesen Tagen. Nicht bei Fortuna Sittard, nicht bei Feyenoord Rotterdam, nicht bei Borussia Dortmund und schon gar nicht als Bondscoach der niederländischen Nationalmannschaft war ihm so viel Pein wie in Hamburg widerfahren: fünf Niederlagen in Serie, zwei 0:3-Pleiten zum Rückrundenauftakt, Absturz auf den vorletzten Tabellenplatz, Abstiegsangst. Obendrein wird seine Mannschaft mit 44 Gegentoren als Schießbude der Liga verhöhnt. Selten zuvor grassierte in der Hansestadt und dem sympathisierenden Umland derart tiefes Entsetzen.

Van Marwijk ist der festen Überzeugung, mit dem HSV aus dem Loch herauszukommen. Die Mannschaft werde am Sonnabend „alles, aber auch alles“ für drei Punkte gegen Hertha BSC tun, verkündete der 61 Jahre alte Coach kämpferisch. In den vergangenen Tagen musste er Aufbauhilfe bei seinen verunsicherten Kickern leisten, ihnen wiederholt erfolgreiche Abwehrarbeit erklären, sich für Kurzaufenthalte in der Heimat entschuldigen, Sonderschichten nach Kritik am überschaubaren Trainingspensum ausrufen und auch noch Attacken gegen sich abwehren.

„Ihr steigt ab, ich nicht!“, soll er laut „Sport Bild“ zu seinen Profis gesagt haben. Das wurde als Verhöhnung interpretiert. „Das hat mich tagelang verfolgt“, meinte der Niederländer und gestand damit Verletzlichkeit ein. Man möge „bitte die Wahrheit schreiben und keinen Unsinn. Ich habe gesagt: Ich steige nicht ab mit euch.“

Jetzt versucht der Trainer, seinen Mannen Aggressivität beizubringen. „Die Mannschaft ist eigentlich zu lieb“, bekennt van Marwijk. „Mannschaften, die zu lieb zueinander sind, die verlieren am Ende.“ Soll heißen: Jeder darf dem Nebenmann ruhig mal die Leviten lesen. Zu viel will er seinen Profis aber nicht ins Gewissen reden. „Wenn wir jeden Tag über persönliche Fehler reden, setzt sich das in den Köpfen der Spieler fest.“

Die Situation ist fatal. „Keiner glaubt mehr an uns“, meint Kapitän Rafael van der Vaart. Aus der Weltuntergangsstimmung rund um den Volkspark versucht das Team Kraft zu ziehen. „Wir sind näher zusammengekommen“, berichtet van der Vaart nach diversen Gesprächsrunden und einem Mannschaftsabend. Die Profis wollen nunmehr „füreinander durchs Feuer“ gehen. „Das habe ich lange Zeit nicht gesehen“, beschreibt der Niederländer die neue Trotzhaltung und den unbedingten Willen seiner Nebenleute.

Gegen Hertha wollen sich die Hamburger zerreißen. „Mein Gefühl ist gut“, meint der Kapitän. Der Mittelfeldakteur, der an guten Tagen eine Mannschaft im Alleingang zum Sieg führen kann, ist seit Wochen blass wie seine Nebenleute. Über die Rolle als Führungsspieler möchte er nicht parlieren. „Das wird oft überbewertet. Wenn ich zwei Tore schieße, bin ich ein Führungsspieler. Wenn ich schlecht spiele, bin ich keiner.“ Derzeit ist er keiner.