Der leblose und erschreckende Auftritt des HSV gegen die TSG Hoffenheim lässt die Alarmglocken schrillen. So kann es nicht weitergehen! Doch Trainer van Marwijk und Sportdirektor Kreuzer scheinen ratlos.

Hamburg. Es fehlte einfach an allen Enden beim HSV. Wüste Beschimpfungen und das übliche „Wir haben die Schnauze voll“ schlug den Hamburger Profis nach dem 0:3 (0:2) bei 1899 Hoffenheim aus dem Block der mitgereisten Fans entgegen. Nach dem nächsten Debakel in dieser immer bedrohlicher wirkenden Saison trauten sich die Spieler kaum noch vor die Kurve.

Mit einer erschreckend schwachen Darbietung ergab sich der HSV fast wehrlos und verlor am Sonnabend nicht nur gegen einen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf, sondern kassierte durch die Tore von Roberto Firmino (4. Minute), Niklas Süle (44.) und Andreas Beck (61.) auch die fünfte Niederlage nacheinander. Eine solche Negativserie hatte der letzte, bislang noch nie abgestiegene Dino der Fußball-Bundesliga zuletzt in der Saison 1970/71 erlebt. Durch den 2:1-Auswärtssieg des 1. FC Nürnberg bei Hertha BSC, wurde der HSV nun sogar auf einen direkten Abstiegsplatz durchgereicht.

Besonders in der Kritik steht dabei Trainer Bert van Marwijk, der es zum wiederholten Male nicht geschafft hat, seinen Spielern Mut, Spielfreude oder zumindest Kampfgeist einzuimpfen. Doch noch zeigt sich der Holländer positiv: „Ich bin kein Typ, der aufgibt“, sagte er nach dem Spiel. „Ich habe mir noch keine Gedanken gemacht über meinen Job und werde das auch nicht machen. Es gibt jetzt nur eine Aufgabe: Alle zusammenhalten und das nächste Spiel gewinnen!“ Einen wirklichen Lösungsansatz konnte der Fußball-Lehrer nach Spielschluss aber nicht präsentieren. Dabei sind besondere Maßnahmen gefragt, denn mit „business as usual“ wird er das Ruder wohl nicht herumreißen können.

Doch der Trainer steht nun am Wochenende eben nicht selbst auf dem Platz. HSV-Kapitän Rafael van der Vaart verteidigte seinen Landsmann deshalb ausdrücklich. „Wir stehen in der Kritik, wir spielen katastrophal. Da kann der Trainer nichts für“, sagte der Spielmacher und vermeintliche Leistungsträger beim Pay-TV-Sender „Sky“. Seiner Meinung nach müsse van Marwijk nur für die Fehler in der Vereinspolitik der vergangenen Jahre büßen. „Es sind so viele Trainer über die Jahre hier beim HSV gewesen“, meinte er. „Sein System verstehen wir. Am Ende des Tages fehlt die Qualität.“

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Indirekt richtet er seine Kritik damit auch an Sportdirektor Oliver Kreuzer, der für die Qualität des Kaders entscheidend verantwortlich ist. Und Kreuzer übt sich weiter in Durchhalteparolen, weiß aber um die Lage: „Die Situation ist prekär und wird durch das Ergebnis heute nicht besser. Wir sind richtig dick im Abstiegskampf drin. Aber aufgeben werden wir nicht.“ Kritik an Trainer van Marwijk wischt er direkt vom Tisch und sieht die Probleme an anderer Stelle: „Ständig immer alles auf den Trainer zu schieben – das hat man in den letzten Jahren immer gemacht. Immer war der Trainer schuld, immer wieder ist man auf die Trainer los. Ich habe gesagt: Das ist der richtige Trainer für diesen Verein. Da muss man andere Dinge hinterfragen.“ Aber ist Kreuzer auch der richtige Sportdirektor für diesen Verein? Vorzuweisen hat er bislang nichts. Auch die beiden Winter-Neuzugänge Ola John und Quasim Bouy gingen in Hoffenheim mit unter.

In der kommenden Woche spielt der HSV nun nicht nur gegen die Hertha und den Abstieg, sondern auch gegen den vereinsinternen Frust, der nach dem Spiel förmlich aus Rafael van der Vaart heraussprudelte: „Ich kann es nicht mehr sehen“, schimpfte der Kapitän, „wir geben alles, aber es geht nicht. So macht Fußball keinen Spaß. Diese Saison ist eine Katastrophe.“ Zumindest wachgerüttelt sollten die HSV-Stars nach dem erneuten Debakel sein, bei jedem sollte der Ernst der Lage angekommen sein.

Ein besorgniserregendes Bild bescheinigte auch Rekordnationalspieler Lothar Matthäus, jetzt bei „Sky“ als Experte aktiv, dem Hamburger Vorzeigeklub: „Der HSV gehört in die Bundesliga. Wir reden immer vom Dino. Aber wie sie sich ergeben, die Körpersprache, das Meckern untereinander. Sie müssen wahnsinnig was ändern, um da hinten rauszukommen. Man hat eine Mitgliederversammlung gehabt, um die Zukunft zu regeln. Erstmal sollte man die Gegenwart in Griff bekommen.“ Damit trifft er den Nagel auf den Kopf.