Kapitän Rafael van der Vaart spricht im Trainingslager über Übergewicht, seine Ziele mit dem HSV und die WM 2014. „Ich fühle mich jung und frisch“, sagt der Niederländer.
Mayrhofen/Hippach. Gegen die Zillertal-Auswahl durfte er am Montag noch pausieren. Beim 2:0 gegen den österreichischen Zweitliga-Aufsteiger FC Liefering, das Nachwuchsteam von Red Bull Salzburg, stand Rafael van der Vaart, 30, am Dienstag das erste Mal auf dem Platz – und traf nach vier Minuten. Vor dem Spiel sprach der Kapitän über die vergangene und die neue Saison.
Hamburger Abendblatt: Herr van der Vaart, beim Trainingsauftakt gab es Schlagzeilen wegen Ihres Übergewichts...
Rafael van der Vaart: Ich war ja selbst schuld, weil ich ehrlich war und zugab, dass ich meinen Urlaub genossen hatte. Auch in Holland wurde das Thema großgespielt. Da dachte ich schon: Puuh, das nächste Mal bin ich lieber nicht so ehrlich. Dabei sind die zwei, drei Kilo längst wieder weg. Ich fühle mich gut.
Was heißt „genossen“ für Sie?
Van der Vaart: Nicht so viel Training. Am Strand liegen, ohne Pulsuhr.
Hatten Sie keine mitbekommen von den HSV-Betreuern für die Läufe?
Van der Vaart: Ich habe nicht danach gefragt... Aber im Ernst: Für mich war es wichtig, einmal komplett abzuschalten, den Kopf freizubekommen. Hinter mir liegt ein schweres Jahr.
Sie sind seit 13 Jahren Profi. Inwieweit machen sich die hohen Belastungen inzwischen bemerkbar?
Van der Vaart: Das mag jetzt etwas komisch klingen, aber ich denke, dass ich immer fitter werde. In den vergangenen Jahren bin ich von Verletzungen weitestgehend verschont geblieben, habe viel trainiert und gespielt. Im Grunde geht es mir hervorragend. Woran ich merke, dass ich 30 bin, ist allerdings, dass ich nach Belastungen langsamer regeneriere.
Was haben Sie sich für die neue Saison vorgenommen?
Van der Vaart: Dass wir als Mannschaft die Europa League erreichen wollen, ist ja bekannt. Ich persönlich habe einfach das Ziel, wichtig für die Mannschaft zu sein, und möchte gerne mehr Tore erzielen. Allerdings bin ich ja keine 22 Jahre mehr, um noch mal an mein Alter zu erinnern, und außerdem Kapitän der Mannschaft. Wenn wir am Ende Sechster werden und ich nur fünf Tore erzielt habe, ist es auch sehr gut.
Dabei stehen die Chancen für mehr Tore ja nicht schlecht. Trainer Thorsten Fink hat angekündigt, Sie weiter vorne spielen lassen zu wollen.
Van der Vaart: Natürlich spiele ich am liebsten hinter den Spitzen. In der vergangenen Saison war die Situation eine andere, das Team war verunsichert, da musste ich oft versuchen, beim Spielaufbau mitzuhelfen. Ich hoffe, in dieser Runde ist das nicht notwendig und ich kann vor dem Tor gefährlicher werden.
Der Vorsitzende Carl Jarchow meinte jetzt im Zillertal, dass Sie in der zweiten Saisonhälfte nicht Ihr wahres Leistungsvermögen gezeigt haben. Wie sehen Sie rückwirkend Ihre Darbietungen?
Van der Vaart: Selbstverständlich muss es immer der Anspruch eines Spielers sein, besser zu spielen, und ich weiß selbst, dass es noch besser geht und ich beispielsweise noch mehr wichtige Tore erzielen kann. Aber unterm Strich bin ich schon der Meinung, dass es ein gutes Jahr war. Sie dürfen nicht vergessen: Bevor ich kam, wäre Platz sieben für den HSV ein Traum gewesen.
Was macht Sie denn zuversichtlich, dass der HSV jetzt besser abschneidet?
Van der Vaart: Ich sehe tatsächlich die Chance, mehr zu erreichen. Was uns zuletzt fehlte war Konstanz. Mit einem Spieler wie Djourou, den ich aus England kenne, haben wir mehr Qualität in der Mannschaft. Er ist groß, schnell, fußballerisch stark und im Aufbauspiel einer der Besten. Dass der Großteil der Mannschaft jetzt schon zusammen ist, empfinde ich als weiteren Pluspunkt. Ich kam in der vergangenen Saison auch erst Ende August.
Auf der anderen Seite ist nur Dortmund später als der HSV in die Vorbereitung eingestiegen. Reicht das?
Van der Vaart: Wichtig ist, genügend Freundschaftsspiele absolvieren zu können bis zum Start. Das ist gegeben. Bei einer zu langen Vorbereitung könnte man müde werden. Ich empfinde den Zeitplan als genau richtig.
Ihnen winkt am Ende der Saison ein besonderer Preis mit der WM in Brasilien.
Van der Vaart: Es wäre ein Traum für mich, bei diesem Turnier dabei zu sein. Umso wichtiger ist es für mich, viel und gut zu spielen. Dann bekommt jeder Profi bei Louis van Gaal seine Chance. Umgekehrt ist auch ganz klar: Bist du nicht total fit, nimmt er dich nicht mit. Das hat er uns auch direkt so gesagt.
Bei der WM 2010 in Südafrika haben die Niederlande das Endspiel gegen Spanien mit 0:1 nach Verlängerung verloren...
Van der Vaart: Wenn ich daran denke, tut es immer noch sehr weh. Wir waren so nah dran. Bekämen wir wieder die Chance, wäre das wirklich ein schöner Nachtisch.
Sie haben jetzt 105 Länderspiele, Edwin van der Sar ist mit 130 Einsätzen Rekordspieler der Niederlande...
Van der Vaart: ...und ich fühle mich jung und frisch. Ich möchte so lange wie möglich spielen. Und dann mal schauen.