Der Südkoreaner schießt beim 2:0-Sieg beim FC Augsburg sein fünftes Saisontor für den HSV. Arnesen will Son lange halten.

Augsburg/Hamburg. Noch in der Kabine hatte Heung-Min Son einen weiteren Geistesblitz. „Wir werden die Tabelle mit dem Handy abfotografieren. Und dann habe ich ein schönes neues Hintergrundbild“, sagte der Südkoreaner in der späten Freitagnacht grinsend. Durch das von Sons fünftem Saisontreffer eingeleitete 2:0 (1:0) beim FC Augsburg kletterte der Hamburger SV zu Beginn des Spieltags zumindest für eine Nacht von Platz zehn auf vier. Auch wenn vom europäischen Geschäft offiziell weiter niemand reden will: Wie schön es ist, weit oben zu stehen, weiß in Hamburg nun jeder.

„So geht man doch gerne ins Wochenende“, sagte Frank Arnesen zufrieden. Wie die 30.660 Zuschauer in der herbstlich kalten Augsburger Arena hatte der Hamburger Sportchef zwei Halbzeiten seiner Mannschaft gesehen. Passivität und ein glückliches Tor in den ersten 45, einen kämpfenden und souveränen HSV in den zweiten 45 Minuten. „Ich war selber verwundert. Früher haben wir solche Spiele verloren, heute haben wir das 2:0 nachgelegt“, sagte Verteidiger Marcel Jansen. Die Fans sangen noch Minuten nach Abpfiff lauthals vom „Europopokaaal“. Hamburg ist zurück im Geschäft – und sinnbildlich für den „neuen“ HSV steht Son.

„Der kann schon ganz gut kicken“, sagte Rafael van der Vaart, Vorbereiter des zweiten Treffers durch Artjoms Rudnevs (63.). Trainer Thorsten Fink sprach vom 20-Jährigen als einem „einfach effektiven Spieler. Und heute hat Effektivität gesiegt.“ Auch wegen der neu gewonnene Treffsicherheit Sons kann der HSV auf vier Siege in den vergangenen sechs Spielen zurückblicken. Und Arnesen mag es nur gefreut haben, dass an diesem Abend die üblichen Fragen nach der Modifikation des Saisonziels einem viel wichtigeren Thema wichen: Wie kann man dieses Juwel halten?

Uwe Seeler zum Vorbild

„Es ist meine Priorität für den Winter, mit Son zu verlängern“, sagte der Sportchef – und der Gelobte gab zu, sich „im Verein und bei den Fans sehr wohl“ zu fühlen. Vom „neuen Uwe Seeler“ sprachen die nordischen Medienvertreter in den Augsburger Katakomben schon etwas übermütig. 404 Tore in 19 Jahre schoss das Hamburger Idol für die Profimannschaft. Son müsste dafür noch schlappe 16 Spielzeiten bleiben – und 391 Mal treffen.

Arnesen muss daher nun erstmal versuchen, Angebote wie die angeblich zehn Millionen schwere Offerte vom FC Liverpool abzuwenden und Son über 2014 hinaus zu binden: „Und dann wäre es schön, wenn er so lange wie möglich bleibt.“ Die Aufbruchstimmung um Typen wie Son will der Klub nutzen, um den Blick auch langfristig wieder nach oben zu richten. „Aber bis dahin gibt es noch viel Arbeit“, sagte Fink. Im Team – und auch bei Son.

„Er hat noch zu einfache Ballverluste. Außerdem muss er seinen Körper besser einsetzen“, sagte Arnesen. Im gesamten Hamburger Spiel fehlte am Freitag über weite Strecken die spielerische Klasse: „Das war ein Kampfspiel. Und die Hauptsache ist, dass wir es gewonnen haben“, sagte van der Vaart. Dass das Team noch nicht so weit sei, „immer 2:0, 3:0 zu gewinnen“, wisse jeder. Zumindest aber die Tore - das gab sogar van der Vaart zu – waren schon mehr als europäische Klasse: „Die waren Weltklasse.“

Augsburgs Höhenflug vehement gestoppt

Sowohl Son als auch Rudnevs machten es deutlich besser als ihr Gegenüber Tobias Werner. Der Augsburger vergab kurz nach der Halbzeit leichtfertig den eigentlich verdienten Ausgleich für die engagierten Gastgeber. „Was Qualität ist, was individuelle Klasse ist, hat man dann auf der anderen Seite gesehen“, sagte Trainer Markus Weinzierl geknickt. Nach drei Spielen ohne Niederlage ist der FCA vehement gestoppt worden und wieder zurück im Tabellenkeller. Mit Blick auf das am Dienstag anstehende Pokalspiel bei Preußen Münster dürfe man sich aber „nicht grämen, sondern es besser machen“, sagte Sportdirektor Jürgen Rollmann.

Der Hamburger Tross gönnte sich in der Nacht noch in Augsburg ein Bierchen. Kommende Woche wollen die Nordlichter nach Meister Borussia Dortmund auch Bayern München ärgern. „Wir haben nichts zu verlieren“, sagte Kapitän Heiko Westermann. Schließlich empfängt man den Rekordmeister als Champions-League-Aspirant. Zumindest, wenn man auf Sons Handy schaut.