Petr Jiracek unterschreibt bis 2016 beim HSV. Der tschechische Nationalspieler über seinen Anspruch als Führungsspieler und den Abstiegskampf.
Hamburg. Er war extra ein wenig früher losgefahren, um pünktlich in Hamburg anzukommen. Und es klappte: Trotz Staus auf der A 2 erreichte Petr Jiracek am Montagmorgen um 9.56 Uhr mit seinem Berater Dalibor Lacina die Imtech-Arena. Im ersten Stock, in der im Umbau befindlichen Geschäftsstelle des HSV, warteten die HSV-Vorstände Carl Jarchow, Frank Arnesen und Joachim Hilke zur finalen Unterschrift. "Wir sind froh, dass alles geklärt ist zwischen den Vereinen", sagte Arnesen, nachdem der tschechische Nationalspieler vom VfL Wolfsburg beim HSV seinen Namen unter den bis 2016 terminierten Vertrag gesetzt hatte.
Von 11 bis 16 Uhr absolvierte der 26-Jährige anschließend einen umfangreichen Medizincheck im Universitätsklinikum Eppendorf. Die Auswertung der Blutwerte wird heute Vormittag erwartet, noch bevor der Aufsichtsrat am Abend um 18 Uhr über das Gesamtpaket Jiracek befindet. In der Sitzung der Kontrolleure wird es zudem erneut um eine mögliche Verpflichtung Rafael van der Vaarts gehen, auf den der HSV weiterhin hofft. "Wir müssen sehen, was machbar ist. Es ist nichts ausgeschlossen", sagt Arnesen, der seine Pläne wohl auch Jiracek offenbart hatte. Jiracek, der seine Entspannung abseits des Platzes beim Angeln sucht, nahm sich gestern noch im Volkspark Zeit für sein erstes Interview als HSV-Profi.
Hamburger Abendblatt: Herr Jiracek, sind Sie der Mann, der den HSV entscheidend nach vorn bringen kann? Die Erwartungen sind groß.
Petr Jiracek: Ich hoffe, dass ich dem HSV helfen kann. Allerdings werde ich das nicht allein schaffen, sondern nur im Verbund. Dass es eine gewisse Erwartungshaltung gibt, ist okay. Aber ich habe in den letzten Monaten viel erlebt, musste mich oft an neue Umgebungen gewöhnen und mit Erwartungen von außen leben. Ich glaube, ich kann mit Druck gut umgehen.
Wolfsburg hätte Sie gern nach Sevilla verkauft, Sie wollten aber zum HSV. Hatten Sie Befürchtungen, dass der Wechsel scheitern könnte?
Jiracek: Am Anfang ein wenig. Es klang alles nach vielen Komplikationen. Aber umso glücklicher bin ich jetzt.
Zuletzt ging alles sehr schnell für Sie. Zuerst die Champions League mit Pilsen, dann im Winter der Wechsel nach Wolfsburg, die Nationalmannschaft, die EM, und jetzt sind Sie bis 2016 beim HSV unter Vertrag. Warum unbedingt der HSV?
Jiracek: Als mir in Wolfsburg gesagt wurde, dass ich Probleme kriegen könnte, auf meine Einsatzzeiten zu kommen, war ich zunächst überrascht und enttäuscht. Aber meine Entscheidung war schnell gefallen. Ich mag Deutschland, ich mag die Bundesliga. Hamburg war die interessanteste Variante, ein großer Traditionsverein, der sich um mich bemüht hat. Und ich muss spielen, gerade in Hinsicht auf meine noch junge Nationalmannschaftskarriere.
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Kommen Sie allein nach Hamburg?
Jiracek: Nein, ich bringe meine Freundin Linda mit. Wir haben hier auch schon eine Wohnung gefunden.
Haben Sie das Auftaktspiel des HSV gegen Nürnberg gesehen?
Jiracek: Ja. Aber dazu will ich nichts sagen. Es war nicht das beste Spiel. Aber es steht mir nicht zu, mich öffentlich über Mannschaftskameraden zu äußern. Es war ein sehr schwieriges Spiel, wie sehr oft am ersten Spieltag. Außerdem bin ich fest davon überzeugt, dass es in den nächsten Wochen besser wird.
Weil Sie schon wissen, was personell noch passiert?
Jiracek: Ich weiß nur, dass man in Hamburg auf Rafael van der Vaart hofft.
Sie auch?
Jiracek: Sagen wir es so: Ich würde mich freuen. Ich würde schon sehr, sehr gern mit van der Vaart spielen. Er ist ein großer Fußballer.
Zunächst aber kehrt Heiko Westemann aus dem Mittelfeld in die Innenverteidigung zurück, weil Sie zusammen mit Milan Badelj das Zentrum organisieren sollen. Kennen Sie Ihren neuen Partner schon?
Jiracek: Ja. Er ist seit seinem 21. Lebensjahr Kapitän bei Dinamo Zagreb, eine absolute Persönlichkeit. Er hat ein gutes Auge, ist technisch super. Das passt. Er ist kein Sprinter, ich bin schnell. Er ist Rechts-, ich bin Linksfuß. Ich glaube, wir könnten uns perfekt ergänzen.
Weil Sie nicht der typische Führungsspieler sind? Ihr ehemaliger Trainer Felix Magath bezeichnete Sie als ruhigen Typen, einwandfreien Charakter und Spieler, den jeder Trainer gern in der Mannschaft hat.
Jiracek (lacht) : Das hat er gesagt? Okay. Ich habe schon den Anspruch, irgendwann Führung zu übernehmen. Aber jede Mannschaft braucht auch Arbeiter. Und ich konzentriere mich jetzt erst einmal darauf, meine Qualitäten optimal einzubringen.
Die sind?
Jiracek: Ich bin ein defensiver Mittelfeldspieler, der Fußball spielt und kämpft. Ich bin einer, der sehr viel laufen kann. Und wenn sich Räume nach vorn ergeben, dann schalte ich mich in die Offensive ein und versuche auch Tore zu erzielen. Ich arbeite hart auf dem Fußballplatz. Immer. Denn das ist mein Job. Und den mache ich nicht nur sehr gern, den nehme ich auch sehr ernst. Aber korrekt ist mit Sicherheit auch, dass ich nicht von Anfang an laut bin. Ich bin eher der Typ Zuhörer.
Haben Sie Angst vor dem Abstiegskampf?
Jiracek: Nein, warum? Wir haben eine Mannschaft beim HSV, die das Potenzial hat, dass sie nicht in Gefahr geraten wird.
Kennen Sie schon Spieler aus dem aktuellen HSV-Kader?
Jiracek: Jaroslav Drobny natürlich von der Nationalelf. Die restlichen Namen habe ich mir beim Spiel am Sonnabend versucht einzuprägen. Aber ich werde sie schnell lernen.
+++ Info: Tschechische HSV-Importe +++
Mannschaftskapitän Heiko Westermann hat Sie in Anlehnung an Ihre aggressive Spielweise und Ihren Willen als "Maschine" bezeichnet. Wann startet diese Maschine in Hamburg?
Jiracek: Ich hoffe, dass ich am Dienstag alle Formalitäten klären kann und dann am Mittwoch voll ins Training einsteige. Es freut mich, wenn mich der Kapitän so nennt. Das will ich natürlich so schnell wie möglich bestätigen.
Was sind Ihre Ziele mit dem HSV?
Jiracek: Die Situation ist nicht optimal, ganz klar. Daher müssen wir uns erst einmal stabilisieren, um uns dann langsam nach oben zu arbeiten. Aber das Potenzial hat dieser große Klub. Und ich will meinen Teil dazu beitragen.