Die Hamburger empfangen heute (21.05 Uhr) den FC Fulham. Die Fans wollen wieder einen Titel. Labbadia plant mit Guerrero und Pitroipa.
Hamburg. An dieser Stelle muss ein kleines Geheimnis verraten werden. Wer sich heute zufällig gegen 18 Uhr, fast genau drei Stunden vor dem Halbfinal-Hinspiel des HSV gegen den FC Fulham (21.05 Uhr, SAT.1, Sky und Liveticker auf www.abendblatt.de ), auf dem Rathausmarkt einfindet, muss damit rechnen, das Opfer von "Flashmobbing" zu werden, das auf Deutsch in etwa "Blitzpöbel" bedeutet und einen scheinbar spontanen Menschenauflauf bezeichnet. In Wahrheit aber haben sich viele Hunderte HSV-Fans via Facebook verabredet, um gemeinsam "Hamburg, meine Perle" zu singen. Unterstützt wird die Initiative auch vom Klub, weshalb es nicht ausgeschlossen ist, dass auch Barde Lotto King Karl bei diesem Stelldichein erscheint, das nur einer Gesangsprobe für den 13. Mai gleichen soll, dem Tag nach dem Endspiel in der Europa League. Es wäre der erste Titel nach dem DFB-Pokalsieg 1987 (3:1 gegen die Stuttgarter Kickers).
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Dass die HSV-Anhänger danach lechzen, ihren Spielern nach einem Titelgewinn auf dem Rathausbalkon endlich wieder einmal zujubeln zu können, zeigte sich bereits bei der jüngsten Fanaktion: 60 000 Aufkleber mit der Aufschrift "Operation Rathausmarkt. 13. Mai, wir sind dabei!" fanden reißenden Absatz, genauso wie 5000 Buttons und 2000 T-Shirts. Während der HSV zuletzt eher einer fleischfressenden Pflanze glich, die sich mit Wollust selbst zerstückelte, geben die Anhänger mit ihrem kleinen Bekenntnis das Motto für das Saisonfinale aus: Zusammenreißen statt zerfleischen!
Ditmar Jakobs stand früher als Serientäter auf dem Balkon, als Deutscher Meister 1982 und 83, Europapokalsieger 1983 und Pokalsieger 1987. "Das war schon ein ganz besonderes Erlebnis, ein großer Spaß", erinnert sich der 56-Jährige und macht der Elf von Bruno Labbadia Mut: "Ich traue der Mannschaft den Titel zu, sie hat das Potenzial, sie müssten sich nur wie in der Hinrunde mehr präsentieren, die Bälle fordern, Zug nach vorne bekommen. Fulham ist keine Übermannschaft." Die aber immerhin neben Wolfsburg auch Juventus Turin und Titelverteidiger Schachtjor Donezk ausgeschaltet hat.
Als Jakobs den DFB-Pokal in die Höhe stemmte, machte der sechs Monate alte Dennis Aogo noch in die Windeln. Nach seinen Worten zu urteilen, hat der 23-Jährige begriffen, welche historische Chance die Spieler ergreifen können. "Wir haben den verpassten Finaleinzug in der letzten Saison noch im Hinterkopf, jeder weiß, wie schmerzhaft das war. In unserem Bauch steckt noch eine Menge Wut", kündigte der Verteidiger an.
Abgesehen von Aogo hielten sich die HSV-Profis gestern verbal jedoch merklich zurück. "Es ist alles gesagt", rief Joris Mathijsen im Vorbeirauschen. Intern jedoch noch lange nicht. Auffällig war, wie ausführlich sich Labbadia mit Ruud van Nistelrooy und Paolo Guerrero während des gut einstündigen, öffentlichen Abschlusstrainings in der HSV-Arena unterhielt, während Co-Trainer Eddy Sözer das Gespräch mit Zé Roberto suchte.
Bemerkenswert auch, dass Labbadia vor den hundert Zuschauern kein Geheimnis um seine Startformation machte. Hinter den Angreifern Guerrero und van Nistelrooy bot der Trainer in der A-Elf im offensiven Mittelfeld Piotr Trochowski und Jonathan Pitroipa auf. Auf die üblichen Wechsel während des Trainingsspielchens verzichtete der HSV-Trainer, dessen Zukunft nicht unwesentlich von diesen zwei K.-o.-Spielen gegen Fulham abhängen dürfte. Den Profis die nötige Sicherheit zu geben ging vor Geheimniskrämerei. "Bei solchen Partien entscheiden Kleinigkeiten, alle Spieler auf dem Platz müssen an ihre Leistungsgrenze kommen", glaubt Labbadia, der zugleich um Geduld auf den Rängen und leidenschaftliche Unterstützung warb: "Das könnte noch fünf Prozent mehr bei den Spielern herauskitzeln und den Unterschied ausmachen."
Die Unruhe im und um den Verein will der 44-Jährige konsequent ignorieren: "Dieses Halbfinale soll für alle Beteiligten ein Festtag werden, die Freude darauf lasse ich mir nicht verderben." Gelänge dem umstrittenen Trainer der Coup, hätte er etwas Einzigartiges geschafft. Den Europa-League-Pokal (früher Uefa-Cup) durfte schließlich noch kein Trainer des HSV auf dem Hamburger Rathausmarkt präsentieren.