London. Mohamed al-Fayed ist der lebende Beweis dafür, dass man im toleranten Großbritannien problemlos beides sein kann: der Besitzer des Luxus-Kaufhauses Harrods und ein Anti-Establishment-Rebell. Große Liebe wird dem gebürtigen Ägypter jedenfalls nur rund um das Craven-Cottage-Stadion entgegengebracht; in Fulham ist man dem 77-Jährigen ewig dafür dankbar, dass er den Traditionsklub mit vielen Millionen Pfund aus der dritten Liga in die Premier League geführt hat. In seinen knapp 13 Jahren als Besitzer hat "Chairman Mo", wie ihn die Fans nennen, gut 300 Millionen in den Verein investiert, davon 225 Millionen als zinsfreie Darlehen, die der Klub bisher nicht zurückzahlen musste. Fulham hat keine externen Schulden.
"Ich denke, es gibt nicht viele Eigentümer in der Premier League die von den Zuschauern so begrüßt werden", sagte Verteidiger Aaron Hughes nach dem 0:0 im Heimspiel gegen Wolverhampton - al-Fayed hatte vor dem Anpfiff Ovationen erhalten. "Wir wollen alle den Pokal für ihn gewinnen", sagte der Nordire. Dem familiären Klub an der Stevenage Road würden bis auf ein paar Lokalrivalen wie FC Chelsea, Queens Park Rangers oder Brentford alle neutralen Fans den Triumph im Europa-League-Halbfinale gegen den HSV gönnen. An al-Fayed scheiden sich jedoch die Geister, um es vorsichtig auszudrücken. Schuld daran sind seine Streitlust und ein Hang zu vollmundigen Statements. Nach der Übernahme von Harrods im Jahre 1985 versuchte al-Fayed vergeblich, die britische Staatsbürgerschaft zu erwerben. Ungeklärte Fragen hinsichtlich der Herkunft seines Vermögens verhinderten die Einbürgerung, dazu kam Mitte der Neunziger ein Korruptionsskandal um Zahlungen an Parlamentarier.
Endgültig zu einem Außenseiter wurde der Milliardär nach dem Unfalltod von Prinzessin Diana und seines Sohns Dodi in Paris. Al-Fayed nannte Prinz Philip einen "Nazi", der als Drahtzieher einer Verschwörung den Mord des Liebespaars angeordnet habe. Harrods verlor danach seinen Status als Hoflieferant und musste das Wappen der Windsors an der Fassade abmontieren. Aktuell befindet sich al-Fayed auch noch mit West Ham United im Zwist. Fulham hat den Klub aus dem East End auf sein Geheiß auf Schadenersatz verklagt, weil die Hammers 2007 den Argentinier Carlos Tévez unrechtmäßig eingesetzt hatten. Fulham schloss die Saison damals einen Platz hinter West Ham als 16. ab und hätte bei einem Abstieg von United 450 000 Pfund mehr verdient.
Die Hammers revanchierten sich vor drei Wochen nach Fulhams 0:2-Niederlage bei Hull City mit einer Gegenklage, weil Trainer Roy Hodgson mit Rücksicht auf die Europa League nicht seine stärkste Elf aufgeboten hatte. "Ich zeige West Ham zwei Finger", konterte al-Fayed gewohnt zurückhaltend, "mir ist egal, was die über unsere Aufstellung denken." Die "zwei Finger" stehen für ein nach außen gekehrtes "V"-Zeichen - das englische Äquivalent des Stinkefingers - und sind von Milliardären sonst eher selten öffentlich zu sehen.