Nach dem glücklichen 2:1 in Freiburg bleibt der HSV zwar Letzter, hofft aber auf die Wende. Heute um 11 Uhr wird Thorsten Fink vorgestellt.

Freiburg. Kurz vor dem Ende eines überaus nervenaufreibenden Nachmittags im Freiburger Badenova-Stadion hielt es weder Frank Arnesen noch Rodolfo Cardoso auf ihren Plätzen. Während Interims-Trainer Cardoso Schiedsrichter Deniz Aytekin den fälligen Schlusspfiff signalisierte, tippelte Interims-Teamchef Arnesen in der kleinen Coaching Zone auf und ab wie ein Kleinkind am Tag seiner Einschulung. Erst als Aytekin wenige Sekunden später ein Einsehen mit dem ungeduldigen Duo hatte und den 2:1-Auswärtssieg des HSV perfekt machte, gönnten sich die beiden ungleichen Partner eine innige und lange Umarmung. "Heute hatten wir das Glück auf unserer Seite, aber manchmal muss man sich dieses Glück auch erarbeiten", sagte Arnesen, der gut daran tat, sich nach diesem Sieg nicht als erfolgreichster HSV-Trainer aller Zeiten feiern zu lassen.

Dabei hat der Däne rein formal tatsächlich das einmalige Kunststück vollbracht, nach seinem ersten und gleichzeitig letzten Auftritt als hauptverantwortlicher Trainer mit einer blütenweißen Statistik von einem Sieg aus einem Spiel in die Klubannalen einzugehen. "Es war eine aufregende Woche, aber ich bin froh, dass ab diesem Montag Thorsten Fink übernimmt", sagte Arnesen nach dem Sieg in Freiburg, den er als "unglaublich wichtig" charakterisierte. Doch bevor der 55-Jährige tatsächlich Fink das nun etwas mehr bestellte Feld überlässt, sprach der Übergangscoach den beiden Hauptverantwortlichen des Erfolgs seinen Dank aus. "Jaroslav Drobny hat fantastisch gehalten, er war heute unser Matchwinner", lobte Arnesen, "und Ivo Ilicevic hat seine Sache natürlich auch sehr gut gemacht."

DIE AKTUELLE TABELLE

Ilicevic schlenderte fast zeitgleich zu Arnesens Ausführungen durch die Katakomben des Freiburger Stadions zum bereits wartenden Mannschaftsbus und musste noch mal hier und da kurz anhalten und erklären, was da passiert war. "Natürlich kann man von so einem Debüt nur träumen", sagte Ilicevic, der gerade mal sieben Minuten nach seiner Einwechslung mit einem beherzten Linksschuss für den zu diesem Zeitpunkt nicht mehr für möglich gehaltenen Siegtreffer sorgte.

+++ Thorsten Fink ist gelandet – Traumeinstand für Ilicevic +++

Fünf Wochen lang hatte der flinke Kroate, den der HSV als Nachfolger Eljero Elias für vier Millionen Euro vom 1. FC Kaiserslautern losgeeist hatte, aufgrund einer hartnäckigen Adduktorenverletzung nicht trainieren, spielen durfte er wegen einer Vier-Spiele-Sperre ohnehin nicht. So gesehen darf es als durchaus mutig bezeichnet werden, dass Arnesen bereits am frühen Sonntagmorgen den bisherigen Pechvogel zum Vier-Augen-Gespräch im Hotel bat, um ihn zu fragen, ob er sich einen erstmaligen 30-Minuten-Einsatz am Nachmittag gegen Freiburg überhaupt zutrauen würde.

"Ich habe ihm gesagt, dass er einfach drauflosspielen soll, sich keine Gedanken machen muss. Ich weiß ja, dass er noch gar nicht im Vollbesitz seiner Kräfte sein kann", sagte Arnesen, dessen Worte offenbar gefruchtet hatten. "Der Trainer wollte, dass ich zusätzlichen Schwung ins Spiel bringe. Ich glaube, dass das ganz gut geklappt hat", sagte Ilicevic, der seinen ungewöhnlichen Jubel, bei dem er beide Arme vor der Brust verschränkt, als sein Markenzeichen erklärte. Hamburgs Fußballfans könnten sich daran gewöhnen.

Wahrscheinlich hätte sich in der Hansestadt auch niemand gewundert, wenn an diesem Montag kaum jemand über den Jubel Ilicevics, sondern vielmehr über den bitteren Ausgleichstreffer Cissés kurz vor Schluss gesprochen hätte. Es passte aber irgendwie zu diesem außergewöhnlichen Fußballnachmittag, dass der als "HSV-Schreck" bezeichnete Senegalese, der seinem Spitznamen beim zwischenzeitlichen Ausgleich zum 1:1 einmal mehr alle Ehre machte, später vom Elfmeterpunkt aus nicht das hochverdiente 2:2 erzielte, sondern den Ball knapp neben das rechte Lattenkreuz setzte. "Wir dürfen uns diesmal beim Fußballgott und bei unserem Keeper bedanken", sagte Kapitän Heiko Westermann, der daran erinnerte, dass der HSV in der Vergangenheit schon häufig genug gut gespielt, am Ende aber doch verloren hat. "Diesmal war es eben umgekehrt."

Die ganz große Erleichterung wollte nach dem zweiten Auswärtssieg in Folge im Lager des HSV allerdings noch nicht einkehren. Die Lage bleibt brenzlig, ein Blick auf die Tabelle genügt. "In den vergangenen drei Spielen haben wir einen anderen HSV gesehen als in den ersten sechs Spielen", sagte Arnesen, "aber jetzt müssen wir in den beiden nächsten Heimspielen gegen Wolfsburg und Kaiserslautern nachlegen."

Dabei ließ der erleichterte Skandinavier aber keine Zweifel aufkommen, dass er auch beim nächsten Spiel gerne wieder auf der Trainerbank Platz nehmen wird - diesmal aber in der Funktion als Sportchef. Debütieren darf dann mit Neu-Trainer Fink ein anderer.

Das Interview mit Freiburgs Trainer Marcus Sorg: www.abendblatt.de/sorg

+++ Info: Fink lässt Familie daheim +++