Ein Kommentar von Peter Wenig
Die wehmütigen Nachrufe, inklusive Bekenntnissen des eigenen Versagens, werden kommen, das ist sicher. Sollte Michael Oenning nach einer Niederlage beim VfB Stuttgart gehen müssen, werden die HSV-Profis wieder reumütig ihr Sprüchlein aufsagen. Wie sehr sie es bedauern, dass dieser so geschätzte Trainer gehen muss. Dass doch eigentlich sie, die Spieler, diese Situation verschuldet haben. Mit hanseatischer Strenge wird dann der Vorstand eben diese Profis in die Pflicht nehmen, gern mit der Worthülse aus dem Verbal-Baukasten für Fußball-Manager: "Jetzt hat niemand mehr ein Alibi."
Siebenmal wurden in den vergangenen acht Jahren das Drama "Krokodilstränen für einen verdienten Trainer" in Hamburg aufgeführt. Die Hauptdarsteller wechselten von Thomas Doll über Bruno Labbadia bis zu Armin Veh, das Drehbuch blieb von erbärmlicher Qualität.
Noch trostloser sind nur die Leistungen des Ensembles in kurzen Hosen. Seit Wochen liefern hoch dotierte Mitglieder wie Mladen Petric oder Marcell Jansen Vorstellungen am Rande der Arbeitsverweigerung ab. Ein Charakterkopf, der dieses blutleere Team aus seiner Lethargie reißt? Nirgendwo in Sicht. Der Faktor Umbruch taugt für eine solch beschämende Leistung wie gegen Borussia Mönchengladbach nicht im Ansatz als Entschuldigung. Dafür waren zu viele routinierte Darsteller auf dem Platz.
Der Verlierer am Ende der Fehlerkette wird dennoch wohl Michael Oenning heißen. Krokodilstränen werden uns dann wieder nicht erspart bleiben. Vielleicht sollte sich das Ensemble einfach nur mal schämen.