Der HSV hatte über 90 Minuten nur eine gute Torchance. Gladbach war nicht stark, aber es reichte gegen spielerisch ganz schwache Hamburger.

Hamburg. Die Krise beim Hamburger SV wird immer schlimmer. Statt des erhofften Befreiungsschlages unterlag der HSV vor eigenem Publikum auch Borussia Mönchengladbach mit 0:1 (0:0) und wartet damit weiterhin auf den ersten Sieg in der laufenden Saison und bleibt Tabellenletzter. Igor de Camargo (66.) brachte die Gäste mit einem Kopfballtreffer in Führung und nutzte dabei erneut einen Stellungsfehler in der HSV-Deckung bei einem Freistoß. Es war bereits der achte Gegentreffer für die Hanseaten nach einer Standardsituation. Die Borussia setzte dagegen ihren Höhenflug fort, feierte bereits ihren vierten Saisonsieg und setzt sich in der Spitzengruppe fest.

DIE AKTUELLE TABELLE

Trotz aller Vertrauensbekundungen des Vorstandes für Trainer Michael Oenning in den vergangenen Wochen wird die Diskussion um eine Entlassung des glücklosen Coaches nun erneut entbrennen. Saisonübergreifend ist Oenning mit dem Team seit 13 Spielen sieglos. Ein festes Spielkonzept ist schwer zu erkennen, auch gegen Gladbach veränderte er erneut seine Taktik.

"Ich bin maßlos enttäuscht", sagte Oenning nach dem Spiel. "Ich bin auch sauer, weil wir ein Spiel, was wir unbedingt gewinnen wollten, verloren haben, weil wir eine leicht zu verteidigende Standardsituation wieder mal gefressen haben. Zu einem Zeitpunkt, wo wir angefangen haben, Druck zu machen. Das ist katastrophal, weil wir ein wichtiges Spiel verloren haben.“

„Sicherheit zuerst“ hatte der Trainer nach der Gegentorflut in den ersten fünf Saisonspielen mit auf den Weg gegeben. Entsprechend stellte er auch sein Team auf. In Mladen Petric nur eine Spitze, dahinter Per Skjelbred als offensiver Mittelfeldspieler, aber in David Jarolim, Tomas Rincon und Robert Tesche drei defensive. Mit einer offensiven „Heimspielausrichtung“ hatte das nichts zu tun, es ging laut Oenning vor allem darum „ein Gegentor zu verhindern“.

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Es dauerte bis zur 21. Minute, bis Rincon den ersten Torschuss der Partie überhaupt abgab. Die Kugel flog aus 17 Metern allerdings weit am Kasten von Marc-Andre ter Stegen vorbei, der trotz des Verlustes von zwei Zähnen nach einem Trainingsunfall in der Woche auflief. Der 19-Jährige musste überhaupt nur einmal ernsthaft eingreifen, als ein Freistoß von Mladen Petric (34.) genau in seinen Armen landete.

Auf der Gegenseite hatte zunächst auch Jaroslav Drobny keine Gelegenheit, einen Fehler zu machen. Der umstrittene HSV-Keeper wurde von den Gladbachern in der ersten Halbzeit überhaupt nicht gefordert. Nur Marco Reus (28.) schoss einmal auf das Tor, zielte aber daneben. Die HSV-Abwehr klärte die wenigen kritischen Situationen vor dem Seitenwechsel insgesamt problemlos, dabei zeichnete sich wie schon in Bremen der Serbe Slobodan Rajkovic besonders aus.

Dass das Engagement der zuvor saisonübergreifend seit zwölf Spielen sieglosen Hamburger stimmte, bewies die Statistik zur Halbzeit. 60 Prozent Ballbesitz und 58 Prozent gewonnene Zweikämpfe sind eine gute Quote. In der Abstimmung und dem Spielverständnis haperte es aber erneut. Nach der Pause hatten die Westdeutschen dann verstanden, dass sie in Hamburg etwas holen konnten. Sie verstärkten ihre Angriffsbemühungen und hatten durch Igor de Camargo in der 48. und 49. zwei Großchancen zur Führung. Bei der ersten klärte Drobny mit einem starken Fußreflex, bei der zweiten warf sich Rajkovic in den Schuss.

Mit der Einwechslung von Son Heung-Min und Gökhan Töre in der 56. Minute gab Oenning dann das Signal für mutigeren Angriffsfussball. Die beiden 19-Jährigen brachten Tempo und Torgefahr. Das Tor fiel aber auf der anderen Seite, als ausgerechnet der bis dahin starke Rajkovic einen fast von der Mittellinie getretenen Freistoß falsch einschätzte und de Camargo einköpfen konnte. Einen vorzeitigen K.o. für die nun verunsicherte HSV-Mannschaft verhinderte anschließend Drobny, der gegen Reus (68.) und Arango (77.) erstklassig parierte.

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„Ich bin heute enttäuscht über unsere Leistung. In der ersten Halbzeit wollten wir die null halten und haben das auch ganz gut gemacht. Nach dem 0:1 wurde es dann schlechter und es hätte auch 0:2 stehen können. Borussia Mönchengladbach hat verdient gewonnen. Wir haben am Freitag ein Spiel gegen Stuttgart und da sitzt Michael Oenning neben mir im Flugzeug und fährt auch wieder mit zurück", sagte Sportchef Frank Arnesen bei Sky.

Die Statistik

Hamburg : 1 Drobny - 3 Mancienne, 4 Westermann, 23 Rajkovic, 6 Aogo - 8 Rincon, 13 Tesche - 14 Jarolim (ab 69. Berg), 25 Skjelbred (ab 56. Son), 7 Jansen (ab 56. Töre) - 10 Petric. - Trainer: Oenning

Mönchengladbach: 1 ter Stegen - 24 Jantschke, 4 Brouwers, 31 Dante, 3 Daems - 14 Marx (ab 65. Bobadilla), 13 Neustädter - 7 Herrmann (ab 65. Nordtveit), 11 Reus, 18 Arango - 10 de Camargo. - Trainer: Favre

Schiedsrichter: Peter Sippel (München)

Zuschauer: 55.000

Tore: 0:1 de Camargo (66.)