HSV will kein „Feuer-Klub“ mehr sein – Arnesen gibt sich vom Trainer überzeugt

Hamburg. Am Mittwoch wagte sich Michael Oenning in die Höhle des Löwen, sozusagen. Zweieinhalb Stunden diskutierte der Trainer des Hamburger SV mit den organisierten Fans. „Auch leidenschaftlich und kontrovers“, sagte der 45-Jährige, „aber ich habe den Eindruck, dass alle begriffen haben, wie es um uns steht.“

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Am Samstag gegen Borussia Mönchengladbach werden Oenning und sein Team trotz Platz 18 in der Tabelle nach fünf sieglosen Spielen noch mit der bedingungslosen Unterstützung der Anhänger rechnen können. Die Wende soll geschafft werden. „Ich bin fest überzeugt, dass wir gewinnen“, sagt Oenning. Und wenn nicht?

Dann darf Oenning wahrscheinlich trotzdem weitermachen. Bernd Hoffmanns Erbe ist sein Glück. Die im März beendete, achtjährige Ära des ehrgeizigen Vorstandsvorsitzenden hat ja ihre Spuren hinterlassen. Nicht nur im finanziellen Bereich, wo aus der letzten Saison unwidersprochen ein Minus von rund fünf Millionen Euro gemeldet wird. Wo der Spieleretat um 11 Millionen von 47 Millionen auf 36 Millionen zusammengestrichen wurde und es keinen Spielraum für teure Transfers mehr gab. „Ich habe gedacht, dass ein bisschen mehr Geld da ist“, räumte der im Frühjahr verpflichtete Sportchef Frank Arnesen ein.

Der Verein will und muss unter Vorstandschef Carl-E. Jarchow und Arnesen trotz angespannter Finanzlage vom Image des „Feuer-Klubs“ wegkommen. Seit der Demission von Frank Pagelsdorf am 17. September 2001 ist Michael Oenning der zehnte Trainer beim HSV. Zehnmal neue „Philosophien“ und Spielideen, neues Personal und Strategien. Niemand will das mehr und das ist Oennings Chance. „Intern sind wir alle ruhig, im Vorstand sind wir einig. Über Wenn und Aber reden wir nicht“, sagt Arnesen.

Die Grenze zwischen Durchhalte-Parolen und echter Geduld ist nicht immer einfach zu erkennen. Oenning steckt ja in der Zwickmühle, dass einerseits die neu verpflichteten Talente noch keine volle Bundesligatauglichkeit gezeigt haben, dass andererseits die Routiniers die gleichen Spieler sind, die schon in den letzten Jahren regelmäßig für Frust und sportliche Enttäuschungen gesorgt haben.

„Die Mannschaft hat begriffen, dass sie auf dem Platz Antworten geben muss“, kündigte der Trainer für Samstag an, „wenn wir mal ein Spiel gewinnen, wird das vieles lösen.“ Auch Arnesen, der täglich beim Training zuschaut, hat Fortschritte erkannt. „Wir spielen besser, die Spieler trainieren gern, es gibt keine Probleme in der Mannschaft. Ich finde, Oenning ist der ideale Trainer für uns“, sagte der Däne der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Trotzdem wird Oenning jeden Tag von Außenstehenden vorgerechnet, was er alles nicht geschafft hat. Nur ein Sieg in 13 Spielen beim HSV – Saison übergreifend. Nur vier Siege in 30 Bundesligaspielen insgesamt einschließlich seiner Zeit beim 1. FC Nürnberg. „Ich denke, man sollte endlich mal aufhören, die Arbeit eines Trainers auf den sportlichen Erfolg zu reduzieren“. Das teilte kürzlich per Twitter ein anonymes Alter Ego des Trainers mit. Es klingt fast wie echt.