Drei Pleiten nach vier Spielen, der HSV ist Tabellenletzter und steckt tief in der Krise. Die Verantwortlichen flüchten sich in Durchhalteparolen und wollen noch einmal auf dem Transfermarkt zuschlagen.
Hamburg. Die Uhr tickt. Sie hängt in der Hamburger Arena und zählt die Sekunden, Minuten, Stunden, Tage und Jahre, die der große HSV zum Inventar der Fußball-Bundesliga gehört. Nach mehr als 48 Jahren in der deutschen Eliteklasse geht in Hamburg jetzt die Angst um, dass die Uhr am Ende dieser Saison auf null gestellt werden muss.
Die Lage ist bedrohlich, nicht erst seit der 3:4-Heimpleite gegen den 1. FC Köln und dem Absturz auf den 18. Platz. Das Team legte den drittschlechtesten Saisonstart der Vereinsgeschichte hin - drei Niederlagen nach vier Spielen, 14 Gegentore kassiert. Und trotzdem sagte Trainer Michael Oenning: „Wir sollten uns bei der Bewertung vom Tabellenplatz lösen.“ Seit dem 19. März hat der HSV kein Bundesligaspiel mehr gewonnen, Oenning hat mit nur einem Sieg aus seinen ersten zwölf Spielen als Chef die schlechteste Bilanz aller HSV-Trainer in der Bundesliga-Geschichte. Aber Dennis Aogo glaubt, dass sich die Mannschaft „noch nicht im Abstiegskampf“ befindet.
Natürlich hat der HSV gegen Köln auch etwas unglücklich verloren, aber die Probleme in der Mannschaft gehen über eine Ergebniskrise hinaus. Oenning hat es bisher nicht geschafft, das Personalpuzzle aus rund einem Dutzend Zu- und Abgängen zusammenzulegen. Das Team ist ein fragiles Gebilde, das sich durch die eklatant hohe Fehlerquote in allen Mannschaftsteilen immer wieder selbst im Weg steht. Nun fällt auch noch Heung-Min Son (Außenbandanriss im rechten Knöchel) vier bis sechs Wochen aus.
Da ist es gar nicht so einfach, noch die positiven Dinge in einer Niederlage zu sehen. Doch beim HSV haben sie es geschafft, was vielleicht die größte Leistung nach dem Debakel war. Oenning attestierte seinen Spielern eine „aufsteigende Tendenz“, man habe gesehen, was in der Mannschaft stecke: „Das war der erste Schritt in die richtige Richtung.“ Sportdirektor Frank Arnesen sprach von „der besten Partie in dieser Saison“.
So klingen Durchhalteparolen. Auch das Bekenntnis von Klub-Boss Carl-Edgar Jarchow zu Oenning („Wir wollen dem Trainer mindestens bis zur Winterpause die Chance geben“) könnte bei einer weiteren Pleite im Nordderby gegen Werder Bremen schon wieder hinfällig werden. Die Bild-Zeitung brachte schon einmal Markus Babbel, noch bis Saisonende beim Ligakonkurrenten Hertha BSC Berlin unter Vertrag, als Nachfolger ins Gespräch.
Doch zunächst sucht der HSV in der Länderspielpause weiter nach seiner Identität und einer echten Einheit auf dem Platz. Dabei ist Arnesen als Krisenmanager gefragt. Der stets adrette und freundliche Däne will den Umbruch forcieren und vor dem Ende der Transferperiode noch Veränderungen vornehmen. Eljero Elia soll für rund elf Millionen Euro verkauft werden, Juventus Turin und Galatasaray Istanbul haben Interesse. Kommt es zu einer Einigung, wären Platz und Geld da, um Defizite wie die fehlende Kreativität im Mittelfeld zu beheben.
„Wir haben ein oder zwei Spieler auf dem Zettel, wo wir vielleicht etwas tun können“, sagte Arnesen. Als Kandidaten gelten der beim VfL Wolfsburg aussortierte Diego und der frühere Dortmunder Spielmacher Tomas Rosicky (FC Arsenal). So oder so. Die Uhr tickt. Denn am Mittwoch ist Transferschluss.