Am Sonnabend gab es das erste Gipfeltreffen beim Hamburger SV mit Armin Veh. Der Trainer denkt an Rückzug und will bis zum 2. Januar Klarheit.
Hamburg. Die ganz große Weihnachtsstimmung wollte bei Armin Veh am vierten Advent auch in seiner Heimatstadt Augsburg nicht aufkommen. Obwohl der HSV-Trainer am ersten Tag seines Weihnachtsurlaubs gestern endlich Zeit hatte, vom Fußball abzuschalten und sich mit seiner Familie zu treffen, waren seine Gedanken auch nach dem Ende der Hinrunde noch immer beim HSV. Als letzte Amtshandlung hatte er am Vortag die Vorstände Bernd Hoffmann, Katja Kraus und Bastian Reinhardt zum G4-Gipfel im Volkspark getroffen, knapp drei Stunden gesprochen und trotzdem kein Ergebnis festgehalten. "Wir haben die Hinrunde abschließend analysiert", sagte Veh gestern im Gespräch mit dem Abendblatt. Über seine eigene Zukunft hätten sie aber nicht gesprochen. Dabei sollte man darüber, das machte Veh bereits vor der Elefantenrunde deutlich, besser heute als morgen Klarheit erzielen.
Bis zum Rückrundenauftakt soll eine Entscheidung über Vehs Zukunft her
"Ich mache diesen Job schon seit 20 Jahren. Irgendwann denkst du darüber nach, ob du noch weitermachen sollst. Es gibt eben so Punkte, da willst du lieber etwas anderes machen", hatte Veh unmittelbar nach dem 2:1-Sieg im Hinrundenfinale gegen Borussia Mönchengladbach gesagt und somit unmissverständlich klargestellt, dass er sich eine berufliche Zukunft auch fernab der HSV-Trainerbank vorstellen kann. "Das war etwas Grundsätzliches, was ich loswerden wollte", sagte Veh am Sonntag, nachdem er zwei Nächte über das zuvor Geschehene und Gesagte geschlafen hatte. Es bleibe zwar dabei, dass der HSV sein letzter Klub in der Bundesliga sein wird, das hätte er ja schon vor Wochen betont, aber wie lange sein Engagement in Hamburg dauern würde, das sei alles andere als klar. "Ob wir zusammenkommen, das weiß ich noch nicht", sagte Veh gestern, "bis zum 2. Januar werden wir darüber Klarheit haben. Man muss ja planen können."
Die aktuelle Tabelle
Zu planen, das weiß Veh wie kein Zweiter, gibt es beim HSV in diesen Tagen mehr als genug. Ob aber die Vereinsführung ihm zutraut, den gewünschten Umbruch (siehe Rand rechts) einzuleiten, das weiß Veh nicht. Der Vertrag des 49-Jährigen läuft zwar noch bis zum Sommer 2012, allerdings können sowohl er als auch der Verein bis zum 31. Mai des kommenden Jahres die Zusammenarbeit per Option vorzeitig beenden. Eine Konstellation, die sensibilisiert. Dass vor dem letztendlich erfolgreichen Krisengipfel in Gladbach bei einem Treffen zwischen Aufsichtsrat und Vorstand bereits über "unpopuläre Maßnahmen" gesprochen wurde, ist folglich auch Veh nicht entgangen. "Zwischen dem Vorstand und mir gab es kein Problem. Aber es wird wohl immer so sein, dass sich Leute aus dem Umfeld zu Wort melden, wenn es nicht so läuft, wie man sich das vorstellt. Da musst du intern vernünftig miteinander umgehen", beantwortet der einstige Meistertrainer die Frage nach der Unruhe im Vorfeld auf das Spiel in Gladbach.
Auch der Vorstand ist bemüht, die angespannte Situation zu relativieren. Kurz vor dem richtungsweisenden Spiel in Gladbach wurde eine eventuelle Krisensitzung am Sonnabend dementiert, am Tag nach dem Sieg wurde dann von einem üblichen Gedankenaustausch gesprochen. Klar ist: Auch der Vorstand begrüßt eine baldige Entscheidung in der zentralen Trainerfrage. "Wir werden da nicht rumeiern", sagte Veh, der nach seinem öffentlichen Vorstoß eigentlich nur noch zwei Möglichkeiten hat. Die Wahrscheinliche: Veh und der Verein einigen sich frühzeitig darauf, die wechselseitige Option nicht zu ziehen. Der Cheftrainer könnte dann mit neuem Elan in die Rückrunde starten ("Wenn wir komplett sind, ist weiterhin alles möglich") und im Sommer die Mannschaft neu zusammenstellen. Die Unwahrscheinliche: Man einigt sich nicht. In diesem Fall wäre ein sofortiger Rücktritt die logische Konsequenz. Dass Veh als "lame duck", als lahme Ente, nur bis zum Sommer weitermacht, darf wohl ausgeschlossen werden.
Keine Meinungsverschiedenheiten gab es bei der gemeinsamen Nachbetrachtung der Hinserie. 24 Punkte aus 17 Spielen seien zu wenige, 28 Gegentreffer zu viele. "Natürlich können wir mit dem Erreichten nicht zufrieden sein", sagte Veh. Der Mannschaft habe aufgrund der vielen Verletzten Konstanz und Stabilität gefehlt, "und trotzdem ist im Umfeld natürlich eine gewisse Erwartungshaltung da".
Das Erreichen des internationalen Wettbewerbs bleibt weiter das Ziel
Diese Erwartungshaltung will Veh in der Rückrunde befriedigen. Den internationalen Wettbewerb habe er jedenfalls noch nicht aus den Augen verloren, schränkt aber ein: "Platz fünf wäre für uns das Maximum." Eins wollte er vor dem wohlverdienten Weihnachtsurlaub aber noch klarstellen: Mit dieser Mannschaft will er Erfolg haben.
Man muss ihn nur lassen.