HSV-Idol Uwe Seeler kritisiert die Einstellung einiger Profis, glaubt aber noch an die Wende. “Um Spiele zu gewinnen, muss man beißen.“
Hamburg. Einmal den eigenen Ansprüchen gerecht werden, das ist das Ziel, das sich der HSV auf die Fahne schreiben muss. Auch in diesem Jahr rennt der Fußball-Bundesligist den ehrgeizigen Ankündigungen wieder einmal hinterher. HSV-Urgestein und Vereins-Ikone Uwe Seeler hat nun die Einstellung einiger Spieler scharf kritisiert. Dennoch hofft der 74-Jährige weiter auf die Wende zum Guten und will die angestrebte Qualifikation für das internationale Geschäft noch nicht abschreiben.
Beim Blick auf die bisherige Saisonbilanz des Hamburger SV gerät Uwe Seeler förmlich in Rage. „Die Spieler müssen mehr Gas geben und geschlossener auftreten. Fußball ist nun mal ein Bewegungssport. Da muss man marschieren“, sagt die Vereins-Ikone der Hanseaten: „Um Spiele zu gewinnen, muss man beißen und darf nicht auf Schnee warten. Wenn drei, vier Leute nicht mitmachen, wird es schwierig.“
In der Bundesliga steht der HSV im Niemandsland der Tabelle, im DFB-Pokal ist der hochambitionierte Klub nur noch Zuschauer und im internationalen Geschäft war man gar nicht erst dabei. Von vielem zu wenig, vom Wenigen zuviel. Nur ein Sieg aus den letzten sechs Pflichtspielen steht für die Hamburger zu Buche. Der erste Titelgewinn seit 23 Jahren scheint nur noch theoretisch möglich.
Am Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) geht es nun gegen den VfB Stuttgart. „Die hängen ja auch am Tropf. Da muss gewonnen werden, um Anschluss zu halten“, meint Seeler: „Zum Glück schwächeln die anderen Mannschaften ja ebenfalls. Wenn man eine Serie hinlegt, ist der internationale Wettbewerb noch nicht weg. Ich will keinen Druck ausüben, aber vom Potenzial her müsste der HSV in der Tabelle unter den ersten Drei stehen.“ Derzeit ist man Neunter. Mittelmaß statt Champions League.
Die Stimmung an der Alster hat sich dem grau in grau des herbstlichen Alltags angepasst. Die besonderen Momente sind beim HSV selten geworden. Zumindest im positiven Sinne. Die Ansprüche können mit der Wirklichkeit nicht so recht Schritt halten. Wieder einmal. Dabei wurden in den vergangen vier Jahren insgesamt rund 90 Millionen Euro in neue Spieler investiert.
Nach Huub Stevens, Martin Jol und Bruno Labbadia darf sich derzeit Armin Veh als vierter Coach der vergangenen dreieinhalb Jahre am HSV versuchen. Mal gingen die Trainer aus privaten Gründen, dann weil sich die eigene Philosophie nicht mehr mit der des Klubs deckte oder weil schlicht der Erfolg ausblieb. Seeler sieht in der permanenten Rochade auf der Position des Übungsleiters den Hauptgrund für die mehr als wechselhaften Ergebnissen der zurückliegenden Jahre.
„Sicherlich wurden in der Vergangenheit Fehler gemacht. Die häufigen Trainerwechsel haben nicht gut getan. Man muss jetzt zu Kontinuität finden und in Ruhe arbeiten. Ob das möglich ist, hängt aber natürlich auch vom Erfolg ab“, sagt der DFB-Ehrenspielführer und schickt eine klare Botschaft in Richtung Veh hinterher: „Er muss die Mannschaft jetzt in den Griff bekommen.“
Doch dies ist schwierig. Trotz erfahrener Führungsspieler wie Frank Rost, Ruud van Nistelrooy oder Ze Roberto scheint sich in manchem Kopf ein unverrückbares Mentalitätsproblem eingenistet zu haben. Immer wieder bricht die Mannschaft, die zweilen arg zusammengewürfelt wirkt, in schwierigen Situationen auseinander.
Die derzeitige Verletzungsproblematik tut ihr Übriges. Bei der Last-Minute-Pleite am vergangenen Sonnabend bei Hannover 96 (2:3) fehlten Veh neun Profis. Schon seit Wochen geht das so. Kaum kommt ein Spieler zurück, fällt der nächste aus. „So etwas habe ich in 20 Jahren noch nicht erlebt“, jammerte der Coach zuletzt.
Seeler will dieses Argument allein jedoch nicht gelten lassen. „Bei anderen Mannschaften gibt es auch Verletzungen. Es kann sein, dass die Mischung im Kader nicht stimmt“, sagt das HSV-Idol: „Aber ich gebe die Hoffnung niemals auf. Es gilt, bis zum Schluss zu kämpfen.“ Diese Einstellung hat Seeler in Hamburg zur lebenden Legende werden lassen. Sein Nachfolger ist nicht in Sicht.