In einer spannnenden Schlussphase erzielte Boll die St. Pauli-Führung, dann glich Petric mit einem Traumtor kurz vor Schluss aus.

Hamburg. Mladen Petric hat dem Hamburger SV im Stadtderby gegen den FC St. Pauli vor einer Pleite bewahrt. Der zuletzt kaum eingesetzte kroatische Nationalspieler erzielte in der 87. Minute mit einem spektakulären Volleyschuss aus 20 Metern den 1:1 (0:0)-Endstand und verhinderte damit die erste HSV-Niederlage gegen den "kleinen" Nachbarn seit September 1977.

„Nicht jeder Ball kann so reingehen, aber diesmal war es um so schöner. Die ganz große Katastrophe haben wir dadurch noch abgewendet“, sagte Petric nach seinem Kunstschuss zum Ausgleich.

St. Pauli war durch Fabian Boll per Flachschuss nach eher langweiligen 77 Minuten in Führung gegangen. Das Derby fand erstmals seit 48 Jahren wieder am Millerntor statt, zuvor hatten die "Braunen" aus Sicherheitsgründen stets im HSV-Stadion am Volkspark antreten müssen.

"Lokaltermin": Das Derby in Kneipen und der Arena

Im prestigebeladenen Stadtduell tat sich der favorisierte Hamburger SV schon in den ersten 45 Minuten schwer. Vor 24.360 Zuschauern im seit Wochen ausverkauften Millerntorstadion zeigten die Gäste zwar die etwas reifere Spielanlage, konnten sich aber gegen die robuste Deckung des Aufsteigers zunächst nicht entscheidend durchsetzen.

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Der Neuling verlegte sich überwiegend auf ein überfallartiges Konterspiel und brachte damit das HSV-Tor gleich zweimal in Gefahr: Schon in der achten Minute scheiterte Mittelfeldspieler Fabian Boll mit einem strammen Distanzschuss nur knapp, 180 Sekunden später prüfte Rouwen Hennings HSV-Torhüter Frank Rost in dessen 400. Bundesligaspiel mit einem Kopfball. Die erste Tormöglichkeit für den HSV hatte Abwehrspieler Joris Mathijsen, dessen Kopfball in der 35. Minute knapp über die Latte strich.

Auch nach dem Seitenwechsel hielt der unübersehbare gegenseitige Respekt an, beide Mannschaften neutralisierten sich lange weitgehend. Starke Deckungsreihen drückten dem Match ihren Stempel auf, dementsprechend wenige spannende Torszenen gab es auch nach dem Wiederanpfiff von FIFA-Schiedsrichter Florian Meyer aus Burgdorf zu sehen.

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Der kampfstarke David Jarolim und der nahezu fehlerfrei agierende Mathijsen waren die stärksten Kräfte beim HSV. Aus dem St. Pauli-Team ragten Abwehrspieler Carlos Zambrano sowie Routinier Boll heraus. Ab der 74. Minute feierte der ehemaliger Schalker Nationalspieler Gerald Asamoah nach mehrwöchiger Verletzungspause sein lautstark umjubeltes Millerntor-Debüt. Drei Minuten später bereitete er Bolls Treffer mit einem Querpass vor.

"Das war hier Ringelpietz mit Anfassen. Fehlte nur noch, dass wir mit rosa Röckchen aufgelaufen wären. Die Harmoniestrategie hat sich auf das Spielfeld übertragen", sagte HSV-Torwart Frank Rost nach dem Spiel. St. Pauli-Trainer Holger Stanislawski war auch nicht gerade angetan: "Das war kein gutes Spiel mit einem leistungsgerechten Unentschieden. Für ein solches Derby ist das Resulttat natürlich langweilig."

Krawalle überschatten Nordderby

Auf dem Anmarsch zum Stadion, abgesichert von rund 1000 Polizisten, ging es nicht ohne einen Einsatz von Wasserwerfern ab, nachdem Polizeibeamte von HSV-Sympathisanten attackiert worden waren. Der HSV-Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann allerdings wurde kurz nach seinem Eintreffen mit Bier begossen. Nach dem Spiel attackierten ein paar HSV-Fans die St. Pauli-Kneipe "Jolly Roger", es kam zu vereinzelten Schlägereien und Festnahmen. Auch am Paulinenplatz kamen sich Anhänger beider Teams in die Haare, die Polizei rückte mit Wasserwerfern an.

Die Auseinandersetzungen hielten auch lange nach dem Schlusspfiff noch an. Rund um die Reeperbahn gab es immer wieder Schlägereien, die Polizei sprach von einer unübersichtlichen Lage. Die Anzahl der verletzten Personen war zunächst noch unklar.

Da nur 2100 Gästefans am Millerntor live dabei sein konnte, verfolgten viele Anhänger der «Rothosen» die Partie auf einer Großbildleinwand in der HSV-Arena. Selbst dort waren aber auch circa 80 Fans des FC St. Pauli präsent, die für die Partie in "ihrer" Arena keine Tickets erhalten hatten. Insgesamt waren 25.291 Zuschauer in der Imtech-Arena, die für einen stimmungsgeladenen aber friedlichen Nachmittag sorgten.

Die Statistik

St. Pauli: 26 Kessler - 24 Rothenbach, 5 Zambrano, 16 Thorandt, 6 Oczipka - 20 Lehmann, 17 Boll - 8 Bruns (ab 67. Bartels), 7 Hennings (ab 73. Asamoah), 23 Naki (ab 84. Kruse) - 9 Ebbers. - Trainer: Stanislawski

Hamburg: 1 Rost - 25 Rincon, 4 Westermann, 5 Mathijsen, 7 Jansen - 14 Jarolim (ab 79. Trochowski), 8 Ze Roberto - 21 Pitroipa, 9 Guerrero (ab 62. Petric), 11 Elia (ab 79. Choupo-Moting) - 22 van Nistelrooy. - Trainer: Veh

Schiedsrichter : Florian Meyer (Burgdorf)

Zuschauer : 23.794 (ausverkauft)

Tore : 1:0 Boll (77.) , 1:1 Petric (88.)