Die Italiener wollen dem HSV ein Kaufangebot für den Nationalspieler unterbreiten. Aogo bezeichnet das Interesse als “große Ehre“.

Hamburg. Er war der Einzige der fünf WM-Nachzügler, der nach den Leistungstests bei seiner gestrigen öffentlichen Präsentation nicht nachschwitzte. Im wahrsten Sinne der Worte mit dem Rücken zur (Werbe-)Wand wirkte Dennis Aogo abgeklärt, obgleich die zahlreichen Kameras und Mikrofone immer näher kamen, der Linksverteidiger von den neugierigen TV-Teams schier erdrückt zu werden schien. Nicht mal konkrete Nachfragen bezüglich eines möglichen Wechsels zum italienischen Rekordmeister Juventus Turin vermochten den 23-Jährigen zu verunsichern. Im Gegenteil: Der Linksverteidiger mit Vertrag in Hamburg bis 2012 wuchs förmlich mit jeder Nachfrage. Es ehrte ihn ganz offensichtlich, nach seiner guten letzten Bundesligasaison und der WM-Teilnahme mit einem so ruhmreichen Verein in Verbindung gebracht zu werden. Ob ihn Juve nicht reize? Antwort: "Nicht mehr als der HSV ." Wirklich nicht? "Nein!" Obwohl es Italiens Rekordmeister sei? Aogo bleibt bei seiner klaren Linie und lächelt: "Nein. Ich mache mir dahingehend wirklich überhaupt keinen Gedanken."

Dabei ist das Interesse der Italiener inzwischen bestätigt, ein offizielles Angebot für den HSV steht unmittelbar bevor, nachdem schon seit der WM in Italien fast täglich neue Gerüchte um den Nationalspieler aufkamen (AC Mailand, Inter Mailand). Am hartnäckigsten wurde aber Juve mit Aogo in Verbindung gebracht. Oft mit sehr fantasievollen, sinnfreien Konstrukten. Aber letztlich doch mit einer Portion Wahrheitsgehalt. "Es wird so kommen, dass Juventus auf den HSV zugeht", bestätigt Aogos Berater Gordon Stipic, der den ihm nachgesagten "täglichen Kontakt" zu Juves Managern allerdings trotzdem dementiert. Ebenso wie sein Klient. "Ich habe mich während der WM nicht damit beschäftigt, weil ich meinen Berater beauftragt hatte, alles von mir fernzuhalten", sagt Aogo, "aber man kriegt so was natürlich mit."

Zumal Juventus Turin nicht irgendein Verein ist. "Juve ist ein italienischer Traditionsklub", lobt Aogo, "ein Weltverein, der es in den letzten Jahren nicht geschafft hat, seine Ansprüche umzusetzen. Trotzdem ist ein Interesse von so einem Klub auch für mich eine große Ehre." Nur wirklich beschäftigt habe er sich bis heute eben nicht damit. "Ich habe oft genug betont, dass ich in Hamburg bleiben will, und das ist auch heute noch so. Ich weiß nicht, woran eine Verlängerung scheitern sollte", beteuert Aogo, und der Zuhörer ist geneigt, seinen Worten zu folgen.

Schließlich gilt Aogo als jemand, der lieber nichts als etwas Unwahres oder Dummes sagt. Mit der Bibel als Verhaltensleitlinie gibt sich der Linksverteidiger geradlinig, ehrgeizig und ehrlich. Statt aus dem Juve-Angebot große Politik zu machen, verdeutlicht er wiederholt, dass er in Hamburg bleiben möchte. "Es gab schon ein Telefonat und ein Treffen im Vorfeld", sagt Aogo und bestätigt, dass Verein und Berater schon erste Vorstellungen ausgetauscht haben. "Danach hatten beide Seiten vereinbart, nach meiner Rückkehr die Gespräche wieder aufzunehmen. Und Hamburg wäre für mich die beste Lösung. Der HSV ist für mich ein ganz besonderer Verein." Was den Klub besonders macht? "Der HSV hat so viel Potenzial", gerät Aogo ins Schwärmen, "und das ist noch nicht ausgeschöpft. Hamburg ist eine Weltstadt, die Fans großartig, die Bedingungen selten gut. Und ich weiß das zu schätzen."

HÄNDE WEG VON DENNIS AOGO - ein Kommentar von Alexander Laux

Der HSV die Worte seines Schützlings auch. Bastian Reinhardt hatte schon während der WM erklärt, die Gespräche mit Aogos Berater seien fortgeschritten und er sehr zuversichtlich, dass sich beide Seiten einigen würden. Und nachdem auch Trainer ArminVeh ausschloss, auf seiner zuletzt "verwaisten linken Seite überhaupt über einen Spieler nachzudenken, der abgegeben werden könnte", ergänzte der Sportchef, dass auch der HSV-Vorstand einen Wechsel seines Linksverteidigers ablehne. Aogo: "Das habe ich auch gehört."

Klar ist, dass sich Aogo mit seiner heutzutage nur noch sehr selten formulierten Liebesbotschaft an den Verein auch bei den Fans in der Beliebtheitsskala steigern wird. Der gebürtige Karlsruher, der in seiner Jugend durch Disziplinlosigkeiten seine Karriere gefährdet hatte, ist gereift. "Dennis ist ein guter Typ", lobt Reinhardt, "er ist keiner, der seine Meinung minütlich wechselt. Er weiß, was er am HSV hat und ist auch keiner, dem das erste Angebot Schweißperlen auf die Stirn treibt."