Am Mittwoch jährt sich der letzte DFB-Pokal-Sieg des HSV zum 25. Mal. Manfred Kastl erlebte viele Schicksalsschläge, lebt heute von Arbeitslosengeld.
Hamburg. Der HSV fiebert dem 125. Vereinsjubiläum im September entgegen. Ein weniger schönes Jubiläum steht morgen an: Vor 25 Jahren konnte der Klub seinen letzten Titel gewinnen. Am 20. Juni 1987 feierte die Mannschaft unter Trainer Ernst Happel nach dem 3:1 im Finale gegen die Stuttgarter Kickers den Sieg im DFB-Pokal. Dietmar Beiersdorfer, der zum Ausgleich traf, und Manfred Kaltz, der das 2:1 erst kurz vor dem Ende mit einem Freistoß erzielte, bevor Niels Schlotterbeck ein Eigentor unterlief (90.), hießen die umjubelten Akteure.
Viele Spieler aus dem Siegerteam sind dem Fußball noch heute eng verbunden. Um einen ist es allerdings ruhig geworden: Angreifer Manfred Kastl. Damals 21 Jahre alt, stand dem Blondschopf eine große Karriere bevor. Ein Jahr nach dem Triumph wurde er für 2,5 Millionen Mark nach Leverkusen transferiert, zu der Zeit die zweithöchste Summe der Bundesligageschichte. Glücklich wurde Kastl dort nicht, er ging nach Stuttgart und gewann mit dem VfB 1992 die Deutsche Meisterschaft. "Ich war 26, stand voll im Saft, hatte sogar ein siebenstelliges Angebot von Chelsea London", sagt Kastl.
Doch dann begannen die Schicksalsschläge in seinem Leben. Er überwarf sich mit Stuttgarts Manager Dieter Hoeneß, seine Mutter erkrankte an Krebs. Kastl entschied sich gegen einen Wechsel nach England, beendete sogar seine Profikarriere, um sich um seine Mutter zu kümmern. Dafür baute er sein zuvor erworbenes Hotel in ein Pflegeheim um. Doch eine teure Scheidung brachte ihn erstmals in finanzielle Schwierigkeiten, die durch das einschneidendste Ereignis in seinem Leben bis heute andauern: Im September 2004 wurde Kastl nach einer Golfplatzeinweihung in Tschechien ins Hotel chauffiert. 17 Tage später erwachte der Ex-Stürmer mit 15 gebrochenen Knochen aus dem Koma. Die Fahrt endete an einem Baum, erfuhr Kastl später, der Fahrer erlag seinen Verletzungen. Laut eines Gutachtens ist er zu 80 Prozent schwerbehindert.
Seitdem befindet sich der heute 46-Jährige im Rechtsstreit mit einer tschechischen Versicherung. An eine geregelte Arbeit ist kaum noch zu denken. "Ich kann aufgrund meiner Verletzungen kaum mehr als zwei Stunden am Stück sitzen oder stehen. Es könnte mir besser gehen, wenn ich die nötigen Therapien verschrieben bekäme, doch meine Privatversicherung zahlt nur die Grundversorgung, bis der Fall abgeschlossen ist", sagt Kastl. Und das könne sich noch acht Jahre hinauszögern. 2008 musste er Privatinsolvenz anmelden. Heute lebt Kastl von Arbeitslosengeld. "Ich denke gern an Hamburg zurück. Das Flair der Stadt, die geile Truppe von damals. Es war eine gute Zeit." Der Wahlstuttgarter hofft, in naher Zukunft im Jugendbereich als Trainer eine Chance zu bekommen. "Ich brauche eine Beschäftigung."
Die anderen HSV-Helden von damals sind in den unterschiedlichsten Bereichen tätig - und viele dem Fußball noch eng verbunden.
Uli Stein: Der Torwart wurde kurz nach dem Triumph von 1987 wegen eines Faustschlages gegen Bayern-Stürmer Jürgen Wegmann beim HSV entlassen und wechselte nach Frankfurt, wo er erneut den DFB-Pokal gewann. Heute arbeitet Stein als Co-Trainer der Aserbaidschanischen Nationalmannschaft.
Dietmar Beiersdorfer: Der Abwehrspieler wurde nach seinem Transfer zu Werder Bremen dort Deutscher Meister (1993) und erneut Pokalsieger (1994). Als Sportchef beim HSV gelangen ihm viel beachtete Transfers, ehe er seinen Vertrag dort 2009 auflöste und als sportlicher Leiter zu Red Bull wechselte. Seit der Trennung 2011 wartet Beiersdorfer auf den passenden Job.
Ditmar Jakobs: Zwei Jahre nach dem Triumph in Berlin wurde seine Karriere jäh beendet: Der Karabinerhaken eines Tornetzes bohrte sich in seinen Rücken und verletzte Nervenstränge. Heute konzentriert sich Jakobs auf seine Versicherungsagentur in Norderstedt.
Manfred Kaltz: Der DFB-Pokal-Sieg war der letzte Titel einer großen Karriere, die der Rechtsverteidiger 1991 beendete. Heute ist er der Betreiber der Manfred-Kaltz-Fußballschule in Norddeutschland.
Thomas Kroth: Ein Jahr nach dem Pokalsieg mit dem HSV wechselte der Mittelfeldspieler nach Dortmund. Dort konnte er 1989 nochmals die Trophäe gewinnen. Kroth gründete 1995 die Spielerberater-Agentur PRO Profil. Fußball spielt Kroth aufgrund von Problemen mit der Hüfte nicht mehr.
Sascha Jusufi: Der jugoslawische Mittefeldmann wechselte 1991 vom HSV zu Schalke 04, für das er aufgrund von Verletzungsfolgen kein Spiel mehr bestreiten konnte. Der DFB-Pokal-Sieg war sein größter Erfolg. Jusufi ist heute Geschäftsführer einer Marketingagentur.
Thomas von Heesen: Nach 14 Jahren beim HSV verbrachte der Mittelfeldspieler ab 1994 den zweiten Teil seines Fußballerlebens bis 2007 fast ausschließlich bei Arminia Bielefeld, als Spieler, Teammanager und Trainer. Heute trainiert er den österreichischen Verein SV Karpfenberg, mit dem er aus der ersten Liga abgestiegen ist.
Peter Lux: Der Defensivspieler wurde nach dem Pokalsieg an Waldhof Mannheim abgegeben. Er beendete seine aktive Karriere 1993 bei Eintracht Braunschweig. Zwei Jahre später wurde Lux Trainer in Wolfenbüttel, wo er nach einigen Vereinswechseln auch heute wieder als Trainer (Landesliga) tätig ist.
Tobias Homp: Der defensive Mittelfeldspieler blieb zunächst bis 1989 beim HSV und wechselte dann nach Homburg. Nach einer kurzen Rückkehr nach Hamburg ging er zum Amateurklub SV Henstedt-Ulzburg, wo er bis zuletzt noch in der Schleswig-Holstein-Liga aushalf - mit 48 Jahren.
Miroslaw Okonski: Nach zwei Jahren beim HSV wechselte der Pole zu AEK Athen und wurde dort griechischer Meister. 1993 kam er noch einmal nach Hamburg zurück und spielte bei Concordia Hamburg und Raspo Elmshorn auf Amateurniveau. In den letzten Jahren seiner Laufbahn hatte er immer wieder Probleme mit Alkohol und Glücksspiel. Okonski brachte vor Kurzem seine Biografie "Okon" heraus. Sportlich aktiv ist er noch in der polnischen All-Star-Nationalmannschaft.
Frank Schmöller: Der Stürmer wurde im Endspiel nach 68 Minuten für Sascha Jusufi eingewechselt. Der Pokalsieg war der Höhepunkt seiner Spielerkarriere, die allerdings noch bis ins Jahr 1997 andauerte und ihn zeitweise nach Belgien zog. Vor Kurzem verlängerte er seinen Trainervertrag beim FC Ismaning (Bayernliga) für die kommende Spielzeit.