Hamburgs Topklubs pokern bis zur letzten Sekunde. Arnesen: “Müssen uns vordrängeln“. St. Pauli fahndet nach sechs Zugängen.

Hamburg. Frank Arnesen ist rein privat ein sehr höflicher Mensch. Das sagt er zumindest über sich selbst. Er gibt allerdings gerne zu, dass er im Job mitunter mit sehr harten Bandagen kämpft. Im Transfergerangel um Topspieler seien ihm sogar "fast alle Mittel recht". Erklärend fügt Arnesen hinzu: "Wir stehen im Moment hinten an. Aber wer nur nett ist, kommt nicht weiter. Wir müssen uns vordrängeln."

+++ Zu- und Abgänge HSV +++

+++ Auch Abraham wird wohl nicht nach Hamburg wechseln +++

+++ Holland-Star Kuyt gibt dem HSV einen Korb +++

Sportlich nur knapp dem Abstieg entgangen, lassen die Klubfinanzen keine teuren Transfers zu. "Daher kommen auch Spieler wie Dirk Kuyt nicht. Manchmal kann man mit etwas Geld die sportliche Lage kaschieren. Hier ging das leider nicht." Der Niederländer entschied sich für Fenerbahce Istanbul, spielt dort in der Champions League. Und das für das fürstliche Gehalt von knapp vier Millionen Euro im Jahr.

Der HSV ist nicht mehr erste Wahl. Und das gestaltet die Kaderplanung schwierig. Ebenso wie die knappen Vereinskassen. "Aus unseren Mitteln können wir aktuell keine Ablösesummen finanzieren", gibt Arnesen zu. Stattdessen sollen Spieler abgegeben werden, um neue Spieler zu finanzieren. Bislang ohne großen Erfolg. Arnesen beschwichtigt: "Die Transferperiode hat gerade erst begonnen. Solange die großen Klubs wie Barcelona oder Real Madrid nicht groß investieren, passiert nicht viel. Erst dann wird Geld auf den Markt gespült, womit andere Klubs dann wiederum einkaufen gehen - und so weiter. Das ist wie beim Domino."

Und um dann nicht selbst umzukippen, hofft Arnesen auf Standfestigkeit durch externe Hilfe. Demnächst steht ein Gespräch mit Unternehmer Klaus-Michael Kühne an, der erneut mit einem Millionenbetrag helfen soll - vor allem um einen Mittelfeldspieler zu finanzieren. Trotz des wohl geplatzten Transfers von FC Basels David Abraham, der beim HSV zugesagt, jedoch beim FC Getafe einen Vorvertrag unterschrieben hatte, pocht Arnesen auf Ruhe: "Transfers in unserer Situation können sich bis zur letzten Sekunde der Wechselperiode ziehen - aber Grund zur Sorge habe ich nicht." Zudem habe man mit René Adler, Artjoms Rudnevs und Rückkehrer Maximilian Beister schon drei Neue verpflichtet.

Der Aufsichtsrat wird sich heute Abend wohl nicht mit der Transferpolitik, sondern mit der Nachfolge des zurückgetretenen Vorsitzenden Ernst-Otto Rieckhoff beschäftigen. Voraussichtlich wird Unternehmer Alexander Otto Interimschef.

St. Paulis Sechs-Mann-Soko fahndet nach sechs Neuzugängen

Interimssportchef Thomas Meggle, Chefscout Stefan Studer, Präsident Stefan Orth, Vize Jens Duve und Trainer André Schubert. 59 Tage vor dem Saisonstart sind beim FC St. Pauli nicht weniger als fünf Personen in die Fahndung nach Neuzugängen involviert. Selbst der designierte Sportdirektor Rachid Azzouzi, noch bis Monatsende an Greuther Fürth gebunden, schaltet sich im Rahmen seiner Möglichkeiten mit ein. Die Soko 2012/2013 trifft sich in und außerhalb Hamburgs mit Spielern und Beratern. Voraussichtlich sechs erfolgreiche Abschlüsse werden noch benötigt, um die geplante Kaderstärke von 24 Spielern zu erreichen. Fest steht: Die Fahndung wird mit dem Vorbereitungsbeginn am 25. Juni nicht vorbei sein, eventuell auch erst nach dem Saisonstart enden.

+++ Zu- und Abgänge FC St. Pauli +++

Nach zwölf Abgängen und drei Neuzugängen sowie den zuletzt verliehenen Rückkehrern Rouwen Hennings (Osnabrück) und Davidson Drobo-Ampem (Esbjerg) besitzen 20 Profis über den 30. Juni 2012 hinaus einen gültigen Vertrag. 20 Spieler, von denen Hennings noch abgegeben wird. Sturmkollege Mahir Saglik könnte bei entsprechendem Angebot ebenfalls gehen, Innenverteidiger Carlos Zambrano, der bei der peruanischen Nationalelf gerade von spanischen Scouts begutachtet wird, möchte erstklassig spielen und verdienen.

Dennoch sieht die Chefetage keinen Grund zur Sorge. Die Verpflichtung von Dortmunds Angreifer Daniel Ginczek gilt als sicher, die Gespräche mit dem Bremer Stürmer Lennart Thy verliefen ebenfalls hoffnungsvoll. Ob der 20-Jährige kommt oder den Hamburgern wie zuvor Nürnbergs Christian Eigler und Hakan Calhanoglu (Karlsruhe) absagt, will er morgen entscheiden. Ein Torwart und mindestens ein Außenverteidiger sollen noch kommen, der Königstransfer aber ist nach der schlechten Chancenverwertung 2011/2012 für den Angriff vorgesehen. Hier soll die Finanzkraft gebündelt werden, womöglich erst nach den Transferverschiebungen der EM. Geduld ist gefragt - wie jedes Jahr. 2011 wurde mit Lasse Sobiech die erste Neuverpflichtung sieben Wochen vor dem ersten Spieltag bekannt gegeben.