Der HSV gewann im DFB-Pokal 3:1 gegen 1860 München. Bayern München sorgte für noch mehr Furore und bezwang den VfB Stuttgart in dessen Stadion mit 5:1. Wer setzt sich am Freitag durch, wenn Martin Jols Team den Rekordmeister empfängt. Das Abendblatt präsentiert Ihnen die elf Schlüsselduelle - und eine Einschätzung.

Hamburg. Martin Jols Augenbrauen schnellten in die Höhe. Als der HSV-Trainer nach dem 3:1-Sieg gegen 1860 München den Viertelfinaeinzug seines Teams im DFB-Pokal besiegelt hatte und erstmals auf einen Zwischenstand des Bundesliga-Rückrundenauftaktgegners Bayern München in Stuttgart blickte, war die Partie im Gottlieb-Daimler-Stadion bereits gelaufen. Die Bayern führten souverän mit 2:0 und verschossen gerade einen Elfmeter - am Ende sprang ein nie gefährdeter 5:1-Sieg heraus, der für die Schwaben in dieser Höhe sogar noch schmeichelhaft war. "Die Bayern sind gut drauf", sagte Jol. "Trotzdem werden auch wir unsere Chancen haben, auch dank des Publikums in unserem Rücken!"

Die Bayern kommen. Grund genug für das Hamburger Abendblatt, die elf Schlüsselduelle für den Nord-Süd-Gipfel und eine entsprechende Wertung vorzunehmen:

Schlüsselduell 1: Frank Rost - Michael Rensing

Rost blieb gegen die "Löwen" im Pokal weitgehed ungeprüft, wirkte ruhig und sicher. Gelegentlich haderte er vor allem in Hälfte eins mit der linken Abwehrseite. Rensings Qualitäten waren in Stuttgart auch nicht gefragt. Für Rost sprechen Routine und Ausstrahlung - Vorteil HSV, 1:0.

Schlüsselduell 2: Bastian Reinhardt - Luca Toni

Es wird eine Art Konfrontation der "Giganten". Körperlich hat Toni leichte Vorteile, in Sachen Cleverness liegt Reinhardt vorne. Der Bayern-Italiener Toni glänzte in der Hinserie oft durch seinen Vollstreckerinstinkt. Selbst wenn ihm gelegentlich wenig gelang, stand er im entscheidenden Moment goldrichtig und traf - Vorteil FC Bayern, 1:1.

Schlüsselduell 3: Joris Mathijsen - Miroslav Klose

Hat der Bayern-Torjäger seine Hinrunden-Minikrise überwunden? In Stuttgart wirkte er wieder wesentlich stabiler, zielsicherer und abgebrühter als am Ende des Jahres 2008. Der frühere Bremer zeichnet sich durch sein enormes Laufpensum und sein Gespür für Strafraumszenen aus. Der HSV-Abwehrchef hat etwas Entscheidendes dagegen zu setzen: sein gutes Stellungsspiel, sein nahezu fehlerfreies Zweikampfverhalten und seine auffällig hohe Aufmerksamkeit - Remis, weiterhin 1:1.

Schlüsselduell 4: Guy Demel - Franck Ribery

Bei diesem Aufeinandertreffen könnte manch französisches Schimpfwort fallen. Der Ivorer Demel will "Zauberfuß" Ribery mit seinen physischen Vorzügen "abkochen". Er muss von Beginn an aufpassen, dass der Franzose der Bayern nicht zur spielerischen Entfaltung kommt. Nutzt Demel Riberys Hang zur spielerischen Überheblichkeit (die in Stuttgart nicht nur beim verschossenen Strafstoß sichtbar war) und kann selbst offensive Akzente setzen, vergisst dabei aber nicht die defensive Disziplin, dann könnte er das Duell an einem guten Tag für sich entscheiden. Aber nur dann - Vorteil FC Bayern, 1:2.

Schlüsselduell 5: Marcell Jansen - Bastian Schweinsteiger

Aus Münchener Kreisen war zuletzt zu hören, dass der FCB beim HSV eine Schwachstelle in der linken Abwehrseite ausgemacht habe. Entsprechend viele Impulse soll der rechte Mittelfeldmann Schweinsteiger geben, er soll Vorstöße wagen und Standardsituationen herausholen. Schweinsteiger ist in seiner gesamten Spielanlage reifer als Jansen, und trotz erheblicher Leistungsschwankungen in der Hinserie steht der HSVer Jansen zunächst einmal in der defensiven Pflicht - Vorteil FC Bayern, 1:3.

Schlüsselduell 6: David Jarolim - Mark van Bommel

Die Kernfrage dieses Kapitänsduells lautet: Stehen beide Profis bis zum Abpfiff auf dem Platz? Van Bommel geht bei seinen defensiven Abräumkommandos häufig etwas zu rustikal vor, er reibt sich in zahlreichen Verbalduellen auf. Der Tscheche Jarolim ist einer der sichersten "Ballschlepper" der Liga und hat in der Vergangenheit schon oft den Unmut der Bayern auf sich gezogen, weil er sich nur durch Fouls bremsen ließ (oder aber so geschickt fiel, dass es auch ohne Foulspiel Freistöße gab). Jarolim ist wesentlich mannschaftsdienlicher als der Bayern-Niederländer, von dem HSV-Coach Martin Jol große Stücke wegen der Führungsqualitäten hält. Trotzdem - Vorteil HSV, 2:3.

Schlüsselduell 7: Piotr Trochowski - Philipp Lahm

Körperlich kleine Spieler, fußballerisch größtes Potenzial: Die beiden Nationalspieler werden sich oft in die Quere kommen. Lahms Vorteile liegen eindeutig im Defensivverhalten, seiner Hartnäckigkeit in Zweikämpfen und seinen Offensivvorstößen über den linken Flügel. "Troche" wird gegen seinen Ex-Klub extrem motiviert sein und ist aufgrund seiner Schusstechnik, -Härte und -Präzision dazu in der Lage, auch dieses Topduell für seine vereinsfarben zu entscheiden. Kann die Nummer 15 des HSV in den Anfangsminuten gute Szenen für sich verbuchen, steigt sein Selbstvertrauen schnell. Lahms Gesamteindruck ist nicht so abhängig von Einzelszenen - Remis, weiterhin 2:3.

Schlüsselduell 8: Paolo Guerrero - Lucio

Der Peruaner Guerrero tritt ein schweres Erbe an, weil die meisten Beobachter ihn an den jüngsten Leistungen des fehlenden Ivica Olic messen werden. Diesem Maßstab kann Guerrero gar nicht gerecht werden, weil er ein komplett anderer Spielertyp ist: technisch viel beschlagener, gewitzter. Gegen den Brasilianer Lucio wird sich Guerrero einer läuferischen Herausforderung stellen. Er muss stets konzentriert sein und versuchen, einen der pro Partie ein bis zwei auftauchenden Lucio-Patzer zu nutzen - Remis, weiterhin 2:3.

Schlüsselduell 9: Mladen Petric - Martin Demichelis

Beide Spieler gelten unter internationalen Experten nicht gerade als "Laufwunder". Petric merkte man gegen 1860 München noch seine jüngst auskurierte Verletzung an, ihm fehlten zur Topform mindestens 30 Prozent. Demichelis agiert im Abwehrzentrum zwar als umsichtiger Chef der Verteidigungskette, aufgrund seiner Schnelligkeitsdefizite ist er aber auch für den einen oder anderen Fehler gut. Zudem ist der Argentinier eine Quelle vieler Freistöße für den Gegner. Petric, das Schlitzohr mit dem Killerinstinkt im Strafraum, kann den Unterschied seines Teams ausmachen - Vorteil HSV, 3:3.

Schlüsselduell 10: Martin Jol - Jürgen Klinsmann

Der international erfahrene Klubtrainer misst sich mit dem mittlerweile reifer gewordenen Vereinstrainer-Lehrling. In Sachen Taktik und Überraschungsmoment nehem sich die sportlichen Chefs wenig, in Sachen Ansprache und "Spiellesen" hat Jol aber Vorzüge im Vergleich zu "Klinsi". Daher - Vorteil HSV, 4:3.

Schlüsselduell 11: Ersatzbank - Ersatzbank Beim HSV sind die Reservisten vornehmlich talentierte Nachwuchskräfte, Ergänzungsspieler und zukünftige Hoffnungsträger wie Jonathan Pitroipa. Bei den Bayern ist jede Position nahezu gleichwertig ersetzbar, mit dem US-Nationalspieler Donovan verfügen die Münchener zudem über einen Angreifer der Marke Extraklasse - Vorteil FC Bayern, Endstand 4:4.