Mit Understatement zum Erfolg? 1992 hat das schon einmal geklappt. Die deutsche Mannschaft kann davon ein Lied singen. Jetzt ist Irland dran.
Hallo Hamburg,
seit ich gestern in Sopots berühmter Fressmeile Monte Cassino unterwegs war, weiß ich endlich, wer Europameister wird: Kein Zweifel, es können nur die Iren werden. Nun mag der eine oder andere vielleicht fragen, warum ausgerechnet die Iren, die in der Vergangenheit nun wirklich nicht mit Erfolg verwöhnt wurden. Diese Frage kann aber nur jemand stellen, der nicht in der Bohaterow Monte Cassino der spazierenden Mannschaft beinahe in die Arme gelaufen wäre.
Gemütlich schlenderten die Jungs in ihren Trainingsanzügen die Promenade hoch und runter, schauten mal hier und mal dorthin und machten den ultimativen Kegelklub-auf-großer-Fahrt-Eindruck. Aber genau dieser Eindruck täuscht eben. Das sollte man spätestens seit 1992 wissen, als sich die Dänen mit genau der gleichen Understatement-Taktik den Titel erschlichen haben. Von einer spaßigen Urlaubstruppe war damals die Rede, von Ausflügen zu McDonalds und von vielen Nachmittagen in Cafés. Gegen die deutsche Mannschaft reichte die damalige Taktik im Finale jedenfalls aus.
Und die Iren? Die haben sich direkt in Sopots Ausgehviertel nahe dem Ostseestrand im Hotel Sheraton einquartiert, nur 500 Meter von unserem Apartment entfernt. Dort bereitet sich nun also die Mannschaft von Trainer Giovanni Trapattoni auf die Piece-of-cake-Gruppe mit Spanien, Italien und Kroatien vor. Die gute Nachricht aus deutscher Sicht: Die DFB-Auswahl kann frühestens im Finale auf Irland treffen. Eben wie 1992 gegen die Dänen...
In dem Sinne, do jutra, also bis morgen,
Kai Schiller
Abendblatt-Redakteur Kai Schiller begleitet die deutsche Nationalmannschaft vor und während der EM. Jeden Tag schreibt er aus Sopot in der Nähe von Danzig einen Brief an Hamburg.