Berlin. Am Ende einer dramatischen Saison besiegt der BVB Eintracht Frankfurt. Trainer Thomas Tuchel spricht derweil über seine Zukunft.
Borussia Dortmund hat den "Fluch von Berlin" gebannt und am Ende einer dramatischen Saison den DFB-Pokal gewonnen. Im wahrscheinlich letzten Spiel mit Trainer Thomas Tuchel und Siegtorschütze Pierre-Emerick Aubameyang rang der BVB im Finale Eintracht Frankfurt am Sonnabend mit 2:1 (1:1) nieder – es war eine Erlösung nach drei Endspiel-Niederlagen in den vergangenen drei Jahren.
Ousmane Dembélé mit einer genialen Finte (8.) und Aubameyang mit einem hauchzarten Elfmeter-Lupfer (67.) schossen vor 74.322 Zuschauern im ausverkauften Olympiastadion den klar favorisierten, aber keineswegs überragenden BVB zum vierten Pokalsieg nach 1965, 1989 und 2012. Ante Rebic (26.) traf für die kämpferisch tadellosen Frankfurter, die lange auf Augenhöhe mitspielten, aber weiter auf ihren ersten Titel seit 1988 warten.
Mit der Borussia jubelten der SC Freiburg und Hertha BSC – der SCF rückte wie erhofft in die Europa-League-Qualifikation auf, die Hertha aus der Quali in die Gruppenphase. Ein besonderer Triumph war es aber für Tuchel: 46 Tage nach dem Bomben-Attentat auf die Mannschaft am 11. April und trotz des öffentlichen Zerwürfnisses mit Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke führte er seine Mannschaft zum Sieg. Tuchel feierte wie der zur Halbzeit angeschlagen ausgewechselte Marco Reus seinen ersten wichtigen Titel.
Tuchel über seine Zukunft beim BVB
Der sonst so beherrschte Tuchel feierte nach dem Sieg ausgelassen, da konnte auch die Frage von Sky-Moderator Patrick Wasserziehr nach seiner Zukunft beim BVB nicht dran rütteln. "I don’t know, ich bin bereit. Ich weiß es nicht. Es hat sich über die letzten zwei oder drei Wochen aufgebauscht", antwortet der siegestrunkene Tuchel heiter. "Natürlich hängt da jetzt ein riesengroßes Thema drüber. Aber mal sehen, vielleicht wird es gar nicht so schlimm. Ich gebe weiter mein ganzes Herzblut und meine Leidenschaft in die Mannschaft.“
Es deutet allerdings alles darauf hin, dass sich der BVB und Tuchel nach der zweiten Saison ihres Dreijahresvertrages trennen. Das Zerwürfnis mit Watzke scheint nicht zu kitten. Dortmund soll längst bei Lucien Favre, ehemals Borussia Mönchengladbach, von OGC Nizza als Tuchel-Nachfolger vorgefühlt haben. Tuchel hatte schon zuvor betont, dass er seinen Vertrag bis 2018 erfüllen will. "Es wird jetzt ein Gespräch geben, vielleicht auch Gespräche. Ich weiß nicht, wie es ausgeht", sagte er nach dem Spiel, das der BVB von Anfang an beherrscht hatte.
Der BVB ließ Eintracht Frankfurt im ausverkauften Olympiastadion zunächst keine Wahl – aggressiv und passsicher trug der Favorit den Ball nach vorne. Der Liga-Dritte machte Druck, was früh belohnt wurde. Dembélé startete nach einem Flachpass rechts in den Strafraum durch, versetzte Jesus Vallejo mit einem Haken nach innen und ließ Torhüter Lukas Hradecky mit links keine Chance. Tuchel jubelte emotional.
Der BVB-Trainer setzte auf seinen zuletzt angeschlagenen Kapitän Marcel Schmelzer auf der linken Abwehrseite und zunächst die Parade-Offensive mit Dembélé, Reus und dem bis zu einem Seitfallzieher an die Latte quasi unsichtbaren Aubameyang (63.). Vor dem 2:1 hatte Hradecky den eingewechselten Christian Pulisic zu Fall gebracht.
Schachzug von Eintracht-Trainer Kovac
Überrascht wurde sicherlich auch Tuchel vom Schachzug seines Kollegen Niko Kovac, der im Mittelfeld Slobodan Medojevic aufstellte - der Serbe machte sein erstes Pflichtspiel seit dem 12. März 2016. Die Fans des Außenseiters gaben ihrer Mannschaft eine Botschaft mit auf den Weg: "Gewinnt das Finale und werdet unsterblich!" Beim Auflaufen sollte sich ein gigantischer Adler auf der Block-Fahne den Pokal schnappen, die Dortmunder nebelten das gesamte Stadion in der Abendsonne mit Pyro-Fackeln ein.
Erst bei einer Doppel-Großchance von Haris Seferovic und Rebic (26.) wachte die zwischenzeitlich verstummte Eintracht-Kurve wieder auf. Gezwungenermaßen spielte die schwächste Mannschaft der Bundesliga-Rückrunde nun nach vorne - und traf, bevor die Borussia den Platz zum Kontern nutzte. Rebic schob den Ball nach einem Fehler von Sokratis an Roman Bürki vorbei ins Tor. Das Finale wurde zum Duell auf Augenhöhe, der BVB wirkte konfus und hatte riesige Probleme auf der Sechserposition. Kurz vor der Pause traf Haris Seferovic den Pfosten (39.).
Die Probleme behob Tuchel zur Pause mit der Einwechslung von Gonzalo Castro. Auch Pulisic brachte neuen Schwung, Schmelzer und Reus blieben in der Kabine. Dortmund bekam das Spiel in den Griff und hätte in der 50. Minute erneut in Führung gehen können: Mit vereinten Kräften rettete die Eintracht gegen Shinji Kagawa und Pulisic. Der BVB hatte seine stärkste Phase.
Zehntausende Anhänger beider Mannschaften hatten sich in frühsommerlicher Hitze bei Bier und Äppelwoi ohne größere Zwischenfälle eingestimmt. Die Berliner Polizei zeigte sich "sehr zufrieden" mit der friedlichen Stimmung im BVB-Lager am Breitscheidplatz und auf der Frankfurter Party-Meile am Alexanderplatz.
Statistik
Frankfurt: Hradecky - Hector, Abraham, Vallejo - Chandler (72. Meier), Medojevic (56. Tawatha), Gacinovic, Oczipka - Fabián (79. Blum) - Seferovic, Rebic. - Trainer: Kovac
Dortmund: Bürki - Bartra (76. Durm), Sokratis, Schmelzer (46. Castro) - Piszczek, Ginter, Guerreiro - Dembélé, Kagawa - Aubameyang, Reus (46. Pulisic). - Trainer: Tuchel
Schiedsrichter: Deniz Aytekin (Oberasbach)
Tore: 0:1 Dembele (8.), 1:1 Rebic (29.), 1:2 Aubameyang (67., Foulelfmeter)
Zuschauer: 74.322 (ausverkauft)
Gelbe Karten: Gacinovic (2), Hradecky, Abraham, Rebic -