Lille/Hamburg. Eric Cantona nimmt kuriosen Spruch von Mario Götze auf. Schon drei Niederlagen gegen die Slowakei. Özils Tattoo im Trend.
Hopp oder top: Im Grand Stade Lille Metropole entscheidet sich heute, ob der Weg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft zum angestrebten Titelgewinn bei der Europameisterschaft weiter beschritten werden kann. Dazu muss die Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw im Achtelfinale die Slowakei schlagen, gegen die sie noch im vorletzten EM-Text in Augsburg mit 1:3 unterlegen war.
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DFB-Elf kommt am Stadion an
Die deutsche Nationalmannschaft ist soeben am Stadion angekommen. Wie die "Bild" erfahren haben will, tauscht Joachim Löw Julian Draxler mit Mario Götze in der Startformation aus. Die offizielle Bestätigung steht aber noch aus.
5000 deutsche Fans marschieren
Mehrere Tausend deutsche Fans haben sich am Sonntag zu Fuß auf den Weg zum Spiel in Lille gemacht. Nach Angaben der Fanbotschaft waren etwa 5000 Anhänger der DFB-Elf dabei. Die Fans hatten sich mit Fahnen, Perücken, Hüten oder Girlanden ausgestattet. Auf der knapp fünf Kilometer langen Strecke vom Zentrum der nordfranzösischen Stadt bis zum Stade Pierre Mauroy waren auch viele Menschen in den Trikots der Nationalmannschaft unterwegs.
Bereits zum ersten Spiel der deutschen Mannschaft gegen die Ukraine hatte es in Lille einen solchen Fanmarsch gegeben. Vor dem letzten Gruppenspiel der Deutschen gegen Nordirland in Paris waren die Fans gemeinsam vom Eiffelturm zum Prinzenparkstadion gelaufen.
Der Präfekt der Region Nord - Pas-de-Calais Picardie hat für den Spieltag öffentlichen Konsum und Transport von Alkohol in Lille untersagt. Auch Getränke in Behältern aus Glas oder Metall sind verboten. Zudem dürfen an diesem Tag erneut keine Feuerwerkskörper wie Bengalos mitgeführt werden.
Gomez offen für Bundesliga-Rückkehr
Mario Gomez hält sich eine Rückkehr in die Bundesliga nach der EM offen. „Warum soll ich irgendetwas ausschließen? Man sieht doch, wie schnell sich Dinge ändern im Fußball, wie unerwartet manches kommt“, sagte der Torjäger der „Bild am Sonntag“.
Gomez war in der abgelaufenen Saison vom AC Florenz an Besiktas Istanbul ausgeliehen und hatte mit 26 Toren einen großen Anteil am Meistertitel in der Türkei. Der 30-Jährige bekräftigte erneut, dass er während der Europameisterschaft keine Verhandlungen über seine sportliche Zukunft führen will.
Türkische Medien hatten vor Turnierbeginn berichtet, der VfL Wolfsburg sei an einer Verpflichtung von Gomez interessiert. „Ich bin definitiv für alles offen“, sagte Gomez.
Gelingt Deutschland das 2050. Tor?
Die Nationalmannschaft bestreitet gegen die Slowakei ihr 915. Länderspiel. Die Bilanz seit der ersten Begegnung am 5. April 1908 gegen die Schweiz (3:5): 531 Siege, 184 Unentschieden und 199 Niederlagen bei einer Tordifferenz von 2049:1085. Eingesetzt wurden in diesem Zeitraum 923 Nationalspieler. Die bislang letzten Debütanten waren Julian Brandt, Joshua Kimmich, Bernd Leno und Julian Weigl beim 1:3 gegen die Slowakei in der EM-Vorbereitung.
Cantona outet sich als Götze-Fan
Die französische Legende Eric Cantona hat sich als Fan von Mario Götze geoutet. Allerdings lobte der ehemalige Stürmer von Manchester United in seiner Videokolumne bei Eurosport nicht die fußballerischen Fähigkeiten des WM-Helden, sondern dessen, nun ja, nachdenkliche Seite.
Cantona, der während der EM als "selbsternannter Fußballchef" mit Rauschebart und offenem Hemd auftritt, holt weit aus. Er sei angesichts des Spruchs des Schweizers Xherdan Shaqiri über Kondome ins Grübeln geraten. "Ich habe herausgefunden, dass ich wohl einen Sohn in Deutschland habe ... ja, Mario Götze!", sagt Cantona mit gespielter Erschütterung und zitiert dessen Satz: "Mal ist man der Hund, mal der Baum."
Er liebe diese Art von "philosophischem Nonsens", ruft Cantona begeistert, "das sind meine Gene, ich mag Mario". Aber, fügt er entrüstet an: "Meine Möwen haben niemals jemanden angepinkelt."
Hintergrund der Ergänzung: Für seinen legendären Kung-Fu-Tritt gegen einen Fan rechtfertigte sich Cantona (50) einst mit den Worten: "Die Möwen folgen dem Fischkutter, weil sie glauben, dass die Sardinen wieder ins Wasser geworfen werden." Was er damit genau meinte, ist bis heute offen; Cantona begründete damit aber seinen Ruf als Fußball-Philosoph.
Diesen bestätigt er in seiner EM-Kolumne, in der er auf aktuelle Entwicklungen bei der Endrunde eingeht. Er lobt die Kleinen und veralbert die Großen. Er schimpft über die Spielflächen ("Kartoffelacker!") und den Brexit, ja er singt sogar. In der jüngsten Ausgabe intoniert er inbrünstig den inoffiziellen EM-Hit "Will Grigg's on fire" - mit einem lauten "Lalalalalalala" und wackelndem Waschbrettbauch.
Löw ist deutscher EM-Rekordtrainer
Für Bundestrainer Joachim Löw ist die Partie gegen die Slowakei das 135. Spiel unter seiner Leitung. Seit seinem Amtsantritt im August 2006 gewann das DFB-Team 89 Spiele, kam auf 23 Unentschieden und verlor 22-mal. In dieser Zeit setzte der Bundestrainer 107 Spieler ein und verhalf 82 Neulingen zu ihrer Premiere im Trikot der DFB-Auswahl.
Mit dem ersten Gruppenspiel gegen die Ukraine stieg Löw zum alleinigen Rekordhalter auf. Mit nun 14 Partien überholte er Berti Vogts, den Trainer der Europameister-Mannschaft von 1996 (elf Spiele). Unter Löw endete nur eines der 14 EM-Endrundenspiele, das zweite Gruppenspiel gegen Polen (0:0), mit einem Remis (zehn Siege, drei Niederlagen).
Schon drei Pleiten gegen die Slowakei
Das DFB-Team trifft zum insgesamt elften Mal auf die Slowakei. Von den bisherigen Duellen entschied die DFB-Auswahl sieben für sich, drei Spiele verlor Deutschland. Die bislang letzte Niederlage liegt noch gar nicht so lange zurück. Am 29. Mai unterlag das DFB-Team in Augsburg im Rahmen der EM-Vorbereitung den Slowaken 1:3. Zwar hatte Mario Gomez das DFB-Team mit einem verwandelten Elfmeter früh in Führung gebracht. Doch Marek Hamsik und Michal Duris drehten die Partie noch in der ersten Halbzeit. Nach der Pause machte Juraj Kucka bei der Wasserschlacht den dritten Erfolg einer slowakischen Nationalmannschaft gegen Deutschland perfekt. In der Vorbereitung auf die WM 2006 kassierte Deutschland unter Trainer Jürgen Klinsmann im September 2005 eine 0:2-Niederlage in Bratislava. Bei einem großen Turnier trafen die beiden Mannschaften noch nie aufeinander.
Gomez sorglos wegen Top-Gegnern
Mario Gomez geht mit einem guten Gefühl in die schweren K.o.-Spiele. „Ich finde, dass wir auf der schöneren Seite sind“, sagte er im ZDF. Deutschland spielt auf der schwierigeren Turnierhälfte mit weiteren Top-Nationen wie Gastgeber Frankreich, Titelverteidiger Spanien, Italien und England. Auf der anderen Seite des Turnierbaums stehen die Außenseiter Polen, Wales und Portugal schon im Viertelfinale.
„Wir spielen eine EURO, und die ist dazu da, um sich mit den Besten zu messen“, erklärte Gomez. Der Torschütze beim 1:0 gegen Nordirland erinnerte an die WM vor zwei Jahren, bei der er selbst gefehlt hatte. In Brasilien besiegte die deutsche Mannschaft auf dem Weg zum Titelgewinn nacheinander Frankreich im Viertelfinale (1:0), den Gastgeber im Halbfinale (7:1) sowie Argentinien im Endspiel mit 1:0 nach Verlängerung. „Das sind die Spiele, die die Leute elektrisieren. So ist das bei uns Spielern auch“, sagte Gomez.
„Natürlich wird es ein schwerer Weg“, räumte der Stürmer im ZDF-Interview ein. Gomez sprach von Fifty-fifty-Spielen. Bei einem Erfolg gegen Außenseiter Slowakei träfe Bundestrainer Joachim Löw mit der DFB-Auswahl im Viertelfinale am kommenden Samstag zunächst auf Italien oder Spanien. Für Gomez und seine Teamkollegen lautet das Ziel Titelgewinn. Der Angreifer erinnerte an die letzte EM 2012. „Da war auch alles gut bis zum Halbfinale - und dann sind wir ausgeschieden gegen die Italiener. Da waren wir Deutsche der große Verlierer des Turniers“, sagte der damals beste DFB-Torschütze.
Deutschland klar vor Spanien
In der ewigen EM-Tabelle liegt Deutschland klar vor Titelverteidiger Spanien. Bei elf Teilnahmen absolvierte das DFB-Team 46 Spiele: 25 Siege, elf Unentschieden, zehn Niederlagen, bei 68:45 Toren. Dreimal wurde eine deutsche Mannschaft Europameister: 1972 in Belgien, 1980 in Italien und 1996 in England. Auf Platz zwei folgen die Spanier mit neun Teilnahmen (39 Partien: 19-11-9, 55:34) und ebenfalls drei Titeln (1964, 2008, 2012).
Özil-Tattoo ist der Renner
Fans lassen sich nicht nur die Logos ihrer Lieblingsvereine in die Haut stechen. Gerade zur Europameisterschaft berichten Tattoo-Studios von ganz speziellen Anfragen ihrer Kunden.
„An manchen Tagen kommen bis zu vier Kunden, die Mesut Özils Löwen wollen“, erzählt Lisa Amend vom Studio „La Tortura“ in Oberhausen. Sie und ihre Kollegen vermissten manchmal schon die Abwechslung in ihrem Beruf. „Die Leute sehen die Fußballer, sehen den Erfolg, das Geld, die schönen Frauen und wollen das auch“, sagt Amend. Mit dem Tattoo glaubten die Menschen, ein bisschen wie ihre kickenden Vorbilder zu sein.
Auch in anderen Studios macht sich die EM bemerkbar. Hanky Kocak, der in Moers „Needle Twist“ betreibt, erklärt, dass seine Kunden seit der Fußball-EM mehr nach nationalen Motiven fragen. „Zur Zeit werden oft der Polnische Adler oder der Walisische Drache verlangt. Auch das Logo der türkischen Nationalmannschaft ist beliebt“, berichtet Kocak.
Allerdings hört auch die Toleranz der Tätowierer irgendwann auf. „Einmal wollte ein Kunde, dass wir ihm einen Jesus am Kreuz stechen. Der Jesus sollte aber aussehen wie David Beckham. Da haben wir abgelehnt“, erzählt Amend.