Rummenigge stellt Ancelotti weitere Spieler in Aussicht
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München. Guardiolas Pflichtspielzeit ist passé, am 11. Juli leitet Nachfolger Ancelotti das erste Training. Hoeneß freut sich auf den Italiener.
Am Sonntagnachmittag um 16.10 Uhr war die Ära Pep Guardiola bei Bayern München endgültig Geschichte. Der große Katalane hatte seine Weißweinschorle gegen die Meisterschale getauscht, als er die Treppen vom Münchner Rathausbalkon hinabstieg. Noch immer emotional aufgewühlt vom dramatischen DFB-Pokaltriumph gegen Borussia Dortmund gab er freundlich lächelnd Autogramme und stand für Fotos bereit, dann war er plötzlich weg - nicht jedoch, ohne seinem Nachfolger zuvor eine Botschaft zu hinterlassen.
"Mit diesen Spielern", sagte Guardiola, "mit diesen Spielern schafft ihr das." Das - den Triumph in der Champions League, der ihm in drei Jahren beim FC Bayern verwehrt blieb. Die Mannschaft um "Legende" Philipp Lahm verfüge über "Enthusiasmus und Charakter", und mit Carlo Ancelotti bekomme sie einen "super Trainer".
Die wichtigste Voraussetzung, die ein Coach der Bayern mitbringen muss, erfüllt der Italiener spielend. "Mein Arsch ist erdbebensicher", schreibt er in seiner Autobiographie. Und dabei hat der Erfolgscoach nicht nur seine für Erschütterungen anfällige Heimat in der italienischen Po-Ebene im Hinterkopf.
Bayerns Triumph über Dortmund:
Schlosshund Guardiola und das bunte Pokalfinale
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Pragmatiker Ancelotti neigt zur Gemütlichkeit
Ancelotti gilt als gelassenster Vertreter der Riege internationaler Top-Trainer, als Spielerversteher. "Er ist wie ein großer Bär, ein genialer Typ. Ich vermisse ihn sehr", sagte Superstar Cristiano Ronaldo Ende 2015. Bei Ronaldos Real Madrid, bei Milan, Chelsea oder Paris hielt es der zur Gemütlichkeit neigende Pragmatiker mit Bossen wie Silvio Berlusconi, Roman Abramowitsch oder Florentino Pérez aus.
Der Neue sei "ohne Frage ein ganz anderer Trainer" als Guardiola, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge: "Carlo ist auch ein Taktikfuchs, aber nicht so besessen wie Pep. Er ist, vielleicht auch ein bisschen wegen des Alters, im Umgang mit den Spielern differenzierter." Auch aus diesem Grund sei der 56-Jährige "jetzt genau der richtige Trainer für Bayern München".
Ancelotti nennt in seinem neuen Buch "Quiet Leadership" Besonnenheit, Ruhe und Vertrauen als Grundlagen seiner Führungsstärke. Die stets gehobene linke Augenbraue verleiht ihm dabei wie Don Corleone aus seinem Lieblingsfilm "Der Pate" den nötigen Schuss Autorität.
Stimmen zum Pokalfinale
Pep Guardiola (Trainer Bayern München)
"Für mich sind Titel nur Nummern. Aber die Fans sind jetzt zufrieden. Diese drei Jahre beim FC Bayern waren für mich überragend. Ich werde meine Spieler vermissen."
Thomas Müller (Bayern München)
"Es war sehr intensiv. Man hat gesehen, dass die Saison lang war und das Spiel Kraft gekostet hat. Elfmeterschießen ist grausam, aber heute ist der verdiente Sieger Bayern München."
Jérôme Boateng (Bayern München)
"Ich hätte einen Elfmeter geschossen, wenn es weiter gegangen wäre, aber es haben sich andere vor mir gemeldet. Ich habe zu Douglas Costa gesagt: 'Bitte schieß hart, nicht wie ein Brasilianer.'"
Thomas Tuchel (Trainer Borussia Dortmund)
"Ich konnte beim Elfmeterschießen nicht hinsehen. Ich ärgere mich, dass ich so lange gebraucht habe, um mich festzulegen. Es ist mein Fehler gewesen, ich hätte andere bestimmen sollen. Wir haben noch Luft nach oben, wir haben super verteidigt, aber im Spiel mit Ball sind wir weiter hinter unseren Ansprüchen geblieben. Wir können es besser."
Mats Hummels (Borussia Dortmund)
"Wir haben nicht unser bestes Spiel gemacht, großartig gekämpft. Elfmeterschießen ist Lotterie, aber auch Qualität. Wir hatten das Pech auf unserer Seite, aber vielleicht hätten wir den Sieg für unseren Kampf auch verdient gehabt. Ich bin unfassbar traurig, das ist ein Scheiß-Ende."
Roman Bürki (Borussia Dortmund)
"Das ist sehr enttäuschend. Wir hatten Chancen, hätten die aber vielleicht cleverer ausspielen müssen. Beim letzten Elfmeter war ich dran, das hilft aber auch nicht mehr, man muss auch einmal einen halten."
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Hoeneß will "Carlo nicht in den Himmel heben"
Doch er nennt auch Spaß als Voraussetzung für Erfolg. Wenn der eintritt, lebt der Genussmensch seine Vorliebe für guten Wein und ebensolches Essen gerne aus. "Ich schlinge wie ein Pferd", ist auch ein Satz von ihm. Am liebsten Tortellini mit Mortadella. Besagte Biographie heißt "Preferisco la coppa", ich bevorzuge den Pokal, oder, ein Wortspiel: die Schinkenwurst. Man kann sich Ancelotti gut mit Uli Hoeneß beim Rotwein vorstellen. Der langjährige Bayern-Macher warnte am Sonntag davor, "Carlo in den Himmel zu heben, weil das auch etwas Licht von Pep Guardiola wegnimmt. Wir haben drei Jahre einen ganz großen Trainer hier erlebt. Ich hoffe sehr, dass Carlo Ancelotti ähnlich erfolgreich ist." Auch auf diesen Coach von Weltformat könne man sich freuen, sagte Hoeneß.
Diese Über-Bayern noch besser zu machen, scheint allerdings fast unmöglich zu sein. Die Meisterschaft, sagte Ancelotti einmal, gewinne man beim FC Bayern wegen mangelnder Konkurrenz "mit den Händen in den Hosentaschen". Auch er wird sich an der Königsklasse messen lassen müssen. Pokale hinterließ der Sohn eines Kleinbauern überall - und nirgends schlechte Worte. "Als er ging, waren alle traurig – auch die, die nicht gespielt haben", sagte Real-Star Toni Kroos. Aber jetzt kommt Ancelotti ja erst einmal. Am 11. Juli nimmt er die Trainingsarbeit an der Säbener Straße auf.
Mit welchem Kader er dann arbeiten wird, bleibt abzuwarten. "Auf dem Platz steht schon sehr gute Qualität", sagt Rummenigge, "unser Anspruch ist, dieses Niveau mindestens zu halten, wenn möglich zu verbessern." Das dürfte mit den Zugängen Mats Hummels und Renato Sanches gelingen - und bei dem Duo muss es nicht bleiben.
"Wir werden jetzt die Kaderplanung voran schreiten lassen und dann werden wir weitersehen. Wir haben mit Mats Hummels und Renato Sanches zwei gute Spieler, die wir dazu bekommen und jetzt müssen sehen, ob wir noch was machen“, sagte der Vorstandschef. "Was wir machen, hängt ein bisschen auch von den Ansprüchen ab, die wir die haben und dann wird man sehen.“
35 Millionen Euro werden für Sanches an Benfica Lissabon überwiesen, dazu kommen noch erfolgsabhängige Prämien die die Transfersumme deutlich erhöhen könnte. Hummels kostet dem Vernehmen nach 38 Millionen. Beide Profis erhalten Fünfjahresverträge bis 2021.
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