München. Der Bayern-Trainer wird von den Fans nicht nur für den Abgang der Klub-Ikone Bastian Schweinsteiger verantwortlich gemacht.

Bei den Fans waren die Schuldigen für den Wechsel ihres Fußball-Gottes Bastian Schweinsteiger schnell gefunden: Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, vor allem aber Trainer Pep Guardiola. Der Spanier hatte sich bei der Teampräsentation erstmals in seiner zweijährigen Amtszeit beim FC Bayern Pfiffe gefallen lassen müssen.

Kommentar: Das Pro für Schweinsteigers Wechsel

Kommentar: Das Kontra gegen Schweinsteiger Wechsel

Bayern-Fans bedanken sich im Rahmen des Telekom-Cups in Mönchengladbach von ihrer Ikone
Bayern-Fans bedanken sich im Rahmen des Telekom-Cups in Mönchengladbach von ihrer Ikone © dpa

Das Grummeln der Basis nach dem Abschied der Identifikationsfigur Schweinsteiger macht eines deutlich: Der Druck auf Guardiola ist noch einmal größer geworden, der 44-Jährige ist in München zum Erfolg verdammt. In seinem dritten und möglicherweise letzten Jahr beim deutschen Fußball-Rekordmeister ist die Meisterschaft, aber auch der Titel in der Champions League fast schon Pflicht, um in die Münchner Annalen einzugehen.

Fans fürchten um das "Mia san Mia"

Auch wenn der Transfer von Schweinsteiger zu Manchester United sportlich durchaus vertretbar ist, verkörperte der 30-Jährige das bayerische "Mia san Mia", das sich die Münchner auf die Fahnen geschrieben haben, wie kein anderer im Starensemble. Und diese Philosophie, dieses bayerische Lebensgefühl, so die Befürchtung vieler Anhänger, geht mit Guardiola mehr und mehr verloren.

Abgänge der Bayern-Ikonen und die Folgen

Franz Beckenbauer

1965 bis 1977; 396 Ligaspiele für den FC Bayern; Abschiedssaison 1976/77: Rang sieben; Folgesaison 1977/78: Rang zwölf.

Gerd Müller

1965 bis 1979; 427 Ligaspiele; Abschiedssaison 1978/79: Rang vier; Folgesaison 1979/80: Meister.

Sepp Maier

1965 bis 1979; 473 Ligaspiele; Abschiedssaison 1978/79: Rang vier; Folgesaison 1979/80: Meister.

Uli Hoeneß

1970 bis 1979; 239 Ligaspiele; Abschiedssaison 1978/79: Rang vier; Folgesaison 1979/80: Meister.

Karl-Heinz Rummenigge

1974 bis 1984; 310 Ligaspiele; Abschiedssaison 1983/84: Rang vier; Folgesaison 1984/85: Meister.

Paul Breitner

1970 bis 1974 und 1978 bis 1983; 255 Ligaspiele; Abschiedssaison 1973/74: Bayern Meister; Folgesaison 1974/75: Rang zehn; Abschiedssaison 1982/83: Rang vier; Folgesaison 1983/84: Rang vier.

Oliver Kahn

1994 bis 2008; 429 Ligaspiele; Abschiedssaison 2007/08: Meister; Folgesaison 2008/09: Rang zwei.

Klaus Augenthaler

1977 bis 1991; 404 Ligaspiele; Abschiedssaison 1990/91: Rang zwei; Folgesaison 1991/92: Rang zehn.

Bastian Schweinsteiger

2002 bis 2015; 342 Ligaspiele; Abschiedssaison 2014/15: Meister; Folgesaison: ?

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Immer wieder müssen sich deshalb auch Rummenigge und Sportvorstand Matthias Sammer die Frage gefallen lassen, ob Guardiola inzwischen nicht zu viel Macht genießt und ob sich der Klub nicht zu sehr den Vorstellungen des Trainers, dessen Vertrag im kommenden Sommer ausläuft und der noch immer kein klares Bekenntnis zum FC Bayern abgegeben hat, unterwirft. Doch die beiden Verantwortlichen wehren sich stets vehement gegen derartige Bedenken.

Schweinsteiger spürte nie die Rückendeckung

Guardiola möge die Kultur des FC Bayern, hatte Rummenigge zuletzt betont. Es gebe keine Wunschliste des Trainers, sagte Sammer. Der FC Bayern sei unheimlich stabil aufgestellt - und überhaupt würden die Interessen des Vereins immer über denen des Trainers stehen. Auch im Fall Schweinsteiger, behauptete Rummenigge, habe Guardiola "keine Rolle gespielt. Bastian ist nicht vom Trainer geflüchtet." Der Realität entspricht dies wohl nicht. Schweinsteiger spürte nie die volle Rückendeckung des Spaniers.

Guardiola hat jetzt immerhin ein Problem weniger, nachdem er oft genug ohne großen Erfolg versucht hatte, Schweinsteiger zusammen mit Xabi Alonso, Thiago oder Philipp Lahm ins Bayern-Spiel zu integrieren. Durch den Wechsel Schweinsteigers ist zwar außerhalb des Platzes bei den Bayern eine große Lücke entstanden, auf dem Spielfeld ist diese dagegen vergleichsweise klein. Für die Sechser-Position, die der zuletzt verletzungsanfällige Schweinsteiger am liebsten ausfüllte, hat Guardiola in Thiago, Alonso, Lahm, Sebastian Rode, Javi Martínez, Joshua Kimmich oder auch David Alaba immer noch genügend Alternativen.

Müller und Boateng rücken nach oben

Für Rummenigge war der Transfer deshalb auch in Bezug auf den geplanten Umbruch bei den Bayern ein logischer Schritt. Man benötige "frisches Personal", meinte er geschäftsmäßig und fügte trocken an: "Jetzt muss der eine oder andere Spieler mehr Verantwortung übernehmen."

Die deutschen Rekordtitelsammler

Acht Meistertitel

Bastian Schweinsteiger (in 13 Spielzeiten)Mehmet Scholl (18)Oliver Kahn (20)

Sieben Meistertitel

Klaus Augenthaler (14)Lothar Matthäus (17)Alexander Zickler (12)

Sechs Meistertitel

Jens Jeremies (12)Samuel Kuffour (10)Ludwig Kögl (14)Bixente Lizarazu (9)Hasan Salihamidzic (13)Philipp Lahm (12)Claudio Pizarro (15)

 

 

 

 

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Neben Kapitän Lahm und Torwart Manuel Neuer stand Vize-Kapitän Schweinsteiger in der Hierarchie beim FC Bayern immerhin ganz oben. Nun sollen Thomas Müller, der am ehesten das Potenzial als künftige Münchner Identifikationsfigur besitzt, und auch Jerome Boateng noch mehr in den Fokus rücken. Sie sollen die Mannschaft in der Post-Schweinsteiger-Ära zu neuen, großen Erfolgen führen - dann wird es auch keine Pfiffe gegen Guardiola mehr geben. (sid)